71. Hitze

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Hitze

Etwas kitzelte Marie an der Nase. „Hey, Schlafmütze!". Felix lachte. Sie machte die Augen träge auf. Irgendwas wackelte da auch in ihrem Sichtfeld. Sie stellte den Blick scharf und entdeckte, keine fünf Zentimeter vor ihrer Nase, einen Grashalm, den Felix, an den sie sich gelehnt hatte, offenbar in der Hand hielt. „Biste echt eingepennt, wa?"

Leise stöhnend schob Marie sich zurecht und richtete sich langsam auf. Die Sonne schien und der Wind blies angenehm. Sie saßen auf einer Bank, von der aus man eine beeindruckende Sicht über den Silsersee hatte. Nur dass Marie in den letzten geschätzt fünfzehn Minuten nichts gesehen hatte. „Ich bin ständig so müde gerade", sagte sie entschuldigend.

„Na, is doch okay. Meintest doch, das ist normal. Aber irgendwann müssen wa ja wieder runter. Morgen fahren wir schon zurück."

„Ja, leider." Marie seufzte und kuschelte sich erneut an Felix. „Ist so schön hier. Und so angenehm hier oben. Hätte ich nicht gedacht, dass man so in den Bergen ner Hitzewelle entgehen kann."

„Ja, war schon gut, dass wir den Urlaub geteilt haben."

„Mhm", stimmte Marie ihm zu. Die erste Woche hatten sie auf Korsika verbracht. Wunderschön, aber zum einen schon sehr überlaufen, weil die Sommerferien gestartet waren, und zum anderen an manchen Tagen so unerträglich heiß, dass sie sich kaum aus dem Ferienhäuschen getraut hatten. Dann waren sie in die Alpen gefahren. Den Winter hatten sie hier in der Gegend schon einmal erlebt. Jetzt im Sommer war die Landschaft eine völlig andere, die Stimmung ebenfalls. So oder so war es aber wunderschön und sie waren in den letzten Tagen viel gewandert. Allerdings hatten sie immer wieder Pausen einlegen müssen, weil Marie regelmäßig das Verlangen nach einem Mittagsschläfchen überkam. Wobei das nicht unbedingt nur um die Mittagszeit passieren musste. „Hast du noch Sonnenmilch?" Sie nahm ihre Sonnenbrille ab.

„Klar." Felix reckte sich und nahm das Gewünschte aus seinem Rucksack. „Soll ick dich eincremen?"

„Na, mein Rücken ist ja bedeckt. Nur meine Nase, aber das krieg ich selbst hin."

„Ja, klar." Felix ließ einen Klecks von der Milch auf seine Finger tropfen.

„Hey!" Marie lachte und verzog das Gesicht, das Felix ihr ungefragt eincremte. „Das kann ich selber!" Sie lachte weiter und kniff die Augen zu.

„Hier! Mach du bei mir!" Er hielt ihr grinsend die Sonnenmilch hin.

Marie nutzte die Chance auf Revanche und tupfte ihrem Mann sanft die Creme ins Gesicht. „Bleibt immer im Bart hängen", murmelte sie und schnalzte mit der Zunge.

„Der kommt wieder ab, wenn wa in Berlin sind", erklärte Felix.

„Warum? Du wolltest doch wachsen lassen."

„Ja, aber nervt mich gerade nur noch. Und die Hoffnung auf nen richtig dichten Vollbart hab ick eh aufgegeben."

„Hm." Marie nickte zögerlich. Ein großer Fan von seinem Bart war sie nie gewesen. Dafür kratzte er zu sehr. „Na ja, musst du wissen. Ich liebe dich mit und ohne Bart."

„Na, dit will ick och schwer hoffen."

Marie reichte ihm die Sonnenmilch und ließ sich gegen die Lehne sinken. Sie wollte bloß nicht wieder einschlafen. Felix legte einen Arm um sie und sie schauten beide eine ganze Weile über den See und in den blauen Himmel. „So schön", sagte Felix leise. „Und früher hab ick dit oft nicht so hinbekommen: im Urlaub auszuspannen. Aber hier? Und mit dir? Einfach mal nichts tun. Geht auch."

„Ja." Marie lächelte. „Und bald haben wir ja wieder genug zu tun. Du legst wieder mit der Comedy los. Ich muss sehen, dass ich die Lesereise hinbekomme..." Sie streckte ihre Arme, dehnte ihre Muskeln.

Grace Notes (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt