26 Noah

99 7 0
                                    

Jonah und Carmen schickten die Kinder auf ihre Zimmer, wovon Mila absolut begeistert war. Sie hatte ein neues Smartphone bekommen und wollte alle ihre Freundinnen anrufen, während ihr Bruder Lars quengelte und erst Ruhe gab, als Carmen ihm alle neuen Spielsachen nach oben trug.
Meine Mutter schenkte uns allen neuen Wein ein und schloss die Tür, damit wir in Ruhe reden konnten.
„Ähm, ja", begann ich nervös. „Zuerst: Hannah, dir ist sicher aufgefallen, dass du von mir kein Geschenk bekommen hast?"
Hannah nickte und zuckte mit den Schultern. „Ich dachte ich nehme mir einfach ein paar Extratage frei." Sie lachte.
„Das wird nicht nötig sein", erwiderte ich. „Ich überschreibe dir dreißig Prozent der Arche. Wir haben Anfang Januar einen Notartermin."
Hannah wurde blass. „Was? Noah, das ist ... Wow. Ich weiß überhaupt nicht, was ich sagen soll."
„Du hast es dir erarbeitet, also brauchst du gar nichts sagen." Ich lächelte. „Außerdem dank mir nicht zu früh, denn du wirst die Geschäftsführung mit Jan zusammen übernehmen. Ich werde mich rausziehen und nur noch stiller Teilhaber sein."
„Was? Aber das ist doch dein Baby!"
„Ich muss mich um das Emilia's kümmern. Außerdem ... Ich habe vor ein drittes Restaurant zu eröffnen. Um genau zu sein, ein Restaurant und einen Veranstaltungsort."
„Wirklich? Wo?" Mama sah mich fragend an.
„Hier."
Die Reaktionen meiner Familie waren genau so, wie ich sie mir vorgestellt hatte.
Mama sah mich mit offenem Mund an, Papa lächelte zufrieden, Jonah und Carmen sagen mich verwirrt an und Hannah und Lia warfen sich kurze Blicke zu.
„Wir werden Greifenwald retten", redete ich weiter. „Mein Plan ist folgender: Das Gebäude, in dem das B&B ist, wird vollständig kernsaniert. Wir behalten nur die Hälfte der Zimmer, womit wir auf zehn Zimmer kommen. Die untere Etage wird zum Restaurant umgebaut. Die Hälfte der oberen Etage fällt weg, womit wir einen schönen großen und hellen Raum schaffen, wo zum Beispiel Hochzeiten gefeiert werden können. Wir bauen den Innenhof komplett um mit großer Terrasse, wo im Sommer auch Feiern stattfinden können. Den ehemaligen Pferdestall, der sowieso unbenutzt ist bauen wir im zweiten Schritt ebenfalls zu einem Veranstaltungsort um, sodass wir zwei Feiern gleichzeitig ausrichten können, wenn wir den Außenbereich dort hinter das Haus statt in den Innenhof legen. Können alle folgen?"
Alle nickten und ich holte eine Mappe aus der Tasche, wo ich die Geschenke drin hatte. Ich nahm die Zeichnungen raus und legte sie auf dem Esstisch aus, sodass alle sie sehen konnten.
Ich zeigte nochmal anhand der Pläne meine Vorstellungen.
„Dieses Gebäude", sagte ich und deutete auf die alte Scheune. „Wird zu einem Wohngebäude umgebaut. Es ist das einzige Gebäude, dass nicht unter Denkmalschutz steht und dementsprechend frei umgebaut werden kann. Wenn alle einverstanden sind, würde ich dort gerne einziehen. Das Haus hier bleibt so, wie es ist, heißt Mama, Papa, Carmen, Jonah und die Kinder bleiben hier wohnen wie gehabt und Hannah und Lia behalten ihre Wohnungen."
„Wow." Mama starrte auf die Pläne. „Das sieht großartig aus, Schatz. Aber ... wie sollen wir das alles bezahlen? Und wie soll uns das Geld einbringen?"
„Geld bringt es durch das Restaurant und die Veranstaltungen ein. Und um die Bezahlung kümmere ich mich."
„Wie willst du das bezahlen?" Jonah sah mich kritisch an. „Ja, ich weiß, dass du nicht gerade arm bist, aber das kannst du dir doch auch niemals leisten?"
„Nun. Jan kauft mir dreißig Prozent der Arche und dreißig Prozent des Emilia's ab. Lukas wird ebenfalls als stiller Teilhaber mit dreißig Prozent ins Emilia's miteinsteigen. Die Arche kann mit einer Hypothek beliehen, genauso wie Greifenwald. Außerdem können wir noch einen Kredit aufnehmen. Wenn das Restaurant so weit ist und öffnen kann, kommt wieder Geld in die Kasse, das wir für die weiteren Schritte des Umbaus nutzen können. In der Mappe sind alle Finanzierungsbeispiele die euch, Mama und Papa, betreffen drin. Seht euch alles in Ruhe an. Besprecht es mit eurer Bank und mit eurem Anwalt. Lasst euch Zeit."
„Du verkaufst deine Restaurants, um Greifenwald zu retten?" Mama weinte. „Noah, das ist ... Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll."
„Nichts, bevor du nicht alles geprüft und durchgesehen hast." Ich griff nach ihrer Hand. „Das ist unser aller Zuhause und die Hauptsache ist, dass niemand ausziehen muss."

