Dramatischer Abschied

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,, Du gehst nirgendwo hin!", donnerte die stimme ihres Vaters auf Jessica nieder. Sichtlich unbeeindruckt stopfte sie weiter Sachen in mehrere Handtaschen. ,, Wenn ich weg bin, kannst du dich in ruhe zu Tode saufen, also sei froh." Innerlich freute sie sich ungemein über das baldige verschwinden von hier, aber äußerlich kochte sie vor Wut über. Was machte ihr Vater immer noch in ihrer Wohnung? Wie konnte er auch nur annähernd denken, ihr etwas vorschreiben zu können? Er hatte sie jahrelang geschlagen und sich nicht im geringsten um seine einzige Tochter, sein einziges Kind, gekümmert. Vater, Papa, Dad. Das waren nur leere Worte für Jessica. Sie hatten keine Bedeutung für sie, sie konnte niemanden mit ihnen identifizieren. Ohne weiter auf das niveaulose, dumme Geschwätz ihres Vaters zu achten, schulterte sie die Taschen, deren Anzahl sich, wie sie bemerkte, auf fünf Stück beschränkte und verließ ohne ein weiteres Wort zu verlieren ihre Wohnung. Mit dem Schritt über die Tür Schwelle begann für Jessica ein neues Leben. Sie richtete sich auf, um ihrem Gefühl Bedeutung zu geben, um jedem zu zeigen, dass sie jetzt nicht mehr die kleine Jessica war, sondern eigenständig ein Leben mit Lukas zu Stande bringen würde. Obwohl sie sich sicher war, die Haustür beim gehen geschlossen zu haben, hörte sie das vertraute klicke noch einmal. Irritiert drehte Jessica sich um, nur um in das vor zorn gerötete Gesicht ihres Vaters zu sehen. ,, Du bleibst hier!", rief er. Seine Stimme klang wie die eines verrückten Massenmörder. Unwillkürlich zuckte sie zusammen. Jessicas Körper war schlank, geradezu dünn, als dass man vermuten könnte, dass einige Muskeln unter ihrer blassen haut darauf warteten einen Schlag abzuwehren, der nicht lange auf Sich warten ließ, da ihr Vater seine Hand mit geübter Präzision und Härte auf Jessicas Gesicht niederfahren ließ. Zumindest war dies seine Absicht, denn sein schlag sollte nie das bewirken, was er beabsichtigte. Jessica war dieses mal, dieses eine mal, schneller und blockte den Schlag ab. Verblüfft blieb ihr Vater stehen und richtete seine kleinen Augen auf seine Tochter, um sie mit einem stechenden Blick zu durchbohren. Jessicas Eingeweide krampften sich schmerzhaft zusammen. Dieses mal wollte sie den Zorn ihres Vaters nicht ertragen. Sie würde es nicht dulden! Nicht heute! ,,Du hast dich... einer Respektsperson widersetzt! Du wirst wohl übermütig!",die Worte ihres Vaters steigern sich von einem flüstern zu einem Mark erschütternden brüllen. Mit dem Mut der Verzweiflung und dem wissen, dass die ganzen Jahre, die Situation, bald Vergangenheit sein würden, holte Jessica für den letzten Satz, den sie zu ihr Vater Sprechen sollte, Luft:,, Vor Dir Kann man keinen Respekt haben! Geh zum Psychiater und lass dich behandeln, vielleicht siehst du dann deine scheiß Fehler ein!" Noch während sie sprach, fuhr Lukas vor die einfahrt, in der Jessica ihren Vater nun schreiend zurückließ. Ohne auf die Worte zu achten, die seinen mund verließen, zeigte sie ihm den Mittelfinger, ohne sich umzudrehen. Mit einem knall zog sie die Autotür zu, schmiss ihre Taschen auf den Rücksitz und legt erst einmal ihr Gesicht in die Hände, bevor sie Lukas umarmte. ,, Das sah mal nach einem dramatischen Abschied aus", stellte Lukas mit einem leichte lächeln fest, was Jessica nur mit einem verächtlichen schnauben beantwortete.

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