𝟎𝟏𝟔 | 𝑑𝑎𝑡𝑒 𝑛𝑖𝑔ℎ𝑡 (𝑝𝑙𝑢𝑠 𝑎 𝑐𝑟𝑎𝑧𝑦 𝑒𝑥 𝑙𝑜𝑣𝑒𝑟)

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L U C I A N A

Der Flug dauerte nicht lange, weniger als eine Stunde. Ganz zu meinem eigenen Glück, weil ich trotz all meiner Bemühungen ein hoffnungsloses Nervenbündel war. Es war so, als würde mein Herz wissen, dass ich ihm vertrauen konnte, aber mein Kopf wollte einfach nicht mitspielen. Ich habe mir so lange eingeredet, dass er nicht mehr auf meiner Seite war, es nie gewesen ist, dass sich diese Glaubenssätze zu tief in mir verankert haben.

Das war schon immer eine meiner größten Schwächen. Es fiel mir nur zu leicht, jemanden als den Feind in meiner Geschichte zu verurteilen. Vertrauen hingegen baute ich nur sehr hinreichend auf. Es war ein Schutzmechanismus, der darauf zurückzuführen war, dass mir eines der wichtigsten Fundamente der Kindheit fehlten. Und nun ja, der Missbrauch hat mich schlichtweg noch mehr verkorkst.

Ich habe verzweifelt nach einer Antwort gesucht, weshalb er nach einem Jahr, nach zwei Jahren immer noch nicht zu mir zurückgekehrt ist, obwohl ich wie versprochen auf ihn gewartet habe. Und es war leichter ihn plötzlich als den Bösen zu skizzieren, als die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass er mich nicht mehr wollte, weil ich schmutzig war. So habe ich mich nämlich jeden Tag gefühlt in den Monaten danach. Die meiste Zeit tat ich es wahrscheinlich immer noch, nur bemerkte es bewusst nicht mehr, weil ich mich so sehr daran gewöhnt habe.

Du bist wirklich durch, Lu. Ein absolutes Chaos.

Am Flughafen stand wie erwartet schon ein Auto für uns bereit, als wir landeten. Ein schwarzer Audi, der natürlich meinem Exfreund gehörte. Er hat mir auf dem restlichen Flug erklärt, dass er öfter geschäftlich in der Stadt war und dementsprechend ein eigenes Penthaus und Wagen hier hatte. Nicht, dass es mich unbedingt wunderte. Er hatte genug Geld um in wahrscheinlich jeder Stadt der Vereinigten Staaten einen Wohnsitz zu haben.

Nachdem er mir die Beifahrertür aufgehalten und sichergestellt hatte, dass ich angeschnallt war, fuhr er schließlich los. Er hat es schon immer bevorzugt selbst zu fahren, anstatt sich chauffieren zu lassen. Und ich war immer froh darüber gewesen, weil ich diese Art von Privatsphäre auch lieber mochte. Früher hat er jedes Mal seine Hand auf meinen Oberschenkel gelegt, mich mit seinen Fingern geneckt, während ich nur daran denken konnte, wie unfassbar sexy er aussah, wenn er das Fahrzeug einhändig lenkte. Wahrscheinlich erklärte das auch, weshalb wir so oft Sex in seinem Auto hatten.

Oh Gott, wag es ja nicht jetzt an Sex zu denken, Lu!

Wenigstens war dieser Wagen neu und noch nicht Sex-beschmutzt von uns — was natürlich auch so bleiben würde.

Die Fahrt über blieb ich still und starrte bloß schweigend aus dem Fenster, während die funkelnden Lichter der Nacht an mir vorbei rauschten. Meine Gedanken kreisten ausschließlich um das herum, was Kill mir vorhin erzählt hat.

Es sollte mich gar nicht überraschen. Mir war immer bewusst, dass mein Vater und Valentinos Familie ein sehr hohes Interesse an mehr als bloß einer geschäftlichen Beziehung hatten. Ich wusste nur nicht, dass ich dabei die wichtigste Schachfigur war.

Beim Schach hatte die Dame die Aufgabe den König zu schützen, was sie meiner Meinung zur stärksten Figur machte — und nicht den König. Nichtsdestotrotz gab es viele Spieler, die diese Wichtigkeit unterschätzten und ihre Dame demnach voreiligen opferten um zu gewinnen. Es war eine Taktik, die offensichtlich auch mein Vater nutzte; risikofreudig und ohne Rücksicht auf Verluste.

Was er allerdings immer noch nicht zu begreifen schien, war, dass ich keine Schachfigur war, die man herumschieben konnte. Er konnte mich verkaufen, aber ich würde dafür sorgen, dass sein Königreich unter diesem Opfer zusammenfiel. Denn das Spiel mochte zwar mit dem Fall des Königs enden, aber es war die Dame, die einen zum Sieg führte — oder eben zur Niederlage.

𝐓𝐇𝐄 𝐃𝐄𝐕𝐈𝐋'𝐒 𝐃𝐄𝐀𝐋 | 𝐵𝑜𝑜𝑘 𝑡𝑤𝑜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt