Chapter 5

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Lucien gab ein leises Knurren von sich, wir erhoben uns einheitlich und bewegten uns in die Richtung. Wölfe, beziehungsweise alle Werwesen, hatten ein feines Gespür für alles, was die natürliche Atmosphäre störte. Dennoch konnte ich mir nicht erklären, woher das kommen sollte. Es gab zwar vereinzelt Menschen oder andere Wesen die Magie ausüben konnten, doch Werwesen gehörten eigentlich nicht dazu. Ich schnupperte. Es roch nach Qualm. Ich sah ein winziges Glimmen, das immer näher zu kommen schien in der Luft. "Runter!", schrie ich und packte Lucien am Arm. Mit einem überraschten Aufkeuchen ging er mit mir zu Boden. Haarscharf flogen zwei brennende Pfeile knapp über uns hinweg und bohrten sich in den Waldboden hinter uns. "Fuck", fluchte der Kerl neben mir und blieb ebenso wie ich reglos liegen. "Verdammt", murmelte ich, als ich mich nach den Pfeilen umsah. "Was?", fragte er und folgte meinem Blick. "Silberspitzen. Diese scheiß Pfeile haben Silberspitzen!", grollte ich und Wut durchströmte meinen Körper. Da hatte es wirklich jemand auf unser Leben abgesehen. Hätte uns einer dieser Pfeile an der richtigen Stelle durchbohrt, wären wir Geschichte gewesen, und auch so waren die Dinger eine richtig schmerzvolle Angelegenheit. "Jäger?", fragte Lucien leise und ich schüttelte den Kopf. "Wir waren unauffällig. Wie sollten sie uns gefunden haben? Außerdem, das war ein schwarzmagischer Zauber. Der Schütze muss so weit weg gewesen sein, dass wir ihn nicht riechen konnten, und die Magie hat er auf uns zielen lassen." Ich fixierte den Wald. "Das heißt, jede Sekunde könnte ein neuer Pfeilhagel kommen." Lucien setzte sich vorsichtig auf und reichte mir eine Hand. "Holen wir uns den Scheißkerl", meinte er auffordernd und in seinen dunklen, schönen Augen blitzte es gefährlich. Mein innerer Wolf scharrte in seinem Käfig und jaulte. Ich ergriff seine Hand und schenkte ihm ein wildes Grinsen. "Deine Einstellung gefällt mir. Treten wir diesem Feigling in den Arsch."

Keine Minute später hatten wir einen Plan und befanden uns schon auf vier Beinen, da im Moment keiner von uns richtige Waffen bei sich trug. Jeder schlich sich von einer Seite an, wobei er etwas hinter mir zurück blieb. Wir kamen langsam näher und ich fragte mich bereits, warum uns keine Pfeile mehr entgegen geflogen waren, da glomm wieder ein Funken auf. Ich wappnete mich, in Erwartung einem Pfeil ausweichen zu müssen. Dummerweise war es kein Pfeil, sondern ein riesiger Feuerball, der auf mich zugerast kam. Uh, fuck. Ich rannte los, auf den Ball zu, meine Gedanken drehten sich im Kreis. Ich handelte nur aus Intuition, und ich glaube genau das rettete mir das Leben. Als ich begann, die Hitze zu spüren, wie sie drohte, mein Fell zu versengen, machte ich einen gezielten Hechtsprung zur Seite. Die Magie des Feuerballs ließ diesen noch einen Satz in meine Richtung machen und ich jaulte vor Schmerz auf, doch er zerschellte an einem Baum hinter mir. Fuck. Dennoch roch es überaus vereinnahmend nach verbranntem Fell und meine komplette Schulter schmerzte. Ich winselte. Da sah ich, dass Lucien wie ein schwarzer Schatten auf mich zugerannt kam, geduckt in Erwartung weiterer Angriffe. "Alles okay?", fragte er, schnupperte und legte den Kopf schief. Seine gelben Augen waren trügerisch ruhig. Knurrend blickte ich ihm entgegen. "Ja, irrsinnig. Ich könnte Bäume ausreißen nachdem ich gerade von einem verdammten Feuerball gestreift wurde! Wo zur Hölle warst du so lange?" Er knurrte. "Ich habe ein Nickerchen gemacht, was sonst!" Er verdrehte die Augen. Sah als Wolf recht seltsam aus. "Ich habe diese Hexe verfolgt, sie hat den Feuerball geworfen und ist dann um ihr Leben gerannt. Ich hätte sie fast erwischt, aber dann war sie auf einmal weg." Ich schnaubte. "Kerle. Zu nichts zu gebrauchen", murmelte ich vor mich hin und begutachtete meine Verletzung. Naja, angekokelt, aber würde schon wieder heilen. "Wir sollten dich zu deinem Rudel bringen", brummte er missmutig. "Das krieg ich noch allein hin!", zischte ich angriffslustig und er legte die Ohren an. Vielleicht wurde ich minimal aggressiv wenn ich Schmerzen hatte. Minimal. "Gehen wir einfach", seufzte er und schüttelte sein schwarzes Fell. Leise vor mich hin schimpfend lief ich voraus, durch den Wald. Inzwischen brannte meine Schulter wie Feuer - Ironie des Schicksals. Ich beschloss, Lucien einfach mit zu nehmen, ihn einfach so im Wald stehen lassen konnte ich ja schlecht, auch wenn mich der Gedanke reizte.