Anderthalb Stunden später parkte Hannah ihren Wagen vor der Arche. Wir hatten noch eine Weile die Pläne durchgesprochen und neue Ideen entwickelt, ehe wir aufgebrochen waren.
In der Bar brannte bereits Licht und laute Musik schallte durch die kalte Nacht, als Hannah die Tür öffnete.
Jan, Josie und Lukas und ein paar der Jungs aus dem alten Basketballteam inklusive ihren Freundinnen waren schon da.
Lucy und Vanessa standen hinter der Bar, hatten aber offensichtlich selber schon einiges getrunken.
Da wir nicht offiziell geöffnet hatten und es Weihnachten war, sah ich darüber weg und begrüßte unsere Freunde.
„Wo ist Ellie?", fragte Lia.
„In Paris", antwortete Jan missmutig.
„Ach ja. Hatte sie erzählt." Lia lächelte aufmunternd. „Sie kommt ja bald wieder."
„Ja, wird sie." Jan nickte und drückte Hannah, Lia und mir jeweils ein Bier in die Hand. „Wie war es mit der Familie?"
„Alles gut. Und bei euch?", antwortete ich.
„Ja war schön. Meine Mutter hat Kartoffelsalat gemacht und Lukas hat gegrillt."
„Grillen an Weihnachten, ihr habt ein Leben."
Jan grinste. „Das Grillen war toll. Wäre nur besser gewesen, wenn Ellie auch da gewesen wäre. Was sagt deine Familie zu deinen Umbauplänen? Wie hat Hannah aufgenommen, dass sie die Arche jetzt mit mir leitet?"
„Hannah hat sich gefreut. Meine Eltern sehen sich jetzt nochmal die Umbaupläne an und dann sehen wir weiter."
„Super, wenn du noch Hilfe brauchst wegen der Finanzierung oder ..."
„Könnt ihr beide die Arbeit mal Arbeit sein lassen und Spaß haben?", unterbrach Hannah Jan und drückte uns ein Shotglas in die Hand. „Runter damit. Heute denken wir nicht an die Arbeit. Heute feiern wir und haben Spaß."
Ich setzte das Glas an und schluckte die bittere klare Flüssigkeit mit einem Schluck herunter.
„Hast Recht, Partnerin", sagte Jan. „Holen wir noch mehr Shots?"
Ich drehte mich zu Lia um, die sich mit Josie unterhielt, und legte einen Arm um ihre Schulter.
„Frohe Weihnachten", sagte Josie lächelnd. „Wollt ihr beide noch Bier? Ich besorge uns mal welches."
„Klar, gerne", sagte ich.
„Hast du deins schon leer?", fragte Lia überrascht.
„Klar", erwiderte ich. „Und ein Shot."
„Wir sind doch gerade mal fünf Minuten hier." Sie lachte und deutete auf ihr volles Bier.
„Hatten wir nicht gesagt, heute vergessen wir mal alles und machen, worauf wir Lust haben?"
„Ich glaube, genauso haben wir es nicht formuliert", erwiderte sie. „Aber okay."
Ich legte die Arme auf ihre Schultern.
„Heute ist ein guter Tag, Lia. Es ist Heiligabend. Wir hatten einen schönen Abend, wir haben einen Plan um Greifenwald zu retten und sieh dich doch um: Alle feiern, alle haben Spaß."
„Ja, du hast Recht", antwortete sie. „Lass uns Spaß haben."

Verlass mich nichtWhere stories live. Discover now