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Kapitel 148

Lilyanna

Ich war mir sicher, ins Nichts abgedriftet zu sein, doch als ich mich wieder daraus hervor kämpfte, hoffte ich fast, wieder zurückkehren zu können.
Mein Körper schmerzte, mein Mund war trocken und meine Kehle fühlte sich an, als bestünde sie aus Sand. Rau und körnig wie ein Reibeisen. Als wäre einer der Sandstürme aus meiner Kindheit über den Palast gefegt und ich hatte vergessen, in meinem Gemächern die Fenster abzudichten.
Doch so war es nicht. Die angenehme Wärme meines Heimatlandes fehlte, stattdessen war da nur...Frost.
Die Kälte, in meinen Gliedern, sorgte dafür, dass ich mich tiefer in die Decke vergrub und grummeln mein Gesicht fester in das Kissen kuschelte, mir die Decke bis zur Nasenspitze zog.
Warum war es so kalt? Ich mochte keine Kälte und so bitterlich waren selbst die Nächte in den Winterlanden nicht. Zumindest nicht, wenn man in so einem bequemen Bett lag. Es war, als würde diese Kälte in mir herrschen.
Der Kamin muss ausgegangen sein und Ducan sich einmal mehr seinen königlichen Pflichten hingegeben haben, denn das Fehlen seiner wärmenden Aura war nicht anders zu erklären als...
Erinnerungen überkamen mich.
Von meinem Vater, Cedrik, meiner Mutter, meinem Onkel....Kain.
Der Wirbel aus alten Kindheitserinnerungen und dem, was gerade erst passiert war, erfasste mich, ordnete sich zu einem Bild. Ein Kaleidoskop aus bunten Fragmenten, das nun ein bizarres Mosaik ergab.
Erschrocken schlug ich die Augen auf und als das Licht in meinen Augen brannte, schrie ich leise auf und drückte meine Hände auf mein Gesicht. Warum taten sie so weh? Warum fühlten sich meine Muskeln so desorientiert und unbeweglich an? Warum kam es mir so vor, als wäre alles an meinem Körper bleischwer und kalt?
Weil...
Weil ich tot war.
Die Erkenntnis riss mich aus meinem Gefühl des Unwohlseins und schlug mir einen Strudel aus purem Entsetzen entgegen. Ich war tot. Ich war... nein, nein nein...
"Lil!"
Der heisere Klang von Duncans finsterer Stimme, nahm meine Sinne ein und dann bewegt sich die Matratze unter mir und ich spürte, wie ein schwerer, männlicher Körper sich über mich schob. Einer, der mir sehr gut vertraut war, denn ich hatte ihn schon öfters auf mich gespürt. Und in mir...
"Ducan", krächzte ich und nur vorsichtig wagte ich es, die Hände von meinem Gesicht zu nehmen. Ich blinzelte gegen das Licht an, um ihn anzusehen, wiederzusehen, zu berühren, zu...
"Ducan", ich hörte, wie meine Stimme in einem Wimmern unterging. Ich begann unkontrolliert zu Schluchzen, der der Gedanke wieder bei ihm zu sein, riss mein Herz entzwei und setzte es noch in derselben Sekunde wieder zusammen. Froh, wieder bei ihm zu sein, froh, ihn zu spüren, froh, von ihm berührt zu werden.
"Shht. Es ist alles in Ordnung."
Er zog mich an seine Brust, bettete mein Ohr an seinen mächtigen Herzschlag und hüllte mich in seinen unverkennbaren Geruch ein. Ich ließ meine Augen geschlossen, weil es mich so schmerzen ließ, doch es hielt mich nicht davon ab, die sehnsuchtsvollen Tränen nachzugeben, die mich überkamen.
Alles prasselte auf mich ein, die Geschehnisse der letzten Tage, die Sache mit Kain und die Dinge, die erfahren hatte. Über die Götter, meine Eltern, Cedrik. Einfach alles.
Ich klammerte mich an den König der Winterlande und weinte, suchte Trost in seiner Umarmung und das Prickeln der Magie, die ich so sehr vermisst, hatte
Ich hatte ihn vermisst!
Mich so sehr nach seiner Nähe verzerrt und jetzt wo ich wieder bei ihm war...
"Bitte erschreck dich nicht", hauchte er mir zu und griff vorsichtig nach meinen Schultern, bevor er mich leicht von sich drückte.
Wieder blinzelte ich, schaffte es aber nicht den dunklen Schleier von meinem Blick zu entfernen, sie tränten sie fürchterlich und nahmen mir die Sicht. Doch es war mir egal. Ich wollte einfach weiter in Duncans Armen liegen und stundenlang weinen.
"Deine Augen müssen sich erst wieder daran gewöhnen, benutzt zu werden. Eugen versichert mir, das wäre normal. Wie schlimm ist es?"
Ich fühlte seine Hände an meinem Gesicht, erkannte ihn, sah ihn und war wieder kurz davor in Tränen auszubrechen, weil ich ihn so vermisst hatte.
Seine rauen Finger drehten mein Gesicht von einer Richtung in die andere, hoben mein Kinn, suchten die Antwort selbst, die ich ihn gerade nicht geben konnte, denn mein Hals zog sich immer schmerzhaft zusammen. Und als ich es schaffte einige Worte auszustoßen, waren es andere als er sie erwartete.
"ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr", hauchte ich ihn fast schon verzweifelt entgegen und kurz bemerkte ich wie er erstarrte, dann lächelte er.
Ich blinzelte das Brennen hinfort und sah, wie sein Kiefer sich trotz des freudigen Ausdrucks anspannte.
Was war los? Hatte ich was Falsches gesagt? War mein Geständnis gerade unangebracht?
Gerade als ich ihn fragen wollte, warum er plötzlich so wütend wirkte, beugte er sich zu mir herab und küsste mich so unendlich sanft, dass es mein Herz in Aufruhr versetzte.
Es war ein kurzer, keuscher Kuss und weit weg von dem, nach dem, was es mich gerade verlangte. Von den Bedürfnissen, die in meinem Körper prodelten und die sich davon nicht genährt fühlten. Doch das würde ich ändern.
Ich wollte ihn näher zu mir ziehen, ihn schmecken, ihn spüren, sein kehliges Stöhnen hören, wenn er sich in mir ergoss. Ich brauchte ihn. Körperlich, seelisch. Wollte diese alles einnehmende Verbindung in uns spüren, die entstand, wenn wir uns so nahekamen. Die Magie, die dann zwischen uns knisterte, denn ich besaß sein Herz und der das meine.
Das plötzliche Bedürfnis, ihn derart zu besitzen, überrollte mich wie ein Lawine und das Klopfen in meinen Schoß brachte mich dazu, meine Hand auf meinen Bauch zu legen und...
Meine Finger ertasten eine Wölbung, eine, die definitiv vorher nicht dagewesen war, die definitiv vorher...
"Scht, ganz ruhig. Nicht erschrecken. Du warst lange weg, Lil. Und dein Körper hat..."
"Ich bin schwanger", entfuhr es mir, während ich die noch sehr zierliche Kugel betrachtete. Ducan nickte und dann räusperte sich jemand neben mir.
Erschrocken entdeckte ich Eugen und Angesicht der Tatsache, dass ich hier in einem Leinennachthemd saß, und drauf und dran gewesen war auf den Schoß des Winterkönigs zu rutschen, um mein körperliches verlangen nach ihm zu stillen schreckte ich zusammen und zog die Decke beschämt über mich.
Was war nur in mich gefahren? Bei den Göttern. Dann wurde der Schock über mein Benehmen, vor unwilligen zeugen von dem anderen Schrecken ersetzt. Oder...kein Schrecken nur...
Meinen Babybauch.
Ich war schwanger.
Ich erwartete ein Kind. Sein Kind. Ducan und ich, wir bekamen ein Kind.
"Ihr seid ungefähr im vierten Monat, Hoheit, aber ich müsste es langsam angehen lassen. Euer Körper hat lange geruht und das hat seine Spuren hinterlassen", meinte der Magier und stellte eine ganze Galerie an Tinkturen neben dem Bett auf den Tisch.
Ich blinzelte überfordert und wandte mich wieder an Ducan, der nach einer Tagesdecke griff und sie zusätzlich über meine Schultern zog.
"Ich bin so froh, dass du endlich wieder aufgewacht bist, ich befürchtete...", er schluckte , "es wäre umsonst gewesen", meinte er, aber noch immer verstand ich gar nichts.
Im vierten Monat? Der Sturz aus dem Fenster war nur wenige Tage her, keine Monate. Kain hatte eine Andeutung gemacht, ich wäre schwanger aber... es passte zeitlich dennoch nicht.
"Ich erinnere mich nicht an diese Monate", meinte ich und legte meine Hand erneut auf meinen Bauch, ein Bauch, indem mein Kind heranreifte. Meines und Ducans. Das Kind des Königs der Winterlande und einer Sommer-Prinzessin, ein Kind, das die Sommerlande regieren sollte.
"Schon okay, du musst erschöpft sein, bitte versuche einfach die nicht zu überanstrengen.", meinte Ducan und reichte mir einen Kelch, in dem eine durchsichtige Flüssigkeit schwamm. Wasser.
Hastig griff ich danach, um meine Kehle zu benetzen und dann überkam mich noch ein weiteres ungezügeltes Verlangen. Ich hatte Hunger. Ich hatte einen so schrecklichen Hunger, dass ich das Gefühl hatte, gleich zu sterben, wenn ich nicht sofort etwas zu essen bekam.
"Essen. Bitte", meinte ich und Ducans Mundwinkel zuckten während er Eugen zunickte und dieser sich stumm davon machte und hoffentlich mit einem ganzen Schwein zurückkam, denn wenn nicht, würde ich ihn braten und verspeisen!
Hunger hatte mich schon immer übellaunig gemacht und jetzt, mit diesem Königskind in mir und der ganzen Verwirrung, die ich verspürte, war Essen etwas, auf das ich mich gerne fokussierte.

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Derzeit läuft ein Gewinnspiel auf meinem Instgramaccount, wobei auch eine Hardcoverausgabe von meinem Buch verlost wird. schaut gerne vorbei ^^

https://www.instagram.com/p/C3TWWuuM6iT/

Chroniken der Winterlande Band 1 & 2Where stories live. Discover now