P A R T 15

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Ein großes Haus ragte vor mir hoch und ließ mich kurz stocken, ehe eine starke Hand meine ergriff und ich reinging. Die Wände waren hoch und das Innere war geschmackvoll eingerichtet. »Das Schlafzimmer befindet sich am Ende vom Gang rechts. Ich muss kurz nach oben.«, ich nickte und wollte gerade den Flur entlang gehen, als ich ein Quengeln wahrnahm. Kindliches Lachen und dann herrschte Stille. Bildete ich es mir ein? Was war das? Wie automatisiert führten mich meine Beine in den zweiten Stock, wo es nur eine einzige Tür gab, die verschlossen war. Je näher ich kam, desto lauter wurde auch das Quengeln. »Komm, ich gebe dir deinen kleinen Tiger.«, ertönt eine tiefe Stimme und dann sprach eine Frau auf einer Sprache, die ich nicht verstand. »Piccolo fuoco«, wieder der Mann, der sprach. »Ich hole das Fläschchen.«, sprach die Frau und die Tür ging auf. Schnell versteckte ich mich und wartete, bis die Frau in ein anderes Zimmer ging und traute mich durch den Spalt zu schauen. Es war ein großes und schön eingerichtetes Kinderzimmer, in dessen Mitte ein Kinderbett stand. Davor erkannte ich den Rücken eines relativ großen Mannes, der in der Hand ein Tigerplüschtier hielt und damit wedelte.

»Du vermisst deine Mama, oder?«, Mama? War sie nicht hier? »Vielleicht siehst du sie bald, piccolo fuoco.«

»Aufwachen, wir sind da.«, Alec griff nach meiner Hand und ich schreckte hoch. Der Traum war unheimlich. »Wo?«

»Zuhause.«, ich sah mich um, erkannte aber, dass es nicht das Gebäude war, wo wir eigentlich wohnten. »Das ist aber-«

»Das ist mein Haus. Wir bleiben eine Zeit lang hier. Es ist abgelegen und hier hast du deine Ruhe. auch vor Nial.«

»Wieso tust du das, Alec?«, wollte ich wissen und zwang ihn mich anzusehen. Das Grün seiner Augen wurde etwas dunkler, dennoch hell genug, dass ich mich kurzzeitig darin verlor. »Zu viele Fragen, Khalida.«

»Ich habe es satt. Wirklich. Du beantwortest mir keine Frage, die mit dir oder meinem Leben hier zu tun hat. Weißt du eigentlich wie es sich anfühlt komplett aus seinem eigenen Leben gerissen zu werden? Wie es sich anfühlt niemanden um isch zu haben, den man kennt?«, ich wurde lauter, aber das war mir egal. Mittlerweile wusste ich, dass er mir nichts antun würde. »Khalida...«

»Hör auf immer wieder meinen Namen zu sagen. Ich habe Angst davor, dass mir auch dieser noch genommen wird. Ich habe nichts mehr. niemanden, der mich hält oder für mich da ist. Mir hilft...Mein Kind, mein verlobter, meine Schwester...von mir ist nichts mehr über, als mein Name. Und ich schwöre dir-«

»Ich weiß wie du dich fühlst Khalida. Glaube mir, wir haben mehr gemeinsam, als du denkst.«, was hatte das denn zu bedeuten?

»Was meinst du? Oder nein, warte...wieder zu viele Fragen, richtig?«, ich lachte rau auf, ehe ich mich zur Tür wandte und aussteigen wollte, doch Alec hielt mich fest. »Ich bin nicht der Mensch, der ich mal war. Ich weiß also wie du dich fühlst. Ich habe auch niemanden mehr, deshalb bin ich so zu dir, wie ich bin. Und jetzt komm mit mir, ich habe etwas für dich.«, schweigend stieg er aus und führte mich ins Haus.

