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AMELIA

Ich fühle mich komisch, am nächsten Morgen. Timéo und ich haben, seit der Situation im Schlafzimmer gestern Abend, kein Wort mehr miteinander gesprochen. Ich war allein, als ich aufwachte, aber die zerwühlte Bettseite neben mir, verriet mir, dass er neben mir schlief. Genau das, was ich nicht wollte. Verdammt.
Den ganzen Morgen habe ich damit verbracht im Bett zu liegen, und aus den Fenstern zu starren. Paris ist eine aufgeweckte Stadt, und all die Stunden habe ich die Autos und Menschen aus dem Zimmer der Suite beobachtet. Von hier oben schauen sie aus wie Ameisen. Aber nicht mal die, konnten mich davon abhalten, daran zu denken, was mir widerfahren ist. Es frisst mich fast auf.

Ich höre die Tür sich schwungvoll öffnen. Kurz darauf dumpfe Schuhe auf dem Parkett, die sich mir nähern. Ich weiß, wer es ist, aber das lässt mich meinen Kopf nur noch tiefer unter der Decke vergraben. Was macht er hier? »Aufgestanden, eure Hoheit. Geh duschen und dann schwing deinen Arsch ins Wohnzimmer«, fordert Timéo mich auf und reißt mir ruppig die Decke vom Körper. »Hey!« Ein kalter Windzug erfasst meinen Körper und lässt mich augenblicklich frösteln. »Gib mir die Decke wieder!«, fahre ich an. Der Franzose schüttelt stur seinen Kopf. »Nix da, Prinzesschen. Bald wirst du eingekleidet für den Abend. Wasch dir die Haare, und iss was.«
»Nein«, widerspreche ich ihm. Ich habe keine Lust auf diesen blöden Abend. Ich weiß ohnehin nicht, was ich da soll.
»Hör auf damit, Amelia! Ich habe dich lang genug in Selbstmitleid suhlen lassen! Damit ist jetzt Schluss. Entweder sagst du mir endlich was für ein Problem du hast, oder ich werde dir persönlich unter die Dusche helfen«, fährt er mich zornig an. Seine schroffe Stimme lässt meinen Körper Zucken. Mein Herz rast wild, und es kostet einiges an Überwindung, mir einen Ruck zu geben und mich aus dem Bett zu erheben. »Fein!«, zische ich ihn ebenso bissig an und werfe ihm einen unausstehlichen Blick zu. Er soll ruhig merken, wie sehr ich ihn verabscheue.
»Dann gehe ich eben duschen. Denk ja nicht daran, hineinzuplatzen!«
Er lacht gehässig, als ich an ihm vorbei über die am Boden liegende Bettdecke stapfe. »Das würde mir nicht mal im Traum einfallen, chérie.«
Im Türrahmen des Badezimmers wende ich mich nochmal um, um ihm meinen Mittelfinger zu präsentieren. Doch als ich sehe, wie seine Gesichtszüge langsam entgleisen, werfe ich die Tür mit klopfendem Herzen zu und verriegele sie von innen. Schweratmend lehne ich mich gegen das Holz und atme tief durch. Das war knapp.
»Früher oder später, wird dir dein vorlautes Mundwerk noch zum Verhängnis werden, chérie. Und dein Verhalten, bestraft werden.«
Seine autoritäre Stimme schallt gedämpft durch die Tür, aber jagt mir eine Gänsehaut über den Körper. Er spricht so ruhig und bedacht, und doch so angsteinflößend, dass ich nicht an seinen Worten zweifle. Er meint jedes einzelne ernst. Und das erschreckt mich am meisten. Erst nachdem seine Schritte sich verflüchtigt haben, und stille eingekehrt ist, tapse ich mit nackten Füßen über die Fließen in Richtung Dusche. Meine Wäsche fällt zu Boden, und als meine Zehen das nasse Mosaik der Dusche berühren, gebe ich mich dem nebligen Gefühl in meinem Kopf hin, was das heiße Wasser in mir auslöst.

Eine Ewigkeit später, bürste ich mir meine feuchten Haare vor der großen Spiegelfront. Mit frischer Unterwäsche und einem der Hoteleigenen Bademäntel, schaue ich mir im Spiegel entgegen und mustere meine Wunden, während ich mir sorgfältig die Haare kämme. Meine blonden Strähnen fallen mir ins Gesicht. Sie sind inzwischen so lang, dass sie mir mühelos über die Brüste reichen. Die Spitzen hinterlassen nasse Tröpfchen auf dem Stoff des Mantels. Ich lege die Bürste neben das Waschbecken, nachdem ich fertig bin. Der Seidenstoff des Bademantels schmiegt sich weich an meine Haut und ich fühle mich wie ein neuer Mensch, nach dieser ausgiebigen Dusche. Ich mache mir nicht die Mühe, mir etwas anderes anzuziehen. Timéo sagte, man wird mich einkleiden, also wäre es Zeitverschwendung, mir etwas anderes derweil überzuwerfen. Ein letztes Mal reibe ich über das blasse Mal an meinem Unterarm, bevor ich den Ärmel zurück bis zu meinem Handgelenk schiebe und im Rahmen des Wohnzimmers innehalten.

King of Marseille | 18+Where stories live. Discover now