Linda x him

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Eine recht kurze Idee, zu der man mich inspiriert hat ;) [X] fungiert einfach als Platzhalter für einen Namen, denkt euch da, was ihr wollt. Viel Spaß beim Lesen.

Als Linda am Abend auf dem Weg in ihr kleines Zimmer im Studentenwohnheim war, stellte sie fest, dass die Flure menschenleer waren. Und man beinahe keinen Mucks in dem gesamten Gebäude hörte. Das war äußerst untypisch. Aber schnell fiel ihr wieder ein, weshalb das so war. Es war Freitagabend und eigentlich stieg eine große Studentenparty. Ohne Linda. Sie war absolut nicht in der Stimmung zum Feiern. Es gab auch nichts, was sie feiern könnte. Seit Wochen zog sie sich am liebsten zurück und war mit ihren Gedanken alleine. Auch wenn ihre Gedanken mittlerweile so laut waren, dass sie sie am liebsten aus ihrem Kopf verdrängen würde. Aber das war so leicht nicht möglich.

„Du auch hier?", holte sie eine Stimme zurück in die Realität. Das Wohnheim war wohl doch nicht so menschenleer, wie sie gedacht hatte.

„[X], müsstest du nicht auf der Party sein?", fragte sie ihren Kommilitonen, den sie eigentlich auch als Freund bezeichnen konnte. Immerhin verbrachten sie ab und zu mal Zeit miteinander. Hauptsächlich beim Lernen. Aber wirklich enge Freunde hatte Linda nicht.

„Nee, heute mal nicht. Und du? Sag nicht, dass du stattdessen lernst."

Linda verzog leicht das Gesicht. Da hatte er einen wunden Punkt getroffen. Eigentlich war das ihr Plan. Nur so konnte sie ihre quälenden Gedanken ein wenig vergessen.

„Vielleicht."

„Es ist Freitagabend! Da sollte man doch eigentlich was anderes machen, Linda. Du kannst doch nicht deine ganze Studienzeit mit Lernen verbringen. Ist das überhaupt ein Leben?"

Nein. Dessen war sich Linda sicher. Aber sie war momentan sowieso alles andere als zufrieden oder gar glücklich mit ihrem Leben. Nichts lief so, wie sie es sich mal vorgestellt hatte. Obwohl ihr Studium eigentlich wirklich nicht schlecht lief. Bedröppelt schaute Linda zur Seite und sie musste sich wirklich zusammenreißen, dass ihre Augen ihre Gefühlswelt nicht verrieten. Aber [X] hatte wohl schon längst bemerkt, dass etwas nicht stimmte.

„Was hältst du davon, wenn du mal einen Abend nicht lernst? Vielleicht täte dir ein wenig Ablenkung nicht schlecht. Wir könnten zusammen Pizza essen gehen oder so. Ich habe auch nichts zu tun.", erklärte [X], der die Situation schon ganz gut gedeutet hatte.

„Wenn schon, dann lass uns welche bestellen. Ich möchte heute wirklich nicht mehr unter Leute gehen.", murmelte die Blonde und fragte sich, ob das eine gute Idee wäre. Er konnte sie viel zu gut lesen. Und sie hatte ihr Zimmer nichtmal aufgeräumt. Aber sie wollte sich wirklich nur noch unter ihre eigene Decke setzen. Nicht bei irgendwem anders. Er stimmte ihrer Idee also zu und gemeinsam gingen sie die letzten Meter zu der Zimmertür, die Linda aufschloss. Interessiert schaute sich der junge Mann um.

Linda bedeutete ihm, dass er sich auf ihren Schreibtischstuhl setzen konnte, während sie selber auf ihrem Bett Platz nahm. Eine andere Möglichkeit gab es in diesem kleinen Zimmer auch wirklich nicht. Recht schnell gaben sie ihre Essensbestellung auf und warteten dann, dass sie eintraf. Linda hatte so langsam auch wirklich Hunger. In letzter Zeit hatte auch ihr Essverhalten ziemlich gelitten.

„Also Linda, was ist los bei dir, hm?", fragte der junge Mann irgendwann aus der Stille heraus. Linda musste schlucken, wusste sie doch nicht, was sie ihm erzählen sollte. Ob sie ihn anlügen oder doch die Wahrheit erzählen sollte. Immerhin waren sie befreundet, aber sie hatte noch niemanden von ihren Gedanken erzählt. Und so gut kannten sie sich bisher ja auch nicht. Auch wenn sie ihn mochte. Und seine Anwesenheit erstaunlich angenehm war.

„Nichts. Wie kommst du drauf?"

„Du siehst so aus, als ob du hier regelmäßig Geister siehst. Oder sonst irgendwas. Man merkt dir an, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Also?"

Linda seufzte und sah zu [X] hinüber. Er hatte ja Recht. Und eigentlich war sie froh, dass es endlich mal jemand bemerkte. Auch wenn sie gedacht hatte, dass sie das gar nicht wollte. Aber bei ihm war es anders.

