Kapitel 36

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Ada

Völlig aufgelöst und zitternd verließ ich Cengiz' Zimmer. Meine Tränen hielt ich mit Mühe zurück, doch es fühlte sich so an als würden sie jeden Moment ausbrechen.

Hektisch lief ich mitten in der Nacht zurück in mein Zimmer und schloss leise hinter mir die Tür und lehnte mich gegen sie.

Meine Hand schnellte panisch zu meinem Mund und ich hielt ihn mir zu, in der Hoffnung niemand würde mein erbärmliches Schluchzen hören. Die Tränen liefen nun ununterbrochen über meine Wangen und ich kniff meine Augen vor lauter Frust zusammen.

Was hatte ich getan?

Das alles hier, das Haus der Karahanli's. Der Auftrag. Behcet's Verlangen von mir. Der Verrat. Nichts machte mehr Sinn.

Ich konnte nicht klar denken und es schien als würde ich die Kontrolle über meine Fassung und meine Gedanken verlieren.

Ich musste nun fliehen. Und zwar noch heute.

Weg von hier. Weg von dieser Welt.

Aber dabei mischte sich nur ein Name in meine Gedanken.

Cengiz.

Wie würde ich es mir verzeihen? Ihn so hintergangen zu haben? Ich hatte ihm etwas in sein Getränk gemischt und...

Nein. Daran durfte ich jetzt nicht denken.

Ich hatte richtig gehandelt. Es ging hierbei ums Überleben und jeder hätte dasselbe getan. Ich wollte nur hier raus und fliehen.

Schnell ging ich auf meinen Schrank zu und zog mir meine Hose und ein Shirt über. Aus meiner Kommode holte ich das wenige Geld, was ich hatte, hervor und steckte es in meine Hosentasche.

Während ich mich schnell und hektisch verhielt, um zu flüchten, kamen mir immer wieder Momente von eben mit Cengiz in Erinnerung. Wie eine schmerzhafte Erinnerung dessen, wie falsch ich mich verhalten hatte.

Cengiz stellte das leere Glas, das er in einem Zug leergetrunken hatte, auf die Kommode zurück und kam daraufhin auf mich zu.

Mein Gesicht umschloss er mit seinen beiden Händen.

„Ada ich weiß nicht was das hier ist und was du mit mir machst. Aber scheiße, ich will dich immer wieder bei mir haben."

Die Worte, die er von sich gab, beglückten mein Herz und ließen es noch schneller schlagen. Ein Kribbeln war in meiner Bauchgegend zu spüren und es fühlte sich an, als ob ich etwas starkes, eine Emotion, fühlte. Es war komisch und ungewohnt, aber auch unbeschreiblich schön.

War das Liebe?

Konnte ich mich innerhalb kürzester Zeit schon in jemanden verlieben? Konnte ich mein Herz so schnell an jemanden vergeben? Hatte Cengiz mein Herz?

„Cengiz... ich... ich weiß nicht was ich sagen s-", wollte ich ansetzen, doch wurde durch seinen Daumen, den er auf meinen Lippen platzierte, unterbrochen.

„Shhh. Du musst nichts sagen. Ich bin kein gefühlvoller und vor allem kein liebevoller Mann, das weiß ich, aber jetzt gerade will ich nur den Moment hier genießen."

Er blickte mir bei jedem einzelnen Wort ununterbrochen in die Augen und nahm mich mit seinem Blick gefangen. Da war Kälte, da war Tiefe und da war, wenn auch nur sehr unscheinbar, ein Hauch von Leidenschaft zu sehen.

Waren seine Worte ernst gemeint? Konnte ich ihm vertrauen? Konnte ich seinen Worten glauben schenken?

Durch meine innere Gefühlswelt konnte ich spüren, wie sehr mich seine Worte mit Glück erfüllten. Es war etwas so inniges in diesem Blickkontakt von uns beiden, dass meine Knie weich wurden und ich befürchtete, dass ich umkippen würde, wenn seine Hände um mein Gesicht nicht wären.

Die Stimme des SchicksalsWhere stories live. Discover now