In der Schule

41 11 8
                                    

Es ist eine Supplierstunde. Wir sollten Deutschaufgaben machen, doch lieber schreibe ich. Anne Frank haben wir gelesen. Wir sollen eine Figurencharackterisierung über sie schreiben, ein Porträt von ihr zeichnen. Doch eine Figurencharackterisierung über eine Person, die echt gelebt hat - ist das nicht eine Personenbeschreibung?
Zeichnen kann ich nicht - nicht schön, jedenfalls. Und was hat das mit Deutsch zu tun? Wir sollen einen Brief an sie schreiben, doch Anne wird ihn nie lesen. Stattdessen unser Deutschlehrer. Wir sollen ein Soziogramm - ein Personenverzeichnis- erstellen und... okay, das habe ich gemacht.
Doch anstatt jetzt weiterzumachen starre ich aus dem Fenster auf die große Eiche, die bereits Blätter trägt. Der Frühling hat gerade erst begonnen, doch hat es bereits 25°C. Trotz den geschlossenen Fenstern höre ich Vogelgezwitscher. Eine Amsel zwitschert - ich bin mir ganz sicher, dass es eine Amsel ist.
"Paula!", höre ich, wie jemand meinen Namen sagt. Es ist Isabelle, die neben mir sitzt.
"Was machst du?", will sie wissen und schaut auf mein Handydisplay.
Ich lächle ihr zu.
"Ich schreibe.", knappe Antwort, aber sie weiß, dass ich das öfters tue. Ich sehe auf ihr Blatt. Isabelle ist beschäftigt mit dem Porträt von Anne Frank - Sie hat gerade mal die Augen gezeichnet und ist jetzt bei der Nase. Doch ich weiß, dass es, wenn es fertig ist, wunderschön aussehen wird.
"Schau mal", sagt sie jetzt, "Die Nase. Eigentlich ganz gut, aber zu weit links."
Ich lache. "Oh, voll schön, aber.... ja"
Isabelle nimmt meinen Radiergummi. Als sie die Nase wegradiert hat, sage ich: "Ooooh, die arme Nase!"
Es ist laut. Fast niemand macht deutsch, alle reden oder sind am Handy. Doch über letzteres kann ich mich nicht aufregen, denn ich sitze selbst vor meinem Handy und schreibe. Doch warum eigentlich? In meiner Schultasche ruht mein Laptop, wartet sehnsüchtig darauf, benutzt zu werden. Doch ich bin zu faul und bleibe lieber beim Handy.
Eigentlich hätte ich heute Geschichte Referat, doch Geschichte entfällt. Nein, eigentlich hätte ich es schon letztes Mal gehabt, aber da ist Geschichte auch entfallen. Das Mal davor wollte ich es auch schon halten, aber die Zeit hat nicht gereicht. Drei Mal. Drei Mal habe ich darauf gewartet, dass es endlich vorbei sein würde. Drei Mal vergebens. Naja, dafür haben wir heute nur vier Stunden Schule.
Niemand mag Frau Professorin Glöckner, unsere Geschichtslehrerin. Aber selbst schuld, wenn sie so unfair zu uns ist. Selbst schuld, wenn sie Referate unterschiedlich streng benotet. Selbst schuld, wenn sie sich aufregt, wenn wir für eine bessere Welt kämpfen wollen. Selbst schuld.
Ich merke, wie Isabelle und Vroni neben mir miteinander zu reden beginnen.
Ich schaue auf.
"Was machst du?", frage ich Vroni.
"Figurencharackterisierung", antwortet sie, "und du?"
Ich räuspere mich. "Schreiben."
Vroni lächelt mich an. "Und was?"
"Meine Geschichte. Auch ihr beide kommt vor. Aber irgendwann wird es nicht mehr war sein. Magie wird vorkommen... mystische Wesen.... vielleicht."
Vroni lacht. Isabelle lacht. Ich lache.
"Ach nein, Paula", beginnt Isabelle, "Ich glaube schon, dass es Magie gibt."
Ihrem Tonfall ist anzuhören, dass sie es ironisch meint. Doch ich zucke mit den Schultern.
"Wer weiß?", versuche ich mit möglichst.... spannender? gruseliger?.... Stimme zu sagen.
"Guuuuut, dann ein schönes Wochenende.", reist unser Chemielehrer, Herr Professor Weiß mich aus meinen Gedanken.
Ich schaue auf und blicke zu unserer Klassenuhr. Und tatsächlich. Es ist bereits viertel vor 10.
Eine Melodie, die uns allen allzu bekannt ist, durchdringt die.... nicht ganz so leise Klasse. Die Schulglocke.
Ich will mein Handy einpacken, doch Isabelle hält mich auf.
"Darf ich's lesen?", fragt sie.
Ich reiche ihr mein Smartphone und schaue ihr über die Schulter, als sie einige Sätze korrigiert.
"Du hast viele Rechtschreibfehler!", lacht sie.
Normalerweise bin ich es, die ihre Texte verbessert.
Ich zucke mit den Schultern.
"Habe es halt nicht mehr durchgelesen!"

Die Pause ist vorbei, Musik beginnt. Danach haben wir Religion und dann aus, weil Geschichte ja entfällt.
"Handy weg!", zischt mir Clara zu.
Doch wer ist Clara? Keine Sorge, das werdet ihr bald erfahren. Aber wenn ich mein Handy jetzt nicht einpacke, dann wird die Musiklehrerin es mi.....

An den Grenzen der Realitätजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें