Ein Tag, ein Ort

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Angelo's Sicht

Seitdem ich über Lucia's Misshandlung in Mexiko erfahren habe sind einige Wochen vergangen, es ist alles wieder normal zwischen uns, wenn nicht sogar besser. Ich habe immer mehr das Gefühl das sie mir zeigt wie sie sich fühlt, sie sagt mir sogar ab und zu das ich sie etwas in ruhe lassen soll, wenn ihre gedanken wieder überhand gewinnen. Ich respektiere das und hoffe das es ihr am nächsten Tag besser geht wenn sie Zeit für sich und zum nachdenken hatte.

Eigentlich steht heute ein langweiliger und vorallem einsamer Tag für mich an, Lucia habe ich heute Zwangsurlaub gegeben, es kann ja nicht sein das sie immerzu nur arbeitet. Leider habe ich die Rechnung ohne den Wirbelwind gemacht, Seelen ruhig sitze ich an meinem Laptop in meinem Büro bis die Tür auf geht und Lucia vor mir steht.

Ohne ein Wort zu sagen fängt sie an die Unterlagen in meinem Regal zu sortieren, selbst als ich ihr ein Loch in den Rücken starre erhalte ich keine Reaktion. Dabei weiß ich das sie meinen Blick bemerkt hat. Ich räusper mich einmal laut, meine Augen verweilen hartnäckig auf ihr.

"Was wird das? Du hast heute frei." Lucia dreht sich nichtmal zu mir um sondern macht einfach weiter.

"Schon gut ich muss nur ein paar Unterlagen für Alessio haben und wenn ich schonmal dabei bin kann ich das Chaos auch sortieren."

Unterlagen für Alessio also? Kann der sich die nicht selbst abholen?

"Was hast du unter Frei nicht verstanden? Du musst auch mal abschalten, also mach dir einen schönen Tag außerhalb der Arbeit!" Meine Stimme wird deutlich genervter, Lucia soll abgesehen von der Arbeit auch noch ein Leben haben und spaß haben. Und das sie sich meiner Anweisung widersetzt ist inakzeptabel.

Die einzige Reaktion die ich erhalte ist das Lucia freudig weiter die Unterlagen durchstöbert. Möchte die mich verarschen? Ich war wohl kaum zu überhören!

"Lucia! Ich mein das ernst, du hast heute frei. Mach dir einen schönen Tag und wenn ich das noch einmal wiederholen muss dann wünschst du dir heute nicht her gekommen zu sein."
Auch diesmal dreht sie sich nicht um und gibt mir ebenfalls keine antwort.

Jetzt reicht es mir, ich möchte nur das beste für sie und sie ist mir gegenüber so respektlos.
Mit großen Schritten gehe ich auf sie zu, packe sie am Arm und drehe sie um. Unsere Augen treffen sich und erst jetzt bemerke ich wie verletzlich sie heute wirkt, ihre Augen wirken glasig im Gegensatz zu sonst.

"Lass mich los!" Sie entreißt mir ihren Arm und blickt mich mit betrübten Augen an.

"Ich möchte gerade nur arbeiten kannst du das nicht einfach akzeptieren?!" Ihre Stimme wirkt so bedrückt und auf ihre ganz eigene Art und weise sprachlos.

"Nein, was ist wirklich los? Du möchtest nicht einfach nur arbeiten, es ist etwas anderes."

Ein feuchter schimmer schweift über Lucia's Augen und spätestens jetzt bereue ich meine Worte von eben. Ihr geht es nicht gut und ich Idiot fasse sie grob an und versuche ihr etwas aufzuzwingen.

"Alles gut, bitte lass mich einfach weiter Arbeiten. Ich möchte nicht drüber reden. Ich... ...ich..."

Es ist nichts? Das kann sie jemand anderen verkaufen, es geht ihr beschissen.

"Möchtest du mir nicht sagen was los ist? Vielleicht geht es dir dan besser." Ich habe wirklich gehofft sie redet mit mir wenn es ihr nicht gut geht, gerade sieht das aber ganz anders aus. So wenig vertraut sie mir also, es zerstört mich, ihr Misstrauen.

"Ich... ...es ist... ...heut ist er von uns gegangen... ...ich vermisse ihn." Wort für Wort fällt ihr abgehackt über die Lippen. Wahrscheinlich meint sie ihren Bruder Carlos und ich bin sowas von unsensibel mit ihr umgeben, ganz toll gemacht Angelo, genau so gewinnt man das Herz einer Frau. Ich Vollidiot!

Grenzgänger der GefühleWhere stories live. Discover now