❊~~ Kapitel 1 ~~❊

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Mist, verdammter!

Frustriert starre ich auf mein lumpig ausgefülltes, halb leeres Prüfungsblatt und zermartere mir das Gehirn.

Von ganzen sieben Jahren Französischunterricht ist praktisch null und nichts hängen geblieben. Nebst französischer Grammatik inklusive verfi... äh ... verflixter irregulärer Verben und einem Aufsatz werden in dieser Abschlussprüfung auch zwanzig Wörter und Sätze abgefragt. Zwei davon konnte ich übersetzen: oui et non und peut-être. Ein Armutszeugnis. Die restlichen achtzehn sind wohl genau die, die mir gestern auf die Schnelle einfach nicht mehr in den Kopf wollten.

Man soll doch nicht auf den letzten Drücker lernen ... Mal für Mal nehme ich mir genau das vor. Diesmal ging mein innerer Schweinehund aber lieber schwimmen und sich sonnen und hat sich als Belohnung auch noch einen neuen Bikini bestellt ... Letztendlich bin ich in meinem Vorhaben mal wieder kläglich gescheitert.

Putain de merde!

Das war ja klar! Fluchworte überträgt mein Hirn eins zu eins ratzfatz vom Deutschen ins Französische. Aber solche werden hier natürlich nicht verlangt.

Was zum Teufel heißt: Bitte zeigen Sie es mir auf der Karte? oder Entschuldigung, wie spät ist es?, auf Französisch?

Mein Handy ist und hat die Antwort auf alles!

Heutzutage, im digitalen Zeitalter, braucht man seine grauen Gehirnzellen gar nicht mehr anzustrengen: Die Uhrzeit steht groß auf dem Display, eine App namens Google Maps zeigt einem den Weg und sogar der praktische Übersetzer ist meist schon vorinstalliert. Man kann auch schlichtweg alles x-Beliebige einfach googeln.

Also. Warum sollte ich noch französische Vokabeln büffeln?

Vielleicht weil du erstens dein Handy nicht immer griffbereit hast. Zweitens der Akku leer sein könnte. Oder drittens es bei Prüfungen wie dieser, vor der du – ERDE AN CORINNE! – gerade sitzt, abgeben musst und nicht gebrauchen darfst!, schimpft mein Unterbewusstsein mit mir. Und, last but not least, viertens um mit einem süßen Unterwalliser zu flirten.

Von all den Gründen, die du mir aufgezählt hast, liebes Unterbewusstsein, ist der letzte wohl der überzeugendste, endlich mein Französischbuch aufzuschlagen!

Doch zurück zur Prüfung. Egal wie sehr ich grüble, über den deutschen Wörtern und Sätzen brüte, ich komme einfach nicht auf die jeweiligen französischen Begriffe.

Ich bin verzweifelt. So verzweifelt, dass ich meinen Kopf am liebsten mehrmals aufs Pult hämmern würde. Vielleicht öffnet sich ja dann die fest verschlossene imaginäre Schublade in meinem Gehirn, die meinen Französisch-Wortschatz enthält.

Wie ich Übersetzungen hasse!

Ich werde diese Prüfung total verhauen.

Bye-bye Sommerferien ohne ein Buch aufzuschlagen – ein Schulbuch versteht sich. Spicy Bücher sind davon ausgenommen. Doch meine Mutter wird mich wahrscheinlich zu Nachhilfe oder einem Sprachkurs verdonnern.

Denk nach, Corinne!

Der Bleistift, der die Spuren von zwei stressigen Wochen trägt, rattert über die Höckerchen meiner unteren Schneidezähne. Er vibriert auf meiner Lippe und verströmt sein würziges Zedern-Aroma weich und warm, bis die Graphitmine kühl wie Eiskonfekt auf meine Zungenspitze trifft. Bloß nehmen meine Geschmacksknospen dabei nicht prickelnde Süße auf, sondern einen bitteren metallischen Geschmack. Brechreiz kriege ich davon keinen. Ich erschaudere ja nicht einmal mehr, ist es doch schon seit Beginn der Abschlussprüfungen quasi meine Nahrung.

Chubby Cheeks - Was sich neckt, das liebt sich ...Donde viven las historias. Descúbrelo ahora