Auf dem Rückweg kam Ralph auch an dem Block vorbei, in dem die Landers wohnten.

Detlef war gerade draußen und kam von den Mülltonnen zurück, was Ralph dazu veranlasste, anzuhalten und kurz mit ihm zu sprechen.

„Hallo Detlef!", rief Ralph beim Aussteigen.

„Ach, Ralph, ich hab dich gar nicht gesehen.", antwortete Detlef und unterbrach seinen Gang zur Haustür.

„Wie geht es dir?", wollte Ralph wissen.

„Ehrlich gesagt, beschissen.", antwortete Detlef. „Ich merke, wie das Geld knapp wird, womit für mich der Druck, einen neuen Job zu finden, immer weiter steigt."

„Ich drücke dir die Daumen, dass du bald wieder was bekommst.", erwiderte Ralph und klopfte Detlef auf die Schulter. „Hast du dich verletzt?", wollte er wissen, als er einen roten Fleck auf Detlefs Hemdärmel sah.

„Wo denn?", entgegnete Detlef und schaute ebenfalls auf die Stelle, wo Ralph hindeutete. „Ach, das. Nein, das ist nur ein Soßenfleck. Beim Kochen ist mir vorhin was rausgespritzt. Aber das Hemd muss sowieso gereinigt werden. Und wie geht es dir, Ralph? Du wirkst ebenfalls ein wenig nachdenklich."

„Es ist mein aktueller Fall, der mich beschäftigt.", antwortete Ralph. „Die Schulpsychologin, Frau Scholz, wurde heute Morgen ermordet aufgefunden."

„Oh, mein Gott, das ist ja furchtbar.", erwiderte Detlef entsetzt. „Davon habe ich noch gar nichts gehört."

„Die Schule will es erst morgen offiziell unter den Schülern bekannt geben.", erzählte Ralph. „Hast du die Frau gekannt?"

„Nur vom Namen, aber nicht persönlich.", antwortete Detlef.

„Ich habe vorhin mit Frau Müller über den Fall gesprochen.", berichtete Ralph. „Das ist doch die Klassenlehrerin von deiner Tochter?"

„Ja, das stimmt.", bestätigte Detlef, während Antonia, die auf Grund des geöffneten Küchenfensters auf das Gespräch aufmerksam geworden war, dort stehen blieb und neugierig der weiteren Unterhaltung lauschte.

Da sich die Wohnung im Erdgeschoss befand, war es nicht schwer, jedes Wort genau zu verstehen, vor allem als sie ihren Namen hörte, wurde ihr Interesse geweckt. 

„Wie geht es Antonia denn?", wollte Ralph wissen.

„Sie ist in einer schweren Phase aktuell, das muss ich zugeben.", antwortete Detlef. „Die ganze Situation ist für sie auch nicht einfach mit meiner Arbeitslosigkeit und dem wenigen Geld, das wir zur Verfügung haben. Dann kommt bei ihr die Pubertät dazu und so sind Konflikte praktisch vorprogrammiert. Wir hatten vorhin erst wieder eine Auseinandersetzung."

„Worum ging es denn?", fragte Ralph nach.

„Ach, es sind immer Kleinigkeiten, die sich am Ende hochschaukeln.", erzählte Detlef. „Es ist bei ihr mitunter eine Mischung aus Sturheit, Ungeduld und Gleichgültigkeit. Vor allem weiß sie nicht zu schätzen, was ich tue. Ich bin ihr nur gut genug, solange sie irgendwas von mir braucht. Wenn es nach ihr ginge, müsste ich wahrscheinlich an mehreren Orten gleichzeitig sein, um es ihr recht machen zu können. Was glaubst du, wie oft ich ihretwegen schon zusätzlich zu Kruse in den Laden gerannt bin, wenn ihr auf dem letzten Drücker noch irgendwas einfiel, was sie für die Schule brauchte. Auch wenn mir überhaupt nicht danach war, bin ich jedes Mal hin, um das nächste Theater zu vermeiden. Das gab es aber auch oft schon, wenn sie nicht zufrieden war mit dem, was ich mitbrachte und ich ihr deshalb sagte, sie solle nächstens selbst hingehen. Ich bin ja wirklich geduldig, aber permanent beleidigen lassen, muss ich mich auch nicht. In solchen Situationen beneide ich dich immer ein wenig, dass du und dein Sohn so gut miteinander auskommt. Wie geht es ihm denn?"

„Er ist gerade dabei, eine Grippe zu überstehen, aber er hält sich wacker.", antwortete Ralph. „Also, Detlef, falls ich irgendwas für dich tun kann, lass es mich wissen!"

„Eine Million auf meinem Konto wären jetzt nicht schlecht.", entgegnete Detlef ironisch. „Oder eine aussichtsreiche Arbeitsstelle, du weißt schon, ein Angebot, das ich nicht ablehnen kann."

„Es freut mich, dass du wenigstens deinen Humor noch behalten hast.", erwiderte Ralph lächelnd. „Ich werde mich mal mit für dich umhören wegen einer Arbeitsstelle, versprochen."

„Danke.", sagte Detlef. „Und wünsch' deinem Sohn gute Besserung von mir!"

„Mach' ich.", erwiderte Ralph zu, bevor Detlef wieder zur Haustür ging.

Blankenthal: TeufelspaktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt