115 - geh nicht - Liv

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- Mittwoch, 31.07.2024 - Würdest Du's Nochmal Tun?/Tom Twers -

Mit einem flauen Gefühl im Magen tigerte ich hinter den geschlossenen Türen auf und ab. Ich wusste nicht, wie ich gleich mit dem Wissen Juri gegenübertreten konnte, dass ich ihn mit meinem nächsten Vorhaben verletzen konnte. Eigentlich brauchte ich doch nur Gewissheit. Gewissheit, dass meine Gefühle erwidert wurden. Gewissheit, dass wir eine Zukunft miteinander hatten. Dann wäre Martin für mich Geschichte.

Martin war die sichere Option. Er wäre gut zu mir. Und das wusste ich genauso wie alle anderen. Doch eigentlich war 'sicher' noch nie etwas gewesen, womit ich mich zufriedengegeben hatte. Ich war eigentlich schon immer diejenige gewesen, die für ihre Träume, für ein verwirklichtes Leben alles gegeben hatte, Risiken eingegangen war und für eine schönere Zukunft gekämpft hatte. Doch ich brauchte einfach die Gewissheit, dass es da etwas gab, wofür sich das Kämpfen lohnen würde.

Ich wartete noch einige Sekunden händeringend vor verschlossener Tür. Was machte ich hier überhaupt? Ehe ich mir die Frage beantworten konnte, wurden die Flügeltüren aufgestoßen und mehrere Personen traten heraus. Auf Johannes und Justus folgte Kohli mit Luca und Alfred, die tief in eine Diskussion verstrickt waren. Danach traten weitere Spieler und Trainer aus dem Raum und ich versteckte mich halbwegs hinter einer der Türen, damit ich nicht auffiel.

Juri trat als Letztes aus dem Raum und erst dann trat ich wieder hinter der Flügeltür hervor. Ein Blick in Juris angespanntes Gesicht und schon hinterfragte ich erneut meine Entscheidung, ausgerechnet jetzt mit meinem besten Freund über die Frage von 'uns' zu reden. Doch ich brauchte die Klarheit, dass ich mit Martin nicht den größten Fehler meines Lebens beging. Dass ich richtig in meiner Entscheidung war, meine Gefühle für unseren Spielmacher-Star zu vergessen.

"Livi...", stammelte er, ehe ich ihn wortlos um sein Handgelenk fasste und einige Schritte weg von der Tür zog. Das gab mir einen Moment Zeit, meine vorhin zurechtgelegten Worte wiederzufinden und mich zu sammeln. Schließlich blieb ich stehen und schaute ihm fest in seine undurchdringlichen blauen Augen. "Juri, ich muss mit dir reden." Er nickte. "Ich auch." Leise seufzte ich. Bitte, Juri, mache es mir nicht so schwerer, als es ohnehin schon ist...

"Juri, wir sind beste Freunde. Ich...", fing ich schon an, als er mich mitten im Wort unterbrach: "Lass mich bitte zuerst. Sonst kann ich das gar nicht mehr." Ich seufzte, nickte dann aber widerstrebend. Ein wenig Angst hatte ich, vor dem, was er mir gleich sagen würde und vor dem, was ich ihn danach fragen wollte. Diese Angst veranlasste mich dazu, ihm den Vortritt zu überlassen. Er wirkte mindestens genauso nervös wie ich. Das las ich aus seiner Körperhaltung und seiner Mimik.

Frustriert fuhr er sich durch die zurückgebundenen Haare und griff sich in den Nacken, ehe er beinahe schon flüsterte: "Geh nicht." Fragend sah ich ihn an, unsicher, was er mit dieser Aussage meinte. Er verdeutlichte beinahe augenblicklich: "Geh nicht auf das Date." Da er keine Anstalten machte, weiterzureden, würde sich auch nicht der Knoten hinter meinem Bauchnabel lösen, der sich dort aufgrund der tausend Fragezeichen gebildet hatte, die durch meinen Kopf geflattert waren. Juri, bitte, ich brauche einige Worte mehr... Was meinst du damit? Wieso bittest du mich genau so etwas? Fühlst du etwas für mich oder nicht?

Meine Mission für dieses Gespräch war klar, und so stellte ich die eine Frage, die sich als logische Konsequenz auf seine Forderung auftat und die gleichzeitig die Antwort liefern könnte, die ich so dringend brauchte. "Warum nicht?" Seinen Blick traf meinen und in seinen swimmingpoolblauen Augen standen Schmerz und Kränkung geschrieben. Der hoffnungsvolle Teil meines Herzens konnte sich allein aus diesem Gesichtsausdruck die Antwort herauslesen, auf die ich seit Tagen, nein, Wochen wartete. Doch der zweifelnde, unsichere Teil meines Herzens, der Teil, in dem sich Martin längst breitgemacht hatte, verlangte Klarheit.

121 km/h /// Juri Knorr ffWhere stories live. Discover now