„Es ist nicht so einfach. Ich habe einfach das Gefühl, dass momentan alles schiefläuft in meinem Leben. Im Studium und in meinem sozialen Umfeld."

Ein ersticktes Schluchzen verließ Linda, schon nachdem sie diese Worte sagte. Ihre Sicht war verschwommen und sie bemühte sich, die Tränen wegzuwischen. Was sie dadurch nicht mitbekam war, wie [X] sich zu ihr begeben hatte und nun neben ihr saß. Und ihr behutsam eine Hand auf den Arm legte. So ließ sich Linda wieder ein wenig beruhigen.

„Weißt du, ich habe das Gefühl, dass ich mit den Studieninhalten nicht mehr mitkomme. Dass ich das einfach nicht mehr packe. Und manchmal sehe ich auch den Sinn nicht mehr darin. Und das ist nichtmal das schlimmste.", seufzte sie und sah den beruhigenden Blick, den [X] ihr zuwarf. Er war ein wahrlich guter Zuhörer.

„Ich schaffe es nicht mehr, meine Familie zu besuchen. Und ich habe das Gefühl, dass niemand es aushält, mit mir befreundet zu sein. Ich habe einfach niemanden. Und ein Zuhause habe ich auch nicht wirklich. Ich wollte doch meinen Traum leben. Aber das alles ist ein riesiger Albtraum."

Wieder schluchzte sie auf und dieses Mal zog [X] sie einfach in seine Arme. Beruhigend fuhr er ihr über ihren Rücken und zog kleine Kreise auf ihm. Er hatte keine Ahnung, wie lange sie so dort saßen, aber es musste eine Weile gewesen sein. Bis Linda sich langsam wieder beruhigt hatte. Doch er rückte trotzdem nicht von ihr ab und nahm stattdessen behutsam eine ihrer Hände und drückte sie sanft.

„Hey, Linda. Hör mir mal zu, ja? Du bist ein toller Mensch. Ich bin gerne bei dir und in deiner Nähe. Es stimmt nicht, dass es niemand bei dir aushält. Und dass du niemanden hast. Immerhin sitzt du hier gerade nicht alleine. Und wenn du es willst, dann könntest du mit so vielen Menschen befreundet sein. Weil du nunmal einen tollen Charakter hast. Glaub mir, das habe ich mittlerweile doch schon feststellen dürfen. Und im Studium bist du uns allen doch gefühlt meilenweit voraus. Vielleicht musst du mal einen Schritt zurücktreten, um überhaupt zu sehen, was du alles leistest."

„Du kannst mir auch ruhig die Wahrheit sagen.", murmelte Linda, so als ob sie ihm die Worte nicht abnahm. Vielleicht weil sie solche Worte schon viel zu lange nicht mehr gehört hatte. Weil sie kaum glaubte, dass jemand sowas ernst meinen könnte.

„Das ist die Wahrheit. Ich mag dich wirklich, Linda. Und du solltest solche Selbstzweifel wirklich nicht haben. Das hast du gar nicht nötig. Ich mag dich auf jeden Fall so, wie du bist. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, dass du irgendwie anders wärst. Und du musst auch nicht anders sein, nur um vielleicht mehr Freunde oder sonst irgendwas zu haben. Das brauchst du wirklich nicht."

Mit einem Mal fühlte Linda sich gar nicht mehr so alleine. Nicht so einsam, wie die ganzen letzten Wochen. Hätte sie schonmal vorher mit irgendwem gesprochen. Mit [X] gesprochen. Er schaffte es, ihr ein besseres Gefühl zu geben. Und sie wusste gar nicht, wie einfühlsam und emphatisch er doch wirklich sein konnte.

„Danke.", flüsterte sie in die Stille des Raumes. Ihre Gedanken waren plötzlich auch ganz leise geworden. Nicht mehr so nervtötend wie noch vor kürzester Zeit. Wie hatte er das nur geschafft? Sie so zu beruhigen. Sie so zu ermutigen. Ihr so zuzusprechen.

„Danke, wirklich.", wiederholte sie etwas lauter und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Sie war froh, ihn so nah bei sich zu wissen. Und er verstand, dass er das erreicht hatte, was er wollte. Dass sie sich weniger schlecht fühlte. Dass es ihr endlich etwas besser ging. Und vielleicht auch, dass sie sich etwas angenähert hatten.

„Denk einfach dran, dass du nicht alleine bist. Ich bin gerne bei dir. Sehr gerne sogar."

Ein kleines Lächeln schlich sich auf Lindas Gesicht und sie rutschte noch ein Stück näher zu ihm. So verharrten sie und warteten auf die bestellte Pizza, die immer noch nicht angekommen war.

Die da oben - Politik OneshotsWhere stories live. Discover now