Kapitel 17

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Die Blätter raschelten durch den Wind. Ein Ast knackste als ein Reh auf diesen trat. Der atemberaubende Duft des Waldes stieg mir in die Nase. An einem See, weit entfernt von mir, sah ich zwei Fuchskinder herum tollen. Meine Sinne waren stärker als sonst. Mein Körper und Geist waren mit der Natur verbunden. Ich fühlte mich stärker. Es war kurz vor Sonnenuntergang. Heute ist Vollmond. Ab heute wird sich so einiges in diesem Wald verändern. 

Die letzte Woche ist sehr gut verlaufen. Ich denke ich habe in Caroline, Ivan, Elian und Max Freunde gefunden, auch wenn ich es vermeiden wollte. Jedoch merkt man auch das sie ein Geheimnis vor mir haben. Phoebe und ich haben uns dazu entschieden ihnen zu sagen ich würde nichts wissen. Es war riskant mit ihnen befreundet zu sein, aber in 6 Wochen würden sie eh zu ihrem Rudel zurück kehren. 

Ich erhob mich vom Erdboden und schlich zu dem See, welchen ich schon die ganze Zeit beobachtete. Die Fuchskinder ließen sich von mir nicht stören oder rannten weg, so wie sie es bei jedem normalen Menschen getan hätten. Sie, sowie auch ich spürten die gleiche Verbindung. Eine Verbindung die der Vollmond verstärkte. 

Der Vollmond ist ein Segen und ein Fluch zu gleich., sagte Lune.

Ich konnte ihr nur zustimmen. Der Vollmond verbindet mich mit der Natur, doch gibt er für andere Wölfe meine Identität preis. Der See lag unterhalb eines Berges und in diesem Berg war eine Hölle. Die Hölle sollte mein Quartier für die Nacht werden, sofern mich keiner entdeckte. 

*...*

Meine schwarze Pfote landete auf dem Erdboden, neben meiner weißen. Der Boden war näher als zuvor. Ich nahm jeden Geruch intensiver war. In der Dunkelheit der Hölle konnte ich besser sehen. Ich streckte meine Schnauze in die Luft und sog den den Geruch der Hölle ein. 

Auch wenn ich wusste das es dumm war, trat ich hinaus. Der Vollmond glänzte als Spiegelbild im Wasser des Sees. Ich verspürte den Drang durch den Wald zu rennen und alle meine Gefühle für einen Moment zu vergessen, doch stattdessen legte ich mich vor den See und ließe meine Pfote ins Wasser hängen. Ein weißer Wolf mit leuchtend grünen Augen sah mir entgegen. Als ich meine Augen sah hatte ich das Gefühl sie zu kenne. Nicht das ich sie von mir kannte, sondern ich glaubte sie wo anders schon einmal gesehen zu haben. Das machte mir Angst. 

Auf einmal hörte ich aus der Ferne Wolfsgeheule. Erschrocken hob ich dem Kopf und spitzte meine Ohren. Leise hörte ich Pfoten auf den Boden aufschlagen. Die Geräusche wurden immer lauter und immer mehr Wolfsgeheul drang an meine Ohren. Sie hatten mich entdeckt. Jetzt hieß es rennen oder ich würde diese Nacht sterben. Und das war das Letzte was ich wollte, also sprang ich auf und begann loszurennen. 

Sanft schlugen meine Pfoten auf den nassen Boden. Es hat angefangen zu regnen und meine Fell war total durchnässt. Elegant sprang ich über Wurzeln und einen umgefallenen Baumstamm. Ich zwang mich durch engsten Lücken hindurch, in der Hoffnung die kleine Gruppe hinter mir abzuhängen. Doch sie hielten die ganze Zeit mit mir mit, jedoch holten sie mich nicht ein. 

