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Duriel:
„Matthieu!" rufe ich über das Feld und hebe meinen Arm. Matthieu der Sohn unserer Angestellten hier auf dem Weingut lächelt und kommt über den schmalen Trampelpfad zu mir herüber. Ich habe mich mal wieder auf eine der Bänke ganz hinten auf dem Grundstück zurückgezogen um nachzudenken. Die zwei Kangal Hunde Beau und Chloé rennen an ihm vorbei und freuen sich über meine Streicheleinheiten.
„Daan musst du nicht in die Firma?" er setzt sich neben mich und legt seinen Strohhut neben sich auf die Bank. Seine blonden Locken leuchten in der Sonne und er kneift angestrengt die Augen zu.
„Wahrscheinlich schon. Ich hoffe aber das ich mich drücken kann."
„Hat die letzten Tage ja auch gut funktioniert." damit hat er leider nicht ganz unrecht. Ich habe Matthieu die letzten Tage von dem ganzen Kram erzählt. Wieso ich hier bin, was mit meinem Vater los ist und und und. Da ich es nicht meinen Freunden erzählen konnte und es mir eigentlich scheiß egal ist, wer das mitbekommt... zudem war es einfach schön mal mit jemanden zusprechen der nicht von meinem Dad bezahlt und kontrolliert wird.
„Vielleicht komme ich nach Hause. Ich habe gestern Abend meinen Dad mit einer Frau gesehen. Rachel... mein Dad hatte bereits vor einiger Zeit eine Affäre mit ihr und war nicht gerade glücklich als es an die Öffentlichkeit geraten ist."
„Und du willst jetzt..."
„Es veröffentlichen." sage ich schulterzuckend.
„Also nicht direkt. Ich werde es ihm sagen. Und wenn er mich dann nachhause lässt, behalte ich es für mich, ansonsten gehört ihm der nächste Skandal."
„Ich weiß ja nicht so..."
„Ist vielleicht nicht der beste Plan, aber jetzt gerade der einzige. Und ich muss nach Hause Matthieu! Ich Dreh hier noch durch. Meine Freunde wissen nicht wo ich bin. Meine Freundin hasst mich wahrscheinlich."
„Soll ich dich fahren? Weil naja... dein Vater wird mich hier dann wahrscheinlich rauswerfen und..."
„Das Grundstück gehört meiner Mum. Deine Mutter ist bei ihr und nicht meinem Dad angestellt. Er hat keine Chance dich hier rauszukriegen. Und mit meiner Mutter spreche ich."
„Dann bin ich dein Fluchtwagen?"
„Wenn du es so nennen willst." ich grinse, Köpfe ihm aufmunternd auf die Schulter und Stiefel los, hochmotiviert jetzt meinen Plan auszuführen.
Während ich in meinem Zimmer meinen Koffer packe, sehe ich bereits Matthieu, der seinen Wagen vor dem Haus parkt.

„Bekomme ich mein Handy wieder?" frage ich entschlossen und stelle den Koffer neben mir ab. Mein Dad lehnt an einer Kommode und starrt auf meinen Koffer und dann auf mich.
„Was wird das?" ein lustloses Lachen dringt aus seinem Hals.
„Ich hätte gerne mein Handy zurück. Und dann fliege ich nach Hause."
„Wir hatten das doch schon besprochen, dass es nicht gut wäre, wenn du jetzt in England bist. Für dich und deine kleine Freundin..."
„Und wen du mich nicht endlich in Ruhe lässt, mir mein Handy zurück gibst und mich nach Hause lässt, habe ich ein Foto von dir und Rachel, welches dann direkt an die Presse geht."
Er mustert mich lange, eindringlich. Er geht vollkommen sicher, das ich es ernst meine. Nach einer Weile strecke ich meine Hand aus und er zögert.
„Wenn diese Geschichte an die Presse geht, interessiert meine Freundin niemanden mehr. Egal was du machst, sie werden auf dich und die Firma gehen und ich bin raus aus der Sache." erkläre ich in einem völlig entspannten Tonfall.
„Verschwinde!" zischt er, drückt mir mein Handy in die Hand und geht. Mit einem fetten Grinsen im Gesicht verlasse ich das Haus, werfe meinen Koffer in den Kofferraum von Matthieus Wagen und falle auf den Beifahrersitz.
„Friedlicher als gedacht." gebe ich zu, während Matthieu aufs Gas drückt und wir das Weingut hinter uns lassen.

