Primrue Mellark 3 | Kapitel 31

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Angespannt hockte ich neben meiner Mutter in den viel zu engen Tunnel. Katniss hatte den Bogen locker auf ihren Oberschenkel liegen, wodurch ich sehen konnte, dass es nicht der von Nex war. Jedoch hätte ich das auch nicht erwartet.
Als ich klein war, hatte meine Mutter mir einst gesagt, dass man oft eine Verbindung zu so einer Waffe bekam. Der Bogen von Nex war Seiner und er würde ihn nicht teilen. Dafür hatte meine Mutter einen Eigenen bekommen, was mir nur klar machte, dass sie wohl schon länger heimlich geplant hatte, auch mit nach oben zu gehen, um zu kämpfen.
Ich bezweifelte, dass mein Vater wirklich darüber begeistert gewesen war, dies zu erfahren und ich musste schmunzeln. Hätte ich so etwas gebracht, wäre Cato definitv nicht glücklich gewesen und ich stellte fest, das ich wohl doch mehr mit meiner Mutter gemein hatte, als ich immer gedacht hatte.
Mein Blick fiel immer wieder auf die Lucke, die noch geschlossen über unseren Köpfen war und uns von den Straßen des Kapitols trennte.
Wir waren alle nervös, das konnte ich spüren. Über uns tobten bereits die ersten Kämpfe und wir warteten auf Dervans letzten Befehl, ehe wir auf uns alleine gestellt waren. Den, dass wir los durften.
Dann ging es ins Ungewisse. Schließlich wussten wir nicht, wie viele Soldaten auch noch auf unseren Weg auf uns warteten. Nio war immer noch paranoid und würde nicht alle Kämpfer von sich abziehen lassen, egal wie stark der Angriff war.
Mein Blick fiel auf Padax, Meleena und Flax, die mir gegenüber saßen. Flax sprach im Flüsterton mit seiner Schwester. Ich hatte die blonde Frau noch nie kämpfen sehen, aber sie hielt die Schusswaffe sicher in ihrer Hand und schien entschlossen. Flax schien auch nicht übermäßig besorgt um sie, auch wenn ich wusste, dass er immer ein Auge auf sie haben würde.
Padax war zappelig wie immer, auch wenn er versuchte, ruhig zu halten.
Katniss neben mir seufzte und ich schaute zu meiner Mutter. Sie merkte es und lächelte entschuldigend.
"Ich war noch nie die Geduldigste.", gestand sie und ich schmunzelte, wenn ich daran dachte, wie lange sie manchmal auf der Jagd war.
Wenn sie nicht geduldig war, was war ich dann? Eine Zeitbombe?
"Es geht los.", war ein kratziger Befehl von Dervan zu hören und wir schreckten alle zusammen, während Padax auf den Sender schaute und die Augenbraue hochzog.
"Das war alles? Kein: Viel Glück oder passt auf euch auf?", beschwerte er sich, ehe er den Sender einfach weg warf, da wir ihn nun nicht mehr brauchten und damit eventuell nur geortet werden konnten.
Es war Shade der sich in den engen Tunnel bewegte und sich vor die Lucke hockte. Noch einmal schaute er alle an.
"Bereit? Ich hab keine Ahnung, was uns da oben erwartet, also so schnell wie möglich raus und Deckung suchen.", erklärte er und alle nickten nach und nach.
Meine Mutter nahm meine Hand in ihre und drückte kurz zu. Ich schaute zu ihr und wir tauschten ein Lächeln, jedoch verschwand dadurch nicht meine Anspannung.
Etwas angespannt war man immer, aber meine eigene Mutter bei mir zu wissen, machte mich noch nervöser. Ich wollte nicht, dass ihr etwas passierte. Gleichzeitig wusste ich jedoch, dass wenn ich versuchen würde, sie zu beschützen und mich dadurch selber vernachlässigte, würde sie mir das übel nehmen.
Trotzdem schaute ich sie eine Sekunde länger an, als nötig gewesen wäre.
"Wir sehen uns dann in der Deckung.", meinte ich leicht grinsend und sie nickte lächelnd.
