Auf Reisen (Baerbeck)

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Die Sonne schien an diesem heißen Sommertag noch stärker, als Annalena es sich überhaupt hatte vorstellen können. Normalerweise würde sie jetzt mit Freunden an den Elbstrand fahren, der sicherlich schon jetzt vollkommen überfüllt war, aber heute war kein normaler Tag. Nicht nur die Hitze trieb der jungen Studentin den Schweiß auf die Stirn. Nein, da war noch etwas anderes. Für sie begann heute ein kleines Abenteuer. Wobei es sich mehr wie ein riesengroßes Abenteuer anfühlte. Riesengroß, bedrohlich und doch ziemlich anziehend.

„Bist du dir wirklich sicher, dass du ganz allein fahren willst?", hörte sie die Stimme ihrer Mitbewohnerin Jana neben sich. „Du weißt doch, dass Daniel sofort mitfahren würde, wenn du ihm auch nur das kleinste Zeichen senden würdest."

„Ja, ich bin mir sicher! Ich möchte einfach mal Zeit mit mir alleine verbringen. Ich glaube das ist exakt das, was ich momentan brauche."

Vor Wochen schon hatte Annalena den Entschluss gefasst, mal ganz dringend aus ihrem Alltag herauskommen zu müssen. Die Decke ihres Lebens fiel ihr mehr und mehr auf den Kopf. Schon nach wenigen Stunden hatte sie einen Plan ausgeklügelt, den sie jetzt realisieren wollte. In den Semesterferien wollte sie ganz alleine für zwei Wochen nach Italien reisen. Mit ihrem kleinen, alten Auto, was sie hoffentlich nicht im Stich lassen würde. Der Weg würde immerhin von Hamburg aus ein weiter werden. Aber sie hatte diesen Plan so fest im Kopf, dass auch das kein Problem darstellen sollte. Genauso wenig wie der Gedanke, dass sie auf einem Campingplatz unterkommen würde. Andere Möglichkeiten boten sich aus finanziellen Gründen nicht. Ihr bester Freund Daniel war zwar nicht gerade begeistert von der ganzen Angelegenheit, genau genommen war niemand aus ihrem Umfeld sonderlich begeistert, aber Annalena spürte die Gewissheit, dass es genau die richtige Entscheidung sein würde.

So stieg sie in ihr kleines Auto, dass sie sich nur mühevoll hatte finanzieren können. Aber bisher hat es für Annalena gereicht. Und so war sie sich sicher, dass es dieses Mal nicht anders sein würde. Auch wenn nun mindestens 15 Stunden Fahrt vor ihr lagen. Irgendwann würde sie einfach eine längere Pause machen und ein wenig schlafen. Dann würde sie auch diese weite Strecke problemlos meistern.

Schon nach wenigen Minuten hatte die junge Frau das ungute Gefühl, dass die Klimaanlage ihres Autos nicht ganz so wollte, wie sie. Einen kurzen Moment überlegte sie, einfach wieder zurückzukehren. Zurück nach Hamburg, wo sie sich nicht diesen Herausforderungen stellen musste. Wobei das eigentlich nicht stimmte. Herausforderungen gab es für sie momentan genug. Sie konnte nicht länger weglaufen. Und musste sich eingestehen, dass sie sich zur Zeit in einer handfesten Quarterlife crisis befand. Sie fühlte sich nirgendwo angekommen, wusste nicht, ob ihr Studium überhaupt noch das Richtige war. Was sie nach ihrem Abschluss tun sollte. Wo es mit ihr hingehen sollte. Alles war ein riesengroßes Fragezeichen. Und niemand, außer ihr selber, konnte ihr aus dieser Krise heraushelfen. Deshalb brauchte sie nun diese Zeit nur für sich. Und es war keine Option, umzukehren und wieder einmal wegzulaufen.

Je weiter Annalena Richtung Süden fuhr, desto wärmer wurde es. Kurz hinter Freiburg brauchte sie dringend eine Pause, um sich abzukühlen. Außerdem war sie nun schon so lange unterwegs, dass es Zeit wurde, sich ein wenig auszuruhen. Deshalb fuhr sie an einer Raststelle an, zog sich ihr T-Shirt über den Kopf und war froh, dass sie dran gedacht hatte, ein dünnes Top darunter anzuziehen. So ließ sich die Hitze dann doch etwas mindern. Gerade als sie sich in der Raststelle ein Eis gekauft hatte, fiel ihr Blick auf eine Person ganz in der Nähe ihres Autos. Offensichtlich ein junger Mann, der unter einem Baum etwas Schatten gefunden hatte. Er hielt ein Pappschild in seiner Hand und neben ihm stand ein großer Rucksack. Irgendetwas hatte er an sich, das Annalena ihren Blick nicht von ihm abwenden ließ. Vielleicht war es sein Erscheinungsbild, dem sich die junge Frau nun vorsichtig näherte. Nun konnte sie erkennen, was auf dem Schild stand.

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⏰ Last updated: Feb 27 ⏰

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