Als wir den Garten erreichten, verwandelte ich mich zurück und verbiss mir einen unterdrückten Fluch. "Komm schon", teilte ich dem grummeligen schwarzen Wolf neben mir mit. "Ich lass dich nicht ins Haus, wenn du so nach nassem Hund riechst." Auch wenn ich ihn in meiner menschlichen Gestalt nicht verstehen konnte, sein Ich-töte-dich-wenn-du-nicht-die-Klappe-hältst-Blick sprach Bände, damit hätte man eine ganze Bibliothek pflastern können. Er nieste, wie um sein Missfallen zu unterstreichen, wurde aber brav wieder zum Menschen. "So ists fein. Und jetzt, benimm dich", meinte ich zuckersüß und mit einem möglichst mädchenhaften Wimpernaufschlag. Als würde mir das irgendwer abkaufen. "Dess", warnte er mich mit einem Blick, der mich sofort hätte in Flammen aufgehen lassen müssen. Aber das war ich ja heute schon. Haha. Verdammter Mist, tat meine Schulter weh. "Jaja, ist ja gut. Gehen wir rein", winkte ich ab. Ich öffnete die Terrassentür und ließ ihn hinter mir eintreten. Im Wohnzimmer befand sich nur Leroy, der tief in seine Lektüre - den Koran - vertieft war. So eine Phase von ihm. Sah wirklich göttlich aus, grüner Iro und dann der Koran. Sicherlich war er diesmal der Moslem des Monats. Als ich die Tür schloss, sah er hoch und hob eine Augenbraue. "Dein neuer Freund, Dess?"
"Haha. Du bist wiedermal irrsinnig witzig. Lucien, das ist Leroy, Klugscheißer vom Dienst und der Hauspastor. Oder so."Ich malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft. Leroy grinste. "Das heißt Imam, aber vielen Dank auch. Und das ist dann also der Streuner, den du aufgelesen hast?" Ich wedelte mit der Hand. "Mir egal, unnütze Information. Ja, das ist er. Kannst du vielleicht Emma holen, oder Jane? Irgendwer muss mich wieder zusammenflicken." Er musterte mich aus braunen Augen und nickte, legte sein Buch zur Seite und lief an mir vorbei. "Und wo ist sein Sixpack?", fragte er noch gerade so, als er aus der Tür heraus ging, und auch laut genug, dass es Lucien mitbekam. Verdammtes übersinnliches Gehör! Ich konnte noch sein dämliches Grinsen sehen, bevor er aus dem Raum verschwand. "Ich töte ihn", murmelte ich. "Ich töte ihn!" Lucien hielt mich am Arm fest, als ich Leroy nachsetzen wollte. "Deine Schulter", erinnerte er mich, aber ich übersah weder das amüsierte Zucken seiner Mundwinkel, noch das belustigte Funkeln in seinen Augen. "Fahrt doch alle zur Hölle", jammerte ich und ließ mich auf den Sessel fallen, auf dem Leroy zuvor gesessen hatte. "Nah. Die wollten mich auch nicht", gab Lucien trocken zurück und ich musste unter Schmerzen lachen. So fand uns Nate vor, der plötzlich ins Zimmer gestürmt kam. "Hat er dir das angetan?", donnerte er und funkelte Lucien böse an.

Wolf Pack - Completely InsaneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt