P A R T 8

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COLTON

Die zwei verheirateten Leute kamen mir beide unheimlich bekannt vor. Vor allem die Frau mit ihren kurzen braunen Haaren und eisigen Augen, die mich kurz näher an den Bildschirm treten ließen.

Sie wirkte eingeschüchtert, aber das wunderte mich bei dem Mann mit den Tattoos und dem gefährlichen Auftreten nicht. Er wirkte aber nicht besitzergreifend, denn er ließ ihr Platz. »Colton?«, mein Vater durchbrach die Stille, der scheinbar neben mir stand. Und dann wurde die Frau von der Nähe aus gefilmt. Diese Augen...diese verdammten Augen sahen aus wie die von...»Sie sieht Khalida ähnlich. Dad, Nolan. Seht ihr das nicht?«, sprach ich aus und spürte unzählige Tränen aufkommen.

»Colton, Junge. Sie ist...«

»Nein, ich will das nicht hören. Wir holen ihre Sachen und fahren nachhause. Ich kann das nicht mehr«

KHALIDA

Alec führte mich durch das Unternehmen, nachdem die Kameras endlich von uns abgelassen wurde. Innerlich hoffte ich, dass Colton das sah und mich eventuell erkennen würde. Der Gedanke, dass er dachte, dass ich tot war, schmerzte. »So, jetzt hast du Ruhe«, sagte Alec, als er die Bürotür schloss und mich auf das Sofa setzte.

Meine Hände zitterten und mein Körper war total schwach. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, geschweige denn, wie ich so leben konnte. Alles in mir schrie. Alles in mir schmerzte. Alles in mir wollte glauben, dass es ein Traum war, aber das war es nicht. Ich war gefangen. Meine Existenz lag in den Händen eines Mannes, der mich gezeugt hatte. Ein Mann, der mich lieben sollte, für mich da sein sollte. Stattdessen war er kurz davor mich zu verkaufen, so wie meine leibliche Mutter. Wie konnte man nur so sein?

»Wieso?«, platzte ich heraus, während viele Minuten pure Stille herrschte. »Wie bitte?«

»Wieso macht ihr mich so kaputt?«, fragte ich und sah an die Decke. Total fertig von allem und spürte einen Schmerz durch meinen Nacken ziehen. Ich stöhnte schmerzerfüllt auf und setzte mich gerade auf.

»Alles okay?«, Alec eilte zu mir und setzte sich vor mich in die Hocke. Seine Augen suchten meine, aber ich konnte ihn nicht ansehen. Dieser Fremde war da und das sollte er nicht. Nicht, wenn er für meinen Erzeuger arbeitete. »Lass mich los«, hauchte ich, als er meine Hände in seine nahm. Beruhigend strich er mit dem Daumen über meinen Handrücken.

»Hör auf damit, Alec«, hauchte ich erneut den Tränen nah. Ich wusste nicht, wann das letzte Mal war, als ich ehrlich gelächelt hatte. »Khalida«, wieder sprach er meinen Namen so zerbrechlich aus. Eine Gänsehaut legte sich über meinen Körper, ich wurde schwächer und sank still in seine Arme. »Ich weiß, dass du viel durchmachst und ich will mir gar nicht vorstellen, wie du dich fühlst, aber du bist nicht allein«

Seine Worte durchdrangen meinen Schmerz und erreichten mein Herz. Ich hob meinen Kopf und sah Alec endlich in die Augen. In ihnen lag eine Mischung aus Mitgefühl und Entschlossenheit. Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass ich in den Augen eines anderen Menschen Hoffnung sah. Und das, obwohl er mir fremd war. Aber wieso fühlte ich mich in gewisser Weise in seiner Gegenwart wohl? Wieso war das Gefühl so vertraut?

»Du arbeitest für meinen Vater. Du bist Teil dieser Welt, die mich zerstört«, flüsterte ich und spürte, wie meine Stimme brach. Alec ließ meine Hände los und umfasste stattdessen mein Gesicht sanft mit seinen Händen. Sein Blick blieb fest auf meinem ruhen. Es war eine sehr persönliche Geste, eine unfassbare Nähe, die ich ihm gegenüber noch nicht erfahren hatte. »Hilf mir hier raus, bitte«, sofort löste er sich von mir und stand auf. Er wandte den Blick von mir ab, ließ mich im Büro zurück, bis ich einen lauten Schlag direkt vor der Tür hörte. Mein Herz blieb für eine Sekunde stehen, ehe er zurückkehrte, mich aufforderte aufzustehen und wir wieder zur Wohnung fuhren.

»Alec«, begann ich, keine Reaktion. »Alec, ich rede mit dir«

»Ich rede aber jetzt nicht. Geh ins Zimmer und schlaf, bevor Nial zurückkommt und dich nicht an deinem Platz findet«, direkt überholte mich eine Angst, als er den Namen meines Erzeuger erwähnte. Wie er mich schlug, war gruselig. Es war etwas, was ich keiner Frau dieser Welt wünschte. Gewalt. Gewalt ohne jegliche Gnade.

»Aiden! Aiden, wo bist du?«, schrie ich voller Schmerz in der Brust. Mein Kind war weg. Mein Fleisch und Blut. Mein Alles! Ich rannte barfuß durch die Straßen, sah mich um, fragte Passanten, ob sie ein Baby gesehen haben, aber niemand. Niemand auf dieser verdammten Welt konnte mir helfen. Ich war alleine, mein Kind brauchte mich und ich konnte ihn nicht finden. Ein lauter Schrei entkam meiner Kehle, ich betete, dass es ihm gut ging, als ich mit letzten Kräften zur Polizei ging.

»Ms, was ist passiert?«, ein junger Polizist kam direkt auf mich zu und fing mich in letzter Sekunde auf, bevor meine Kräfte in den Beinen komplett nachgaben. »Mein Sohn ist weg. Mein kleiner Sohn Aiden ist weg. Ich bin aufgewacht und er war verschwunden. Er lag nicht in seinem Bettchen, in dem er sein sollte. Bitte helfen Sie mir ihn zu finden!«, weinte ich und lehnte mich auf den Tisch. »Bitte!«, wurde ich leise und sah hoffnungsvoll in die Augen des Polizisten.

»Versuchen Sie sich zu beruhigen. Wir werden im Krankenhaus anrufen, werden eine Fahndung aufgeben und Ihren Sohn finden«, versicherte er mir, nahm mir etwas die Angst, aber das Gefühl, wenn die Mutter ihr und verliert, war das Schlimmste überhaupt.

»Ms, hören Sie. Ich habe gerade mit dem Krankenhaus telefoniert«, begann er und seinem Blick zu urteilen, durchfuhr mich ein schlechtes Gefühl. »Ihr Sohn war bei der Geburt verstorben. Es tut mir leid«

»Aiden! Aiden, komm zurück! Bitte!«

»Aiden...«

»Aiden ist tot...«

BLACK TEARS | BAND 4Where stories live. Discover now