Verschwunden

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49-Verschwunden

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49-Verschwunden

Zeit: Anfang Winter 79 / Ort: Capitol Distrikt

Der Schrei fuhr mir durch Mark und Bein und riss mich von einer Sekunde auf die nächste aus dem Tiefschlaf. Doch während ich mich noch schlaftrunken aufrappelte und fast von Sehos Matratze rollte, jagten bereits die ersten Schritte draußen vorbei.

„Blue!", hörte ich Santiago rufen. „Blue ist alles in Ordnung?!"

Jetzt setzte auch Seho über mich hinweg, seine Finger strichen durch meine Haare und schon war er weg, polterte in Socken gleich nach Sannie die Treppe hinab, während irgendwo unterhalb Blues wildes Kreischen in ein langgezogenes Heulen und Weinen überging. Hinten in der Schlafkoje weinten die Kinder und bis ich endlich schwankend aufrecht stand, rannten alle anderen schon wild umher.

„Was ist los?", rief jemand. Unterdessen jagte Ezra an mir vorbei, als gelte es ein Wolfsrudel auszulöschen.

„Das war dieses verdammte Arschloch – jede Wette. Ich mach ihn kalt."

„Ezra!", schrie Connor ihm nach, aber Ezra war nicht mehr zu halten. Gleich nach ihm stolperte ich die Treppen hinab und fand den Großteil der aufgelösten Meute im Aufenthaltsraum, wo Blue in der halbfertigen Burg hockte, neben ihm Sannie, die Arme um das weinende Bündel geschlungen und ihn sacht wiegte. Er traf meinen Blick und schüttelte leicht den Kopf. Offenbar wusste noch keiner, was eigentlich passiert war. Eliza kniete auch bei ihnen und strich sich unruhig die Haare aus dem Gesicht.

„Ich habe ein Geräusch gehört und wollte nachsehen, ob sich eines der Kinder hier rumtreibt, da hab ich ihn gefunden", sagte sie, stand dann auf und trat einen Schritt zurück.

Blue hingegen war völlig aufgelöst, brabbelte alles Mögliche vor sich hin und das Einzige, was man problemlos verstand war. „Er tut mir weh, er tut mir weh, er tut mir weh..."

Wieder versuchte Sannie den Jungen zu beruhigen, zog ihn ganz auf seinen Schoß, nahm seine Arme und legte sie um seinen Nacken, wobei er den Ärmel von Blues Sweatshirt hochzog und einen auffordernden Blick zu Seho warf. Der hockte mittlerweile auch bei ihnen auf dem Boden, streichelte sanft Blues Rücken und betrachtete stirnrunzelnd seinen Arm. Dunkelrote Abdrücke waren auf der blassen Haut zu sehen.

„Was ist passiert, Blue?", fragte er leise.

„Er tut mir weh...", nuschelte Blue wieder, vergrub das Gesicht an Sannies Hals und schlang die Arme so fest um ihn, dass es sicher unangenehm war.

„Wer?", fragte Seho flüsternd. „Wer tut dir weh?"

Bevor Blue antwortete, machte Ezra mit einem Knurren kehrt. „Ich wusste es", hörte ich ihn fauchen und dann stürmte er aus dem Raum, dicht gefolgt von Connor und auch Victor. Ein neuer Tumult entstand, dieses Mal vor der Tür, wo zwei Leute offenbar zu tun hatten, Ezra aufzuhalten.

ZeitsplitterWhere stories live. Discover now