Dann schaute ich wieder zu Shade, der nun die Lucke öffnete.
In der nächsten Sekunde war er auch schon herausgeschlüpft und nicht mehr zu sehen.
Finn und Flax waren die nächsten, und nach Meleena kletterte auch ich hinaus.
Es war wie in eine andere Welt zu tauchen.
Um mich herum konnte ich nicht wirklich viel sehen, da alles voller Rauch war und ich nur gerade so ein Husten unterdrückte. Während es im Tunnel noch still gewesen war, konnte man hier aus der Ferne Schüße hören und Erschütterungen spüren.
Ja, die Kämpfe hatten eindeutig begonnen.
Schnell hievte ich mich das letzte Stück heraus und zog meine Dolche, um sicherheitshalber bewaffnet zu sein.
Ich konnte Shade in einem Hauseingang ausmachen.
Die Fenster waren zersprungen aber die Wände würden uns noch genug Schutz bieten können, bis wir uns orientiert hatten.
Sofort sprintete ich zu ihm und kam ohne Probleme an.
Finn und Meleena hatten sich schon an zwei Stellen positioniert, um eventuelle Soldaten gleich zu sehen, wenn sie kamen.
Noch war es jedoch ruhig. Fast zu ruhig.
Das meinte auch Bryony, die auf einmal hinter mir ankam und beinahe in mich rein lief, sich aber an meinen Schultern abbremsen konnte.
"Ich weiß.", bestätigte Shade, "Irgendwas stimmt nicht."
Als wäre es ein Zeichen, vielen auf einmal viel zu Nahe Schüße.
Es war Meleena die sie erwiderte, weswegen sie aus ihrer Richtung kamen. Bryony rannte sofort zu ihr, um sie zu unterstützen, als auch neben Finn Schüsse in die Wand schlugen.
Während Shade nun zu ihm lief, wirbelte ich herum und schaute zur Lucke.
Meine Mutter kletterte gerade geschickt heraus und nahm den Bogen in Anschlag, als zwei Soldaten angelaufen kamen.
Ohne mit der Wimper zu zucken, streckte sie einen nieder, doch der andere zielte bereits auf sie.
Ich zuckte bei dem Anblick zusammen, da ich nichts tun konnten. Ich war Nahkämpfer und konnten nicht schnell genug heran kommen. Meine Messer würden nie soweit fliegen, weswegen ich nur zusehen konnte, wie er abdrückte.
In dem Moment sprang Padax jedoch regelrecht aus der Lucke gesprungen kam und meine Mutter mit sich zur Seite riss. Nur eine Sekunde später brach der Soldat selber getroffen zusammen, weswegen ich zu den Anderen blickte und Finns Blick meinen traf.
Er hatte ihn erschossen und die Beiden gerettet.
Zumindest hoffte ich das.
Immer noch zum nichtstun gezwungen schaute ich wieder zurück und atmete erleichtert auf, als Padax und meine Mutter zusammen in unsere Deckung stolperten.
"Seit ihr in Ordnung? Mum?", wollte ich sofort wissen.
Schweratmend nickte Katniss.
"Ich bin okay."
"Und du?", fragte ich sofort Padax, der in den letzten Monaten mein Kampfgefährte geworden war und mich nun schief anlächelte.
"Nur ein Streifer. Alles bestens.", meinte er und zeigte mir seinen Arm, an dem wirklich ein Streifschuss zu sehen war.
Schmerzhaft, aber nicht tödlich.
"Sauber!", meinte da auf einmal Bryony und auch die anderen wiederholten das Wort.
Die Soldaten waren also ausgeschaltet. Wir waren erst einmal sicher.
"Na das war doch mal ein nettes Empfangskomitee, oder?", spaßte Flax und auch nach und nach begannen die Anderen zu grinsen, als die Anspannung ein wenig von uns fiel.
Ich hingegen zog Padax an mich und umarmte ihn, damit nur er meine erleichterten Worte hören konnte.
"Danke dir."

Primrue Mellark 3 | Ungewolltes VermächtnisWhere stories live. Discover now