Die vermissten Schüler

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Frau Wollseif PoV

In meinem Büro dachte ich über Elia's Meldung nach. Wie konnte es sein, dass Nayla, Antonia, Zoe, Nick und das gesamte Wolfsrudel verschwunden waren? Was war genau passiert? Elia hatte gesagt, Nayla hätte ihm nichts genaues gesagt. Um meinen Kopf freizubekommen, beschloss ich, einen kleinen Rundflug zu machen. Ich verwandelte mich und flog los.

Die Aussicht war wunderbar. Einer der wenigen wolkenlosen Oktobertage. Dabei war es doch sonst nicht so schön. Auch am gestrigen Tag hatte die Sonne geschienen, doch wahrscheinlich würde sich das ändern. Ich erreichte den Rand von Innsbruck, als ich plötzlich das unverkennbare Wolfsgeheul Jo's hörte. Ich hatte seine Familie gekannt. Sie waren alle aufgrund eines tragischen Unfalls gestorben und Jo's Vater sagte mir, als wäre er sich des nahenden Unglücks bewusst, ich solle für Jo und Violet sorgen, wenn er und seine Frau starben. Leider hatte auch Violet nicht überlebt und so kümmerte ich mich um Jo und lehrte ihm alles was er in der Menschenwelt zum Überleben brauchte. Mit 15 war er dann alt genug gewesen, um in meine Wandlerschule zu gehen und dazu hatte er sich auch entschieden. Es lag fast zwei Jahr zurück, seit ich ihn zuletzt gehört hatte, wenn er mit einem Rudel heulte, doch ich würde dieses Geräusch nie mehr vergessen, nicht mehr. Jo war fast ein Sohn für mich und seine zweite Gestalt und sein Geheul würde immer ein Teil von ihm sein.

Ich landete in einem Baum und entdeckte die vermissten Schüler. Zoe lag als Raubkatze im Schatten und ließ sich von Nick mit Wasser bespritzen. Ihr war wohl zu heiß und Nick war so nett und kühlte sie. Die Wölfe und ein Blauschaf, dass ich nicht kannte drängten zum Aufbruch, woraufhin Nayla, Antonia, Nick und Zoe aufsprangen. Plötzlich wandte Jo den Kopf und witterte. "Was ist denn Los?" "Ihr werdet es nicht glauben, aber ich spüre einen Specht." "Jo! Wir sind in einem Wald, in dem es haufenweis Spechte gibt!", stöhnte Nick, "Können wir jetzt endlich gehen?" "Nicht irgendein Specht, Fischkatze! Einen Wandler, ich spüre einen." Jo war schon immer sehr begabt in Wandlerfähigkeiten gewesen, er hatte auch gelernt, geblockte Gedanken zu hören und andere Wandler aus mehreren hundert Metern Entfernung zu spüren. "Jo hat recht. Ich sitze über euch. Wartet kurz", sprach ich. Erstaunt tauschten meine Schüler einen Blick, als ich zu ihnen herunterflog. "Frau Wollseif!" , riefen sie im Chor, während Jo wohl für einen Moment vergaß, dass ich nun auch seine Schulleiterin war. Von ihm kam nämlich ein: "Adile!" Erstaunt starrten ihn seine Freunde an. Eilig verbessert er sich und richtete seine durchdringende, smaragdgrüne Augen auf mich, seine Schulleiterin und jahrelange Freundin. Kurz fixierte ich mich nur auf ihn und murmelte leise: "Ich bin froh, dass dir nichts geschehen ist. Du bist wie ein Sohn für mich, ich hoffe das weißt du." Ich spürte seine dankbaren Gedanken und war erleichtert, er hatte mir nach dem kleinen Streit einige Tage zuvor doch noch verziehen.

Ich musterte jeden meiner Schüler und fragte besorgt: "Geht es euch allen gut, ist jemand verletzt?" "Uns geht's gut, bis auf ein paar Kratzern sind wir in Ordnung, danke der Nachfrage", erwiderte Bella nach einem Blick in die Runde. "Dann bin ich ja erleichtert. Jetzt erklärt mir aber doch mal, was geschehen ist, Elia hatte nicht viele Informationen." "Das war Absicht, ich wollte nicht, dass er sich Sorgen macht." "Nayla! Es bestand sehr wohl mal ein Grund für Sorge!" stöhnte Antonia vorwurfsvoll. Beleidigt starrte die Gams auf das Murmeltier und ich hörte etwas von "Leg dir selbst nen Freund zu, dann kannst du dich das nächste mal ausheulen, wenn du in Gefahr bist!"

