P A R T 9

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Ich saß, wie eine Tote. Starrte einfach gegen die Wand, während es um uns herum still war. So eine Stille, die mich erdrückte. Die Luft wurde schwer und mein Herz schlug viel zu langsam. Alec war am nächsten Morgen zu mir gekommen, nachdem ich draußen das Gebrüll von Nial hörte. Es tat weh. Ich wollte weg. Zurück zu Colton. Zurück zu Martha. Zurück zu meiner Mutter, die noch immer in diesem dunklen und nassen Keller hockte. Heilige, ich wusste nichts as er mit ihr machte.

»Khalida. Du musst bitte etwas essen«, Alec durchbrach diese erdrückend Stille und ich sah aus meinem Augenwinkel einen Teller in seinen Händen. Verneinend schüttelte ich meinen Kopf und winkelte meine Beine weiter an meinen Körper an. »Khalida«, mein Name glitt so sanft über seine Lippen, dass ich es nur so von Colton kannte.

Ich erhob meinen Blick und sah in die Augen von Alec. Das helle Grün stach so sehr heraus, dass es beinahe unecht wirkte. Sein Gesicht war meinem unheimlich nah, aber gleichzeitig verspürte ich kein bisschen Angst in seiner Nähe. »Bitte iss etwas. Du klappst mir sonst zusammen«, hauchte er an meine Lippen und ich hätte zurückweichen sollen. Doch ich tat es nicht. Er war der einzige Mensch, bei dem ich mich hier halbwegs wohl fühlte.

»Ich will nicht«, gab ich krächzend zurück und wollte meinen Blick von ihm abwenden, doch ich konnte nicht. Irgendwas an diesem mann ließ mich überhaupt nicht von ihm wegsehen. Im Gegenteil. Ich erkundete sein markantes Gesicht. Seine Augen. Diese verdammten Augen. Etwas in ihnen wollte mir was sagen. Aber was?

»Alec«, er nickte nur und ich legte meine Hand auf seine. Kräftig. Warm. Er entzog sie mir nicht, schien davon aber auch nicht sonderlich begeistert zu sein. »Kann ich Colton sehen? Nur von weitem. Ich werde auch verdeckt bleiben. Ich will nur sehen, dass er lebt. Bitte«, Alec wich noch immer nicht zurück. Er wirkte so, als würde er darüber nachdenken.

»Das ist zu riskant. Was wenn-«

»Niemand wird es erfahren. Ich bleibe bei dir. Ich werde nicht zu ihm gehen. Aber bitte, lass mich ihn sehen«, er sah zu Boden, bis er sich schließlich erhob und sich durch die dunklen Haare fuhr. »Ich sehe es als eine grauenvolle Idee«

»Aber du denkst darüber nach, oder?«, er nickte nur, ging zum Kühlschrank und holte sich etwas zu Trinken heraus. »Du isst diesen Teller auf. Es ist eine frische Suppe, die nicht zu schwer im Magen liegt. Dann erst werde ich es eventuell in Erwägung ziehen«, gab er kalt zurück, drehte sich weg und ging davon.

Ich sah auf die Suppe, nahm den Löffel und begann zu essen. Etwas anderes blieb mir sonst nicht über und wenn er vielleicht doch erlaubte Colton zu sehen, dann war es mir das wert. Ich schluckte mit viel Mühe diese Löffel herunter, bis ich schließlich beim Tellerboden ankam. Langsam stand ich auf, brachte den Teller in die Küche, spülte diesen und ging dann zu Alec's Büro, das sich am Ende des Flures befand. Die letzten Tage arbeitete er von Zuhause aus, nachdem wir uns in der Öffentlichkeit gezeigt hatten.

»Alec?«, klopfte ich an die Tür, bis er mich hineinließ. Sein Jacket hing an der Stuhllehne, sodass er nun in seinem schwarzen Hemd dasaß. Seine Arme verschränkte er auf dem Tisch. »Ich habe aufgegessen, abgespült und aufgeräumt«, er nickte, stand auf und ging auf mich zu. Gesprächig schien er nicht zu sein. Seine Hände legte er auf meinen Oberarmen ab, musterte mich und sah mir dann direkt in die Augen. »Du kannst ihn sehen, Khalida. Aber davor gegen wir einkaufen, denn die Kleidung passt nicht zu dir«, er sah auf dieses klassische Kleid, das ich trug. Und ja, es passte nicht zu mir.

»Okay. Danke. Wirklich«, wieder nichts, als ein Nicken, bevor er meine Hand in seine nahm und mich aus dem Gebäude beförderte.

Wir fuhren gemeinsam durch die Stadt und hielten dann in einer Straße mit Geschäften. Da entdeckte ich ein Cafe, wo ich öfter mal mit Martha gewesen war. Dort kaufte sie auch diese Kakaopulver, mit dem sie Kakao zubereitete, wenn es einem von uns nicht so gut ging. Wie schienen also noch immer in der Nähe von meinem alten zuhause zu sein, nicht weit von Colton, Martha und Grant.

Letztes Mal, als wir draußen waren bei diesem Unternehmen, erkannte ich wenig. Aber nun hatte ich wenigstens Hoffnung, dass ich bald entkommen könnte. Alec half mir aus dem Auto, nahm meine Hand und zog mich näher an sich.

»Bitte tue mir einen Gefallen und gehorche diesmal, okay?«, ich nickte und dann betraten wir tatsächlich dieses Cafe. In der Schlange spürte ich einige Blicke auf uns. Wunderte mich bei diesem Mann auch nicht sonderlich. Als er mich dann vor sich stellte, an der Schulter etwas zur Seite drehte, erstarrte ich. Colton, Martha und Grant saßen dort. An unserem Platz und wirkten leer. Martha lehnte an Grants Schulter, sah auf das Getränk vor sich und dann zu Colton, der total blass war. Emotionslos. »Ich-«, doch Alec bedeutet mir leise zu sein.

»Du wirst dir etwas bestellen, dann setzen wir uns dort auf die andere Seite und du hast genau zehn Minuten zu schauen. Dann sind wir weg, klar?«, ich nickte und fühlte selten solch eine Dankbarkeit diesem Mann gegenüber. So kalt, wie er wirkte, war er wohl nicht.

»Wunderschönen guten Tag. Was möchten Sie trinken?«, ich wusste es nicht. Ich schwieg. Dabei verstand ich nicht, wieso ich ausgerechnet hier schwieg. Ich könnte eigentlich um Hilfe schreien, aber nichts kam aus meinem Mund. »Liebes, was willst du trinken?«, ich sah hilflos zu Alec, der nur nickte und etwas bestellte, während ich mich versteifte, als Coltons Blick meinen traf. Seine Augen durchdrangen mich, als würde er mich sehen, bis ich im nächsten Moment zusammenklappte.

BLACK TEARS | BAND 4Where stories live. Discover now