„Wo warst du Man?" Jadu, Aiden, Levi und Cullen starren mich alle entgeistert an, als ich aus dem Flughafengebäude auf sie zu laufe. Ohne sie darauf vorzubereiten ziehe ich sie alle in meine Arme. Als ich sie irgendwann wieder los lasse grinsen sie alle etwas amüsiert, wechseln dann aber wieder zu ihren ernsten Gesichtern.
„Duriel wo kommst du her? Was war los und wieso hast du keinem Bescheid gesagt? Erst bist du Montag so merkwürdig 7nd sprichst kaum, suchst nur nach Evie und dann verschwindest du für eine Woche. Nichtmal deine Schwester konnte mir sagen wo du bist!" Jadu funkelt mich wütend an.
„Es ging so viel scheiße ab."
Auf der Fahrt nachhause erkläre ich den Jungs was die letzte Woche los war, wieso ich jetzt wieder hier bin, und wieso ich ihnen nichts gesagt habe oder eher nichts sagen konnte. Sie fahren mich nachhause, sitzen neben mir, als ich das alles meiner Mum erzähle, welche dachte dass Dad mich überzeugen konnte, mir die Firma wirklich mal genauer anzusehen. Sie hatte am Ende Tränen in den Augen, hat sich unzählige Male entschuldigt und dann in ihrem Gefühlschaos für mich und die Jungs Kakao in der Küche bestellt. Wir haben es einfach alle hingenommen und Ende April einen heißen Kakao mit Sahne getrunken. Sie ist kurze Zeit später aufgebrochen und hat nur irgendwas von einem wichtigen Gespräch mit ihren Eltern geredet. Das ihre Eltern nichtmal im Land sind, hat sie vielleicht vergessen.
„Das ist wirklich krass geworden!" höre ich Aiden anerkennend sagen, als ich im Ankleidezimmer stehe und meinen Koffer auspacke.
„Was denn?" frage ich als ich einen Moment in Hoodie und Jogginghose wieder in mein Zimmer trete. Diesen Look habe ich die letzten Tage vermisst. Kein Hemd. Keine Jeans.
„Das Bild hier." Aidens Finger deutet auf die große Leinwand, welche auf einer Staffelei vor meinem Fenster steht.
„Ich glaube ich habe noch nie so ein düsteres Bild von dir gesehen." überlegt Cullen und betrachtet die dunkle schreiende Gestalt auf dem Bild.
„Verletze einen Künstler und du wirst das Meisterwerk sehen, was du geschaffen hast." schwafelt Levi und erntet schiefe Blicke von uns.
„Von wem hast du den Spruch denn?" Jadu grinst ihn an.
„Keine Ahnung."
„Ich will nicht wissen wie die Leinwand in Evies Zimmer aussieht, die du geschaffen hat." Jadu hat es witzig gemeint, doch keiner von uns lacht.
„Hat Söder eigentlich mittlerweile geantwortet?" Cullen deutet auf mein Handy.
„Die Nachrichten kommen nicht an. Ich glaube sie hat mich blockiert."
„Du hast ihr wirklich weh getan." sagt Levi ungewohnt ernst.
„Letzte Woche warst keinen Tag in der Schule und gestern und heute hat sie uns kein Mal angeschaut. Malu möchte nicht mit uns über sie reden und sie selbst dreht um, wenn wir nur in ihre Nähe kommen."
„Was hätte ich tun sollen? Hätte ich ihr nicht geschrieben, hätte mein Dad irgendwas gemacht. Und am Montag wollte ich ihr das ja erklären, aber sie kam nicht." nervös fahre ich mir mit den Händen durch die Haare.
„Klär das morgen mit ihr. Persönlich."

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