Jo verdrehte seine Wolfsaugen und begann zu erzählen: "Also, vor einiger Zeit, nach unserer ersten Kampfstunde hat Zoe ausversehen ein Telefonat von Herr Müller belauscht." Zoe machte weiter: "Genau, er erzählte jemandem, den er Boss nannte, er hätte »ihren« Kampf nicht gesehen, weil er diesem »Boss« gerade eine Nachricht schrieb. Er hat, nur zur Information, weder Bellas, noch Luisas Kampf beobachtet. Naja, ein paar Tage danach hat er angefangen, mir zu drohen. Er warnte mich davor, irgendwem von seinem Telefonat zu erzählen, auch nicht den Lehrern. Ich habe es aber schon Antonia, Nayla und Bella erzählt. Das Wolfsrudel hat auch davon erfahren. Dann kam er einmal zu mir und zerrte mich in seine Hütte. Danach weiß ich mal eine Weile gar nichts mehr." "Wir haben Zoe gesucht und sind auf Herrn Müller gekommen, eben wegen der Drohung. Am nächsten Morgen hat er uns zu sich und seinem Auto geholt. Dann hat er Jo mit einem Messer gedroht und uns dazu gezwungen, einzusteigen. Zwei Stunden später sind wir vor seinem Lagerhaus ausgestiegen, haben kurz mit ihm gekämpft, davon kommt auch Jo's Verletzung an der Flanke, sind mit seinem Auto geflohen und wurden verfolgt. Ein anderer Wagen hat uns gerammt und wir sind rausgesprungen und von da an waren wir zu Fuß unterwegs. Herr Müller hat uns mit einem Tiger verfolgt und als wir ihnen entkommen sind, sind wir ziemlich normal Richtung Schule gereist.", erzählte Bella "Ach du meine Güte, das ist ja schrecklich! Werner hat auch plötzlich gekündigt, eine neue Lehrerin ist eingestellt worden und ich habe dann erfahren, dass ihr nicht mehr da seid. Ich weiß auch, warum ich erst nichts gewusst habe. Paul, Arvid, Arne, Elia, Marlon, Julina, Aurela und Fjella haben eine Drohnachricht von einer unbekannten Nummer erhalten, weshalb sie erst zu große Angst hatten, mir von eurem Fehlen zu berichten. Und ich habe Werner vertraut", murmelte ich entsetzt.

Da war jedoch noch mehr. Ich sah es an Jos's Blick. Außerdem wusste ich noch immer nicht, wer das Blauschafweibchen war. Eben dieses meldete sich nun nervös zu Wort: "Hallo, ich bin Melissa, ich komme vom Himalaya. Ich war mit Zoe befreundet und wurde vor kurzer Zeit hierhergebracht. Zoe wurde zu mir, in mein Gefängnis gebracht, da war sie schwer verwundet, aber zum Glück heilen die Wunden von ihr immer sehr schnell. Wir sind durch einen Lüftungsschacht geflohen. Dann haben wir den Kampf beobachten und sind ins Auto gestiegen. Den Rest kennen Sie ja schon." Interessiert musterte ich die junge Wandlerin. So unerfahren, aber ich spürte ihre Neugier und ihren Mut. "Schön dich kennenzulernen, Melissa. Es ist heftig, dass auch du von deiner Heimat gerissen wurdest, aber es würde mich dennoch freuen, dich an unserer Schule willkommen zu heißen. Ich sehe deinen Mut und deine Wissbegierde. An der Forest Life Academy könnten wir dir vieles beibringen. Ich bin mir sicher, dass du eine gute Schülerin wärst. Außerdem würde Zoe sich sehr freuen, stimmt's?" Besagte Wandlerin stimmte mir wortlos zu und richtete sich an ihre Freundin: "Natürlich fände ich es toll, mit dir auf die Forest Life Academy zu gehen, aber wenn du ins Himalaya zurückkehren willst, würde ich das verstehen. Was meinst du?" Erwartungsvoll starrte Zoe ihre Freundin an. "Weißt du was? Ich probier das mal mit dieser Schule. Die Menschen finde ich inzwischen sehr faszinierend. Wenn es mir nicht gefällt kann ich immer noch zurückkehren, aber sollte das der Fall sein, könntest du mich dann besuchen?" "Ja! Ich würde dich auch ohne Aufforderung besuchen. Versprochen!"

Forest Life Academy 1, Das erste AbenteuerTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang