20. Kapitel

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Es war zu unserer Angewohnheit geworden, Seite an Seite durch Godric's Hollow zu streifen. Wir taten das leidenschaftlich gerne, aber plötzlich blieb Albus stehen. "Whoa.", stieß er leise aus und wich einen Schritt in die Schatten zurück. "Was ist?", fragte ich, genauso leise. "Da vorne sind Ari und mein Bruder. Wenn es nur Ari wäre, wäre es mir egal, aber wenn mein Bruder uns zusammen sieht, haben wir einen Doppelmord.", erklärte er. "Deine Schwester ist hier?", hakte ich nach. Albus nickte, seine leuchtend blauen Augen richteten sich auf meine zweifarbigen. "In den letzten Tagen ist sie sehr stabil, deswegen können wir es momentan 'riskieren', sie mit raus zu nehmen." Achso. Ja. Das ergab Sinn. Auch Obscuriale waren nicht immer gleich instabil. Es gab Phasen der Stabilität, auch wenn die natürlich seltener waren als die Instabilität. Seltener, aber vorhanden. Wir standen in einer Ecke und ich wagte es in meiner Neugier, einen Blick aus unserem 'Versteck' zu werfen. Natürlich sah ich Albus' Bruder sofort und hinter ihm... sie. Blonde Haare, blaue Augen. Für einen Moment wusste ich nicht, ob es Gina oder Ariana war.
Gellert! Gellert, bitte! Hilf mir! Gellert!
Der Schmerz kam mit voller Intensität zurück, grub sich gnadenlos in meine Seele. Nein. Nein. Nicht jetzt. Zum Glück war ich mittlerweile ein Meister darin, so zu tun, als sei alles in allerbester Ordnung und so zog ich mich wieder in die Schatten zurück, sah Al an und sagte: "Ich spüre, dass sie... anders ist. Es ist diese zerbrechliche, fragile Aura, die sie umgibt." "Anders. Ein sanfter Weg, es zu sagen.", murmelte er. Ich schenkte ihm ein sanftes Lächeln das so überhaupt gar nicht zu den schmerzenden Flammen passte, die in mur wüteten. Aber das wusste er nicht. Er durfte es auch nie wissen, durfte nie wissen, dass Gina-... Warum eigentlich? Was sprach dagegen, dass ich es ihm sagte, wenn ich so weit war? Du wirst es nie sein. Stimmt. Würde ich nie. Gina war mehr, als mein wunder Punkt, als eine Schwachstelle in meiner Kälte. Sie war der eine Punkt, von dem aus alles zusammenfallen konnte. Der Schmerz ließ mein Blut brennen, mein Unterbewusstsein vermischte Ginas Gesicht mit Arianas und ließ nur einen Schluss zu: Rette sie. Du hast schon einmal versagt. Mach es besser. Würde ich. Musste ich. Ich musste es besser machen, sonst würde der Schmerz meine Seele auffressen bis ich nichts mehr war außer ein vollkommen wahnsinniges Wesen - sofern so etwas wie Vernunft in meinem Kopf überhaupt noch existierte. "Wir werden sie retten, Al. Vor dem Obscurus.", sagte ich leise. "Warum willst du das so unbedingt?", flüsterte er. Wieder lächelte ich, obwohl es eigentlich immer noch so gar nicht zu meinem Gemütszustand passte, rückte näher zu ihm und strich ihm zärtlich über die Wange. "Weil ich dich liebe, Al. Weil ich dich so sehr liebe, wie ich noch nie irgendjemanden geliebt habe. Um deinetwillen." Und um meinetwillen, Al. Weil ich sonst innerlich sterbe, wenn ich noch einmal versage. Weil ich mich dann umbringe. Weil ich es nicht. Ertragen. Kann. Zu. Ver-sagen. Er seufzte leise, schmiegte seine Wange an meine Hand und seufzte noch einmal. "Okay. Ich glaube dir. Aber wir tun es auch für Ari, nicht?" "Natürlich.", erwiderte ich sofort und meinte es auch so. "Wir tun es für sie und für dich. Für euch beide, Al."

Du hast schon einmal versagt.
Du hast schon einmal versagt.
Du hast schon einmal versagt.
Ja, hatte ich. Ich hatte genug von diesem ständigen Vorwurf, den mein Unterbewusstsein mir machte. Ich wusste, dass ich Gina im Stich gelassen hatte! Ich wusste, dass ihr Tod meine Schuld war! Ich wusste es doch! Und es zerriss mich, zerfetzte meine Seele, bis ich nichts mehr spürte, außer Schmerz. Warum hatte mich das Zweite Gesicht eigentlich nicht gewarnt? Überhaupt, es verhielt sich in den letzten Monaten sehr still. Mal eine Mini-Vision hier, ein vages Gefühl da. Aber eine richtige Vision, aus der ich Schlüsse ziehen konnte? Nichts. Null. Rien. Нищо. Einfach gar nichts. Es frustrierte mich und trug nicht unbedingt (überhaupt nicht) dazu bei, dass ich mich in irgendeiner Weise besser fühlte. Das Zweite Gesicht war seit acht Jahren mein Begleiter gewesen, aber seit Gina gestorben war, meldete es sich nur noch ab und an, wie ein Brieffreund, der alle drei Monate einen halbseitigen Brief schickt. Das war doch nicht zum Aushalten, mal im Ernst! Und jetzt auch noch Ariana... Ich hatte vorhin nur einen Blick auf ihr Gesicht erhaschen können, aber schon allein die blonden Haare (wenn auch keine Locken, wie bei Gina, sondern nur leicht gewellt) und die himmelblauen, himmelblauen, Augen, machten es mir vollkommen unmöglich, nicht an Gina zu denken. Es war, als hätte ich eine Art Verwandte von Gina getroffen. Entschlossenheit machte sich in mir breit. Ich hatte Gina nicht retten können und die Erinnerung daran würde mich so lange jagen, bis ich tot war. Immer noch hatte ich es vor mir, fühlte immer noch, wie sie mir entrissen wurde und ihre Rufe nach mir in Entsetzensschreie übergingen. Weil diese Muggel sie verg-... hatten. So bestialisch, so abscheulich, so... animalisch. Muggel. Mein Hass mischte sich mit meinem Schmerz, bohrte glühende Klingen in meine Rippen, bis ich das Gefühl hatte, schreien zu können von all dem, was in meiner Seele hinter Schloss und Riegel war. Aber nein. Ich durfte den Damm nicht brechen lassen. Um keinen Preis.

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Loveless || Gellert Grindelwald FFOù les histoires vivent. Découvrez maintenant