Eine sehr kurze Schulstunde

13 4 0
                                    

Bella PoV

Als Frau Wollseif nach uns rief, liefen wir zu ihr und einem Mädchen mit welligen, schwarzen Haaren und blassgrüne Augen. „Hi, ich bin Bella. Und das sind Nayla und Antonia", sagte ich. Das Mädchen folgte uns und setzte sich an unseren Tisch. „Ich heiße Zoe. In zweiter Gestalt bin ich ein Schneeleopard", erzählte Zoe. „Ein Schneeleopard?! Ach du große... Wehe du versucht mich zu fressen! Ich bin ein Murmeltier!", meinte Antonia. Nayla schnaubte: „Komm wieder runter Antonia! Ich bin mir sicher sie würde dir niemals etwas tun. Also Zoe, ich bin eine Gams und Bella ist eine Wölfin. Antonia ist nicht immer so, sie hat nur Sorge das du Hunger hast. Du wirst bei uns im Zimmer schlafen." Zoe schaute ein klein wenig verwirrt zwischen Antonia und Nayla hin und her. Und plötzlich löste sich die Spannung, weil wir alle vier anfingen zu lachen.
Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Baumhaus, in dem Verwandlung stattfinden würde. Auf dem Weg dorthin erfuhren wir, dass Zoe als Schneeleopardin im Himalaya aufgewachsen war. Irgendwann kamen Tierpfleger in ihr Revier. Sie war zu neugierig gewesen und hatte sich zu nah an die Menschen herangewagt und diese nutzten ihren Fehler und fingen Zoe ein. Dann gewöhnten die Männer sie langsam an die Wärme und brachten Zoe in den Zoo. Als Frau Wollseif sie besuchte brach die Schneeleopardin aus ihrem Gehege aus und kam nach einiger Zeit hier an der Forest Life Academy an.
Zoe beendete ihren Bericht in dem Moment, in dem wir die Leiter zum Baumhaus hochkletterten. Oben angekommen sahen wir uns staunend um. An der uns gegenüberliegenden Wand stand ein Regal, in dem Fotos von allen möglichen Tieren aufbewahrt wurden. Auf dem Boden lagen Sitzkissen und es gab nur einen einzigen Tisch. Vor diesem Tisch stand ein junger Mann und lächelte uns freundlich zu.
Nach und nach trafen meine neuen Klassenkameraden ein und der Unterricht begann. „Hallo! Ich bin Herr Schulte und unterrichte euch in Verwandlung. Verwandlung ist ein äußerst wichtiges Fach. Hier lernt ihr, euch in unterschiedlichen Situationen zu verwandeln beziehungsweise eure Verwandlung zurückzuhalten, um keine Massenpanik auszulösen. Deshalb ist es wichtig mir ganz genau zuzuhören und meine Befehle zu befolgen. So, Lorenz, kannst du bitte wiederholen, was ich gerade gesagt habe?", verkündete unser Lehrer. Lorenz, der die ganze Zeit versucht hatte mit Jo zu reden, hob verwirrt den Kopf und fragte: „Ähhh... Was?" „Jo? Was ist mit dir? Kannst du es mir sagen? Oder hat Lorenz dich zu sehr abgelenkt?", wandte sich der braunhaarige Mann an den Alpha Wolf. „Ich weiß nicht was Sie gesagt haben Herr Schulte. Ich war durch Lorenz abgelenkt", gab dieser zurück. Genervt wiederholte Herr Schulte seine gesamte Ansprache. Anschließend erklärte er einige Grundregeln der Verwandlung, fragte jeden nach seiner Tiergestalt und bat Antonia um eine kurze Verwandlungsvorstellung. Zuvor mussten wir unsere Handys auf seinen Tisch legen, damit wir meine Freundin nicht filmen konnten.  Antonia zeigte eine einwandfreie Verwandlung. Allerdings brauchte sie zwei Anläufe, weil sie schrecklich nervös war. Mit ihrer kleinen Vorstellung war die Stunde auch schon vorbei und wir liefen schnell zum größten Baumhaus. Dort fand Kampf und Überleben statt. Unser Lehrer war in zweiter Gestalt ein Grizzlybär und hieß Herr Müller. Er tippte hektisch auf seinem Handy. Als wir das Klassenzimmer betraten und höflich grüßten fuhr er erschrocken hoch und ließ das Telefon in der Hosentasche seiner schwarzen Jeans verschwinden. Zoe und ich tauschten einen verdutzten Blick und auch Nayla und Antonia sahen sich verwundert an. „Tut uns leid, wenn wir Sie bei etwas Wichtigem gestört haben. Sollen wir noch kurz draußen warten?", fragte ich vorsichtig. Doch unser Lehrer schüttelte nur kurz den Kopf und erwiderte freundlich: „Kein Problem, ich hatte euch nur nicht bemerkt." Er lachte auf: „Dabei sollte ich als Bär ja eigentlich eine gute Nase haben, was?" Lachend ging er zwischen den Bänken hindurch. Das verwirrte uns nur noch mehr. „Der hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank", murmelte Antonia leise. „Eigenartiger Humor trifft es besser", zischte ich meinen Freundinnen zu.
Dann erst sahen wir uns im Baumhaus um. Es sah ein bisschen aus wie ein Trichter, oder auf einem Turnierplatz bei Springturniere, wie Antonia behauptete. Wir standen in der Kampfarena und die Bänke führten zu allen Seiten schräg nach oben. Zusammen setzten wir uns ganz oben hin. Ich saß ganz außen und plötzlich setzte sich jemand neben mich. Jo und sein Wolfsrudel! Ich war ein wenig verwirrt, genau wie meine Freundinnen. „Ich wollte mich wegen heute Morgen entschuldigen. Lorenz redet oft Unsinn, leider meistens ohne davor drüber nachzudenken", meinte Jo. Luisa fragte nach: „Nehmt ihr die Entschuldigung an?" Wir nickten langsam und das Wolfsrudel, auch LORENZ, lächelte uns zu. Weiterreden konnten wir aber nicht, den nun begann der Unterricht. Wir mussten in Menschengestalt zeigen, was wir so draufhatten. Ich besiegte Paul, einen Fuchswandler, mit Leichtigkeit. Immerhin war ich schon ganze sechs Jahre lang Karate und Judo gegangen. Zuerst blockte ich ein paar erstaunlich gute Schläge, bevor ich selbst angriff. Als Paul erneut zuschlug, packte ich am Handgelenk und warf in über meine Schulter zu Boden. Schnell wirbelte ich herum trat ihm auf die Brust, da er es rechtzeitig geschafft hatte aufzustehen. Allerdings achtete ich darauf, Paul bei meinem Tritt nichts zu brechen. Das hatte ich beim Training gelernt, damit wir keine Freunde und Partner bei Übungen verletzten. Ich schaffte es ihn erneut auf den Boden zu schicken und drückte ihn auf die Matte. Meine Mitschüler applaudierten begeistert und Paul grinste mir zu. „Du bist gut. Aber ich glaube das nächste Mal besieg ich dich, wenn du mir davor ein paar Tricks beibringst", meinte er. Ich erwiderte das Grinsen und zog ihn schwungvoll auf die Beine. Dann wandten wir uns fragend an Herr Müller. Was würde er zu unserem Übungskampf sagen? Doch unser Lehrer hatte ihn gar nicht gesehen, weil er schon wieder auf seinem Smartphone herumtippte. Als er merkte, dass ihn alle fragend anstarrten, erkundigte er sich eilig: „Und, wer hat gewonnen?" Alle Schüler waren total verwirrt und fassungslos. „Ich", sagte ich knapp. Herr Müller nickte mir anerkennend zu, bevor er die Stunde wegen eines wichtigen Anrufes beendete.