Ich sah nach hinten um abschätzen zu können, wie nah mir die Wölfe waren. Uns trennten nur ein paar wenige Meter. Als ich wieder nach vorne sah hielt mein Herz an. Weitere Wölfe kamen auf mich zu. Ich sah nach links und rechts um in diese Richtungen auszuweichen, aber ich war umzingelt. Ich wurde erfolgreich in eine Falle gelockt. 

In meine Abwehrhaltung knurrte ich die nahe kommenden Wölfe an. Ich wusste ich fand keinen Ausweg mehr und begann mich völlig auf mein Inneres zu konzentrieren. Da spürte ich wie auf einmal wieder eine Macht durch mich hindurch floss. Ich fühlte mich stärker als  je zuvor. Mein Erschöpfter Körper begann wieder neue Kraft zu sammeln und ehe ich mich versah stand ich in einer stolzen Haltung den Wölfen gegenüber. Auch wenn ich nicht wusste warum, stellte ich mich auf meine hinter Beine und ließ dein meine vorderen Pfoten kräftig auf dem Boden aufkommen. Mit einem Mal schoss um mich herum eine Wand aus Feuer empor. 

Alles was ich noch sah war die orange-rote Wand vor mir. Dahinter hörte ich Wölfe auf quietschen, allerdings nicht weg laufen. Mit meiner schwarzen Pfote stampfte ich wieder auf den Boden auf und die Feuerwand begann sich von mir weg zu bewegen. Nun hörte ich endlich die Wölfe wegrennen. 

Als ich merkte, dass alle weg waren, floss die Macht aus meinem Körper wieder hinaus. Die Wand sank und nur noch ein schwach brennender Kreis blieb erhalten, welcher von dem Regen gelöscht wurde. Erschöpft legte ich mich auf den Boden und ließ die Tropfen auf mich drauf fallen.  

*...*

Angespannt laufe ich durch das Schulhaus, da ich immer noch Schmerzen von der Vollmondnacht habe. Nachdem ich die Wölfe verschreckt hatte, kamen sie auch nicht mehr wieder und ich lag entspannt im Regen. Heute spüre ich aber die Blicke der Rudelmitglieder in meiner Schule auf mir. Ein neuer Wolf taucht genau dann auf, wenn eine neue Schülerin auf die Schule kommt. Doch ich machte mir keine großen Sorgen mehr, sie hätten es schon längst bemerkt wäre ich ein Wolf. 

Megan hatte mich am Morgen auch schon ausgefragt. Sie wollte genauer wissen woher ich komme und wie ich meine Eltern verlor. Warum ich in Pflegefamilien gesteckt wurde und wie mein Leben vor dem Pflegekind Dasein aussah. Ich konnte jede einzelne Frage mit einem >Ich weiß es nicht< beantworten. 

Als ich mich nun zu meiner kleinen "Freundesgruppe" in der Cafeteria setzte, viel mir die gewachsenen Aufmerksamkeit an mir auf, welche von Phoebe, Elian, Ivan, Tom und Caroline ausging. 

"Ist was?", fragte ich zögerlich und sofort wirkten alle weniger interessiert als zuvor. "Wieso lebst du in Pflegefamilien?", fragte mich Ivan. Das gleiche nochmal von vorne. "Meine Eltern sind gestorben", antwortete ich mit einem deutlichen Fragezeichen im Gesicht. "Und wie?", wurde ich von Caroline gefragt. "Ich weiß es nicht mehr", gab ich ihnen die gleiche Antwort die Megan bekam. Dazu sah ich auf meine Hände. Vielleicht würden sie aufhören zu fragen, wenn sie das Gefühl bekam, dass es mir Unbehagen bereitet. "Ihr solltet sie in Ruhe lassen. Ich würde auch nicht gerne über meine verstorbenen Eltern reden", rettete mich Phoebe ob bewusst oder unbewusst aus der Situation. 

"Ich muss zum Unterricht", verabschiedete ich mich und ging.    

Der Wolf des NordensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt