Kapitel 14

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MILLY

Ich war froh, dass Otis aufgetaucht war und wir uns hatten aussprechen können, denn ich hatte die ganze Nacht über kaum schlafen können, weil ich nicht hatte aufhören können, an ihn zu denken. Zum Glück schien es meinem Freund genauso ernst mit uns zu sein, sonst wäre er ja wohl kaum nach einer Nachtschicht bei mir vor der Academy erschienen. Lächelnd und zufrieden trat ich den Gang in die Bibliothek an, wo ich mir ja noch einige Bücher abholen wollte. Ich hatte mir einige Sachen vormerken lassen, besonders zu dem heutigen Sanitätskurs, da ich mir dazu noch einige weitere Sachen rausschreiben wollte. Ich interessierte mich sehr für Medizin und da es nicht unwahrscheinlich war, dass ich auch mal auf dem Rettungswagen aushelfen würde, sobald ich arbeitete, wollte ich für alles Mögliche gerüstet sein. Also holte ich mir die drei Bücher, die ich mir gestern Abend noch reserviert hatte und ging dann mit einem Arm voller Lektüren ins Klassenzimmer, wo ich die Bücher auf meinem Tisch ablegte, den ich mir mit Jane teilte. Sie war mit Max und Carter schon da und grinste, als sie meinen Haufen an Büchern sah.
"Was hast du denn vor?", fragte sie grinsend nach. "Der Kurs soll nur eine Einführung werden, der richtige Unterricht kommt doch erst noch!"
"Mag sein, aber ich will mir gerne schon mal ein paar weiterführende Notizen machen, ich interessiere mich eben für Medizin", antwortete ich ihr und setzte mich dann neben sie.
"Du solltest mal einen kleinen Gang zurückschalten, sonst bist du noch zwei Jahre vor uns fertig, wenn du schon alles weißt", scherzte sie, ich lachte.
"Keine Sorge, so weit kommt es nicht, so leicht wirst du mich nicht los", konterte ich grinsend. "Ich will nur gut vorbereitet sein, das ist alles. Und Neugier hat bisher noch keinem geschadet, wenn es um den eigenen Job geht."
"Touché", gab sie zu, als die Tür aufging und Jared reinkam. Er würdigte mich keines Blickes, als er an uns vorbeiging, um zu seinem Tisch zu kommen, aber er warf mit voller Absicht meine Bücher auf den Boden. Na klar, was hatte ich denn sonst erwartet? Als ob er jemals freiwillig auch nur ansatzweise nett oder human zu mir sein könnte! Er drehte sich zu mir um und grinste mich schadenfroh an.
"Ups, Entschuldigung, Putzfrau. Jetzt musst du dich wohl bücken, hoffentlich schadet das deinem Rücken nicht", säuselte er, ich verdrehte nur die Augen, ohne etwas zu erwidern. Dieser Kerl war echt das Letzte! Dagegen war Avery wahrscheinlich schon wieder ein Engel, was den sozialen Kontakt zu mir anging.
"Hau ab, Jared. Du musst nicht immer allen das Leben zur Hölle machen, es reicht, dass wir die selbe Luft wie du atmen müssen", fuhr Jane ihn an, während ich meine Bücher wieder vom Boden aufhob. Er lachte gehässig und lief dann wortlos weiter zu seinem Platz. "Idiot."
"Absolut", stimmte ich ihr zu. "Aber egal, so leicht lasse ich mich nicht unterkriegen, keine Sorge. Irgendwann kriegt Jared schon noch sein Fett ab, versprochen."

Der Sanitätskurs zog sich den ganzen Tag hin, er dauerte bis fünf Uhr abends, und in dieser Zeit musste ich mehr mit Jared zusammenarbeiten, als ich es mir jemals gewünscht hatte. Man hatte uns zusammen mit Jane und Carter in ein Team gesteckt, wovon keiner von uns begeistert gewesen war, aber da wir dem Chief nicht widersprechen wollten, hatten wir es einfach über uns ergehen lassen. Natürlich hatte Jared versucht uns wie die letzten Idioten darzustellen, aber das war ihm nicht wirklich gelungen und stattdessen war er wie ein Idiot rübergekommen. Mir nur recht, ich hatte ja gewusst, dass er sich selber ganz allein ins Aus schießen würde. Jetzt verabschiedete ich mich gerade von Jane, Carter und Max, die zusammen noch einen Kaffee trinken gehen wollten. Sie hatten mich zwar eingeladen, dass ich mitkommen sollte, aber ich hatte dankend abgelehnt, da ich noch etwas anderes zu erledigen hatte. Ich wollte noch zu Avery und das alles ein für alle mal klären, aber bevor es wieder einen Streit mit Otis geben würde, wollte ich ihn informieren. Also wählte ich seine Nummer, er ging sofort dran.
"Hi. Was ist los? Sag nicht, dass du unser Treffen heute Abend absagen musst?", fragte er sofort nach, ich lachte und schüttelte den Kopf.
"Nein, niemals, mach dir da keine Sorgen. Ich würde unser tolles Date doch niemals absagen. Aber ich will diese Sache mit Avery klären, jetzt sofort. Ich wollte nur, dass du Bescheid weißt. Es sei denn natürlich, dass du mitkommen willst?", antwortete ich ihm, während ich bereits zur Bushaltestelle ging.
"Ich weiß nicht, ob dein Ex mich jetzt sehen will, vielleicht klärst du das lieber alleine. Aber wenn etwas ist, dann ruf mich an, ja? Dann komme ich sofort und helfe dir", wandte er unsicher ein, ich nickte.
"Na klar, das verstehe ich. Ich rufe dich natürlich sofort an, wenn etwas ist und in der Zwischenzeit versuche ich Avery davon zu überzeugen, dass er zu aufdringlich ist. Hoffentlich kann ich irgendwie zu ihm durchdringen", erwiderte ich und seufzte. Es würde nicht leicht werden, Avery zu überreden, das wusste ich genau, aber einen Versuch war es definitiv wert.
"Wenn das einer schafft, dann du", meinte Otis. "Ich liebe dich. Wir sehen uns später, ja?"
"Natürlich, fest versprochen", stimmte ich schnell zu. "Ich liebe dich auch." Wir verabschiedeten uns, bevor ich auflegte und dann in den gerade ankommenden Bus stieg. Um diese Uhrzeit sollte Avery keine Therapie mehr haben und mit etwas Glück war er sogar in der Klinik. Dann konnte ich kurz mit ihm reden und hoffentlich diese ganze Sache klären. Und dann hatte ich bloß noch ein Problem mit Jared, aber der würde sich schon selbst erledigen, das machte er bisher ja ohnehin schon prima. Manchmal wünschte ich mir, dass sich alle Probleme so lösen könnten, wie die mit Jared. Der konnte mir nichts mehr anhaben, da war ich mir sicher. Dafür waren meine Freunde und ich zu stark und hielten zu gut zusammen. Es gab nichts, was Jared tun konnte, um mich von meiner Ausbildung abzubringen, absolut gar nichts. Da konnte er machen, was immer er wollte.

Chicago Fire - Der Weg der Milly Severide 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt