Mögliche Flucht und Festnahme

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Bella PoV

Das Auto fuhr in einem Tempo von ungefähr 50 bis 60 km/h eine kurvige Straße entlang.

Während die anderen Jo umringten, konzentrierte ich mich auf Uhrzeit und Geschwindigkeit. Leider verlor ich bei den vielen Kurven recht schnell die Orientierung. Nach einigen Minuten hatte ich keine Ahnung, wo wir waren.

Antonia, die vor einigen Monaten einen Erste-Hilfe-Kurs abgeschlossen hatte, hatte sich Jos Schnitt genauer angesehen. „Sollte schnell verheilen, der Schnitt ist echt nicht tief", verkündete sie, als sie ihre Unteruchung abgeschlossen hatte.

„Bella? Warum starrst du die ganze Zeit auf deine Uhr?, fragte Lorenz. Ohne den Blick von meiner AppleWatch zu wenden antwortete ich: „Ich versuche die Strecke zu berechnen. Nur leider weiß ich nicht mehr so genau, wo wir sind."

Zum ersten Mal meldete sich Jo zu Wort: „Ich glaube wir sind in Klagenfurt. Ich komme ja hier aus einem Wald in der Gegend, deswegen kenne ich den Geruch und den Zustand der Straßen. Ich habe mich manchmal als Wolf in einen dieser Busse geschlichen." Selbst ich hatte das nicht gewusst, obwohl ich seine Freundin war. Mir fiel auf, dass Jo noch nie über seine Vergangenheit gesprochen hatte. Allerdings hatte ich auch nicht gefragt. Früher, als wir gerade zusammengekommen waren, hatte ich mich irgendwie nicht getraut. Aber jetzt wusste ich, dass er als Wolf aufgewachsen war.

Zoe PoV

"Und? Was machen wir jetzt? Du hast doch gesagt, dass du eine Idee hast. Schieß los, ich will hier raus!", bat Melissa. "Die können uns hier ja nicht verhungern lassen. Wir warten einfach, bis jemand kommt, dann greifen wir an und hauen ab."

Melissa starrte mich fassungslos an. Ich wusste, wir hatten nur eine geringe Chance, aber ich meine Freundin hatte mir schon so viel geholfen und war nur meinetwegen hier. Meine Aufgabe war es daher mit ihr so gut wie möglich unverletzt hier rauszukommen und einen Weg zu finden, wie sie nach Asien zurückkonnte.

Der Gedanke meine Heimat wieder zu sehen war so verlockend, dass meine Bernsteinfarbene Augen aufleuchteten. Zurück in meine Heimat. Aber es würde nichts wie früher sein. Meine Mutter und die Kleinen tot, die inzwischen ungewohnte Kälte, als ich daran dachte wurde mir klar, dass ich einfach zu anders geworden war.

"Woran denkst du?, fragte Melissa. Ans Himalaya. Ich werde höchstwahrscheinlich nie wieder dorthin zurückkehren", erwiderte ich traurig. Sehnsüchtig erinnerte ich mich an schneebedeckte Berggipfel, die Kälte und die ganze Beute. Mein Leben war einsam gewesen, dass wurde mir klar, als ich an die vielen Wochen dachte, in denen ich in den Bergen unterwegs gewesen war und dabei jedem Lebewesen aus dem Weg gegangen war.

"Ach, wir finden eine Lösung! Für beide Probleme. Versprochen Zoe!", flüsterte Melissa, die ihren Kopf sanft an meinen rieb. Leise schnurrend erwiderte ich die Geste.

Und so warteten wir. Melissa schlief kurz ein, erwachte jedoch, als ich fauchend begann auf und ab zu laufen. "Mann Melissa! Das bringt doch nichts, da wird niemals jemand auftauchen!" "Ich habe es mir ja schon gedacht. Du hast das doch schonmal versucht und es ist gewaltig schief gelaufen." "Jaja, reibs mir ruhig rein! Ich hab ja schon total schlechte Laune, es kann ja nur besser werden. Los mach! Ich will so richtig sauer werden!", fuhr ich sie scharf an. Es tat mir sofort leid, aber es war einfach zu viel gewesen.

"Melissa...", begann ich. "Nein! Vergiss es einfach, tut mir leid, hätte es dir nicht reintreiben dürfen. Jetzt weiß ich, wie empfindlich du geworden bist. Wir sind einfach zu unterschiedlich geworden. Das hätte mir klar sein sollen."

Für einige Zeit sagte keiner ein Wort. Bis mir etwas auffiel. Ich spürte ein leichten Luftzug! "Melissa!", versuchte ich es erneut. "Was?", kam es recht kühl zurück. "Ich habe eine Idee, wie wir hier rauskommen." "Achja? Ist sie wieder so schlecht wie die letzte?" "Ich kann auch gern allein durch den Schacht hinter dir nach draußen klettern... Ich hätte ehrlich nichts dagegen." "Was? Ein Schacht? Warum hast du das nicht gleich gesagt? Los, hauen wir ab!" Mir entfuhr ein Schnurren. So kannte ich meine Freundin.

Wir wechselten einen Blick und ohne ihre Gedanken zu lesen, wusste ich, was ihr durch den Kopf ging. Wir kannte uns eben doch sehr gut.

Bella PoV

„Sorry übrigens, dass du hier mit reingezogen wurdest, Nick", wandte ich mich an unseren Mitschüler. „Ich wollte euch ja helfen. Ist nicht eure Schuld. Keiner hat mich dazu gezwungen hier mitzumachen", erwiderte dieser.

Plötzlich hielt das Auto. Offenbar waren wir nach insgesamt zwei Stunden angekommen.

Zoe PoV

Im Schacht war es eng und stickig. Wahrscheinlich für Melissa, die nachts normalerweise schlief, auch sehr dunkel. Glücklicherweise hatten unsere "Gefängniswärter" für beide Klamotten bereitgelegt. Ich war so nett und hatte Melissa's auch noch im Maul.

Ich lief voraus, um denn Tunnel zu erkunden. Ich musste mich zwar nicht ducken, mein weißes Fell strich jedoch an der dreckigen Wand entlang. "Zoe, hast du eine Ahnung, wo du hinläufst?", meldete sich Melissa. "Nicht wirklich. Ich spüre nur einen Luftzug. Dem folge ich, in der Hoffnung hier rauszukommen", antwortete ich. "Na hoffentlich führt der nicht in irgendein stinkendere Abflussrohr...", ächzte Melissa.

Die vielen Schächte bildeten ein riesiges Labyrinth, und mehrere Male mussten wir umdrehen, ganz schön mühsam, vor allem für Melissa. Aber sie beschwerte sich nicht. Das war ihre Art, sich bei mir wegen der Bemerkung zu entschuldigen, die sie zuvor gemacht hatte, Ich wollte mich eigentlich auch entschuldigen, aber ich ahnte, dass Melissa, wenn wir hier rauskamen, die Freiheit als Entschuldigung nehmen würde.

"Licht! Ich sehe Licht!", rief ich begeistert. Kurz darauf konnte ich auf den weichen Boden springen. Das abgefallene Laub raschelte unter meinen Pfoten und ich sog die frische Luft ein. Melissa kletterte direkt hinter mir ums dem Schacht und jubelte: "Wir sind frei, wir sind frei! Na, was sagst du jetzt, du blöder Block aus Holz?" "Melissa, sei leise! Wir sind noch lange nicht sicher", wies ich sie zurecht.

In diesem Moment erschien ein schwarzer Minibus in der Einfahrt und mich überkam ein ungutes Gefühl. Diese Blechbüchse kannte ich doch...

Forest Life Academy 1, Das erste AbenteuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt