Kapitel 5 - Alexis

23 8 3
                                    

Bei jedem Schritt wehten ihre Haare im Wind. Sie sah mich nicht an, aber der eiskalte Blick ihrer durchdringend blauen Augen verfolgte mich dennoch. Ich hatte das Gefühl, sie würde bis auf den Grund meiner geschundenen Seele blicken. Aber das war Quatsch. Sie konnte nicht ahnen, wie sehr sie mich mit ihren Worten getroffen hatte. Scheiße, ich hasste sie. Dennoch … sie verabscheute es, hier zu sein. Genau wie ich. Ich hatte nie die Wahl gehabt – und tat nun genau das gleiche jemand anderem an.

Vergiss nicht, dass sie dich dazu verdammt hat, warnte meine innere Stimme.

„Hier rechts“, sagte ich mit viel zu rauer Stimme.

Sie antwortete nichts, nickte nicht einmal, sondern folgte nur meiner Weganweisung. Als wäre ich ein beschissenes Navi. Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Nicht nach dem Streit vorhin. „Willst du nicht wissen, wo wir hingehen?“

Ihr Rücken wurde noch eine Spur gerader, ihr Gang fester. Ihre majestätische Art reizte mich. Sie machte mich neugierig auf das, was hinter der Schale lag.

„Doch, aber du würdest es mir ohnehin nicht sagen. Wahrscheinlich würdest du mich nicht mal vorwarnen, wenn du vorhättest, mich Haien zum Fraß vorzuwerfen.“

Wow. Ich blieb stehen und nach drei Schritten tat sie es mir gleich. „Ich bin kein Unmensch.“

„Aber eine Hexe.“

Das saß. Genauso wie der Blick, den sie mir zuwarf, als sie sich umdrehte.

„Wie kannst du nur denken, das Richtige zu tun, Fee?“ Der Spitzname, den ich ihr gegeben hatte, rutschte mir erneut heraus. Am liebsten hätte ich ihn zurückgenommen, denn Felicias Augen verdunkelten sich sofort.

„Weil es das Richtige ist. Weil ich Gaia‘s Erbe – die Erde – bewahre. Jeden. Verdammten. Tag.“

„Wirklich?“ Ich machte einen großen Schritt auf sie zu, bis mich ihr Duft nach Kokosnuss traf. So nah, dass sie sich eingeengt fühlte. Sie sollte meine Worte nicht so leicht vergessen. Im nächsten Moment kam ich mir wie das größte Arschloch vor und wich zurück. Verflucht, wie konnte ich so etwas auch nur denken?! Trotzdem sprach ich aus, was ich zu sagen hatte: „Du und deine bescheuerte Community tötet unsere Leute. Ihr denkt, ihr helft der Welt mit euren dämlichen Neutralisatoren. Aber genau das Gegenteil ist der Fall.“

Sie zuckte kaum merklich zusammen. „Wir töten niemanden, wir-“

Mein Handy klopfte drei Mal hintereinander. Ohne den Blick von ihr zu nehmen, nahm ich den Anruf an. „Schlechter Zeitpunkt, Adri.“ Keiner sonst hatte diesen dämlichen Klingelton, als würde man an eine Tür klopfen.

„Alter, wo steckst du? Der Drache wird ungeduldig.“

„Schon gut, wir sind auf dem Weg.“ Ich nickte Felicia zu, die daraufhin die Augen verdrehte, sich aber in Bewegung setzte. Ich wollte schon auflegen, da sprach Adrien weiter.

„Da ist noch was. Elodie hat auf dem Radar ein aufziehendes Gewitter bemerkt. Es kommt aus Nordosten und wird uns gegen zwanzig Uhr erreichen.“

Meine Schultern sackten herab und meine Schritte stockten. Fee drehte sich zu mir um. Sie hatte einen guten Spürsinn und merkte sofort, wenn sich die Haltung ihres Gegenübers änderte.

„Alles klar. Dann verschieben wir das Bier von heute Abend einfach auf morgen“, sagte ich gezwungen entspannt.

„Sicher, Mann. Zach und Isabelle sind heute eingeteilt.“

Das wurde ja immer besser. Jetzt hatte ich bei der Mission auch noch diejenigen Covenmitglieder dabei, die mich grundsätzlich für jeden Mist verantwortlich machten, der schieflief. Ich legte auf und wurde schneller. Fee musste fast rennen, um mit mir Schritt zu halten. Ich hoffte, dass sie jetzt einfach nichts sagte und mich in Ruhe ließ.

Until they rise - Gefangen zwischen Liebe und MagieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt