Endlich die Wahrheit

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21-Endlich die Wahrheit

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21-Endlich die Wahrheit

Zeit: Sommer 79 / Ort: Capitol City

Seit einer kleinen Ewigkeit lag ich nun in diesem fremden Bett, atmete den Geruch der frischen Wäsche ein und starrte auf die schmale Lücke zwischen den Vorhängen, die den Blick auf ein winziges Stückchen Nachthimmel freigab. Ein Nachthimmel wie in meiner Erinnerung, der sich durch nichts von meiner Welt unterschied. Vielleicht waren die Sternkonstellationen anders, aber dafür kannte ich mich zu wenig aus. Und für den Moment starrte ich ohnehin nur auf das Stückchen blauschwarzen Samts mit seinen leuchtenden Punkten hie und da. Ich ließ den Abend Revue passieren, dachte an die fröhliche Ausgelassenheit, die selbst Seho erfasst hatte und seufzte leise. So angenehm es hier bei Madox und Kia war, so unwohl fühlte ich mich jetzt wieder. Diese Stadt glich in vielen Dingen der Heimat, die ich kannte und war doch so furchtbar anders. Ich fand keinen Fixpunkt, nichts, woran ich mich überhaupt orientieren wollte. Selbst das gemütliche Bett kam mir falsch und unecht vor.

Nach einer ganzen Weile schlug ich die Decke zurück, stand auf und zog mich wieder an. Ich schlich hinaus, bewegte mich lautlos durch die dunklen Flure und spähte im Erdgeschoss in Küche und Wohnzimmer. Auf der Anrichte stand immer noch ein Sixpack Bier, von denen Madox gleich mehrere angeschleppt hatte. Das war der dritte angebrochene, und es waren noch drei Flaschen darin. Beim Abendessen war mir nicht nach Alkohol gewesen, jetzt sah die Sache gerade anders aus, also nahm ich mir eine Flasche, öffnete sie und nahm einen Schluck bevor ich weiterging. Die Haustür war verriegelt und mit einer Alarmanlage geschützt, deren Code ich nicht kannte, also machte ich einen Bogen darum. Die Terrassentür an der Glasfront im Wohnbereich war ebenfalls mit einer Alarmanlage gesichert und ich wagte es nicht, sie anzurühren. Aber eine kleine, unscheinbare Tür an der Seite der Küche schien nur normal verschlossen. Probeweise löste ich den Riegel und drückte – mit einem kleinen Stoßgebet auf den Lippen – die Klinke hinunter. Kein Alarm, ich atmete auf und spähte hinaus.

Überrascht blickte ich auf einen kleinen Kräutergarten und trat hinaus in die Nacht. Ich schritt zwischen den schmalen Hochbeeten hindurch und strich mit den Fingern über die ein oder andere Pflanze. Das hätte ich Kia gar nicht zugetraut. Vorbei an den Kräuterbeeten wandte ich mich nach links, umrundete das halbe Haus und schlüpfte zwischen Hecke und Hausmauer hindurch. Plötzlich stand ich in der gepflasterten Einfahrt, sah mich kurz um und hielt dann auf die Bank in der Mitte zu, unter dem großen Baum. Ich setzte mich, zog die Beine auf das Holz und nahm einen weiteren tiefen Schluck aus meiner Flasche. Aufatmend lehnte ich den Kopf an den Stamm und starrte hinauf in den Sternenhimmel. Mal sehen, erkannte ich doch was? Wie war das? Polarstern, kleiner Wagen, Verlängerung, nein, großer Wagen! Oder... Nein. Ich gab auf. Ich wusste es nicht mehr. Stattdessen nahm ich noch einen großen Schluck und genoss einfach die kühle Nachtluft.

„Da bist du."

Seho trat aus dem Schatten und mir wäre vor Schreck fast die Bierflasche aus den Fingern gerutscht.

ZeitsplitterWhere stories live. Discover now