Zoe, Nayla, Antonia und ich gingen zusammen über eine der vielen Holzbrücken um uns in unserer verlängerten Mittagspause ein bisschen umzusehen. „Mann, was ist der bitte für ein Arsch?", fluchte Zoe verärgert. Wir redeten über Herr Müller. „Der hat überhaupt nicht zugesehen. Du warst voll gut, aber dieser Müller hat es nicht mal mitgekriegt!", beschwerte sie sich weiter. So kannte ich Zoe noch gar nicht. Irgendwann beruhigte die Wandlerin und wir setzten uns in den Schatten einiger Felsen. Davon gab es hier echt genug. „Wenigstens haben wir jetzt länger Pause und können uns vor Englisch noch mal entspannen", meinte ich. „Ja. Wegen einem unglaublich wichtigem Anruf", gab Nayla zurück und ahmte Herr Müller dabei perfekt nach. Wir prusteten los. Eigentlich war es ja gar nicht mal so witzig, aber Nayla setzte während ihrer kleinen Schauspieleinheit eine sehr ernste Miene auf und das sah so lustig aus, dass wir nicht anders konnten. „Dieser Herr Müller ist echt ein komischer Kauz", behauptete ich. Nayla und Antonia lachten noch lauter. Zoe dagegen sah etwas verwirrt aus. „Aber Herr Müller ist doch ein Grizzlywandler, oder habe ich da was falsch verstanden?", fragte sie. Nach dem wir uns wieder beruhigt hatten, sah Zoe uns beleidigt an. Kein Wunder, wir hatten gerade über ihre Frage gelacht. Immer noch kichernd erklärte ihr Antonia, dass das nur ein Sprichwort war und sie nichts falsch verstanden hatte.

Forest Life Academy 1, Das erste AbenteuerDonde viven las historias. Descúbrelo ahora