Wir gingen hinein und ich erschauderte, als die Ähnlichkeit erkannte zu dem Haus, von dem ich zuvor geträumt hatte. Mein Herzschlag setzte kurzzeitig aus. »Willst du etwas trinken?«, wollte er wissen, doch ich schüttelte mein Kopf. Und plötzlich bildete sich in mir ein Gefühl, das ich nicht beschrieben konnte. Als würde ich etwas sehr Vertrautes hier spüren. Und das war nicht Alec.

»Essen?«

»Nein, danke.«

»Gut, dann folge mir bitte. Du musst aber bitte deine Augen schließen.«, ich schüttelte den Kopf. »Sperrst du mich in einen Keller?«

»Nein. Ich würde sowas nicht tun. Und wenn, hätte ich das schon längst gemacht und hätte dich nicht vorgewarnt.«, konterte er, hielt eine Hand vor meine äugen und führte mich durch das Haus, bis wir nach einigen Minuten zum Stehen kamen. »Alec, lass mich sehen.«, dann nahm er die Hand von meinen Augen und wir standen vor einer Tür die geschlossen war.

»Was ist das?«

»Khalida, wenn ich dir das zeige, musst du mir endgültig vertrauen und auf mich hören. Ich begebe mich in eine sehr risikolastige Situation. Niemand darf davon erfahren. Vor allem nicht Nial.«, ich nickte und die Aufregung stieg mit jeder Sekunde. Und dann ertönte ein Quengeln. Ein lautes Quengeln, das mich in eine Schockstarre brachte. »Macht die Tür auf.«, sagte ich, doch Alec stellte sich vor mich.

»Erst musst du mir versprechen, worum ich dich gebeten habe.«

»Ich verspreche und jetzt mach diese Tür auf. Bitte.«, kaum hatte er die Tür geöffnet rannte ich hinein und stellte mich in die Mitte des Zimmers, in dem ein Kinderbett stand.

»Oh Gott.«, hauchte ich und heiße Tränen liefen meine Wangen hinunter. Ich zitterte am ganzen Körper und sah ins Kinderbett. Darin lag ein Baby. Ein kleiner Junge mit leichtend blauen Augen, die mich erschlugen. »Oh Gott. Piccolo fuoco.«, kleines Feuer. Es war genau wie im Traum. Ich konnte nicht anders, als langsam zusammenzusacken und zu weinen.

»Das ist nicht wahr.«, ich schüttelte den Kopf und zog meine Knie an mich. »Khalida.«, Alec legte seine Arme um mich, doch ich schubste ihn von mir. »Fass mich nie wieder an!«

»Khalida, lass mich-«

»Nein! Hör auf und fass mich nicht an. Raus!«, ich wollte nicht schreien, aber sprach deutlich genug, dass Alec einige Schritte zurückwich. »Du hattest ihn? Die ganze verdammte Zeit?«, ich trat aus dem Zimmer und schloss die Tür, damit das Kind sowas nicht hörte, was ich zu sagen hatte.

»Khalida.«

»Du wusstest ganz genau, was ich durchmachte. Aber ganz ehrlich, du arbeitest für Nial. Wieso wundert mich das noch? Du bist ein Monster. Du hattest ihn die ganze Zeit und hast ihn mir genommen. Es sind verdammte Monate vergangen. Ich habe es verpasst wie er aufwuchs, weil ich geglaubt hatte, dass er tot ist! Tot! Eine Mutter, die ihr Kind verliert...es ist das schlimmste, was dir als Frau passieren kann. Und dennoch hast du ihn mir genommen! Du bist einfach schrecklich! Ich weiß nicht, wieso ich dir jemals nur einen Hauch vertraut habe oder mich überhaupt bei die sicher gefühlt habe. Du bist nicht besser als diese ganzen Menschen! Du bist ein Monster, Alec Black.«, er sah mich an, als hätte ich ihm eine Ohrfeige verpasst. »Wie konntest du nur...«, schluchzte ich und lehnte mich an die Wand.

»Nial denkt, dass Aiden tot ist. Ich habe ihn dort rausgeholt.«

BLACK TEARS | BAND 4Where stories live. Discover now