43. Gift

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Niall

„Mister Horan, ich weiß nicht, ob ich mich jetzt freuen soll, Ihre Stimme zu hören oder nicht."

Dr. Steadmans Begrüßung ließ mich ein wenig schmunzeln. „Keine Sorge, mit meinem Knie ist alles in Ordnung", entgegnete ich sofort.

„Das ist schön zu hören. Und welches Anliegen führt Sie dann zu mir?"

„Das Knieproblem meiner Freundin."

Nachdem ich dem Arzt kurz erklärte, um was es ging, forderte er mich auf, den Entlassungsbericht aus dem Krankenhaus einzuscannen, um diesen dann per E-Mail an ihn weiterleiten zu können. Während wir redeten, erledigte ich dies umgehend, beobachtet von Jess, die mich nicht aus den Augen ließ.

„Die Sachen müssten eigentlich jetzt bei Ihnen angekommen sein", ließ ich den Arzt wissen, nachdem wir uns kurz über den ausgezeichneten Zustand meines operierten Knies unterhalten hatten.

„Ok, ich schaue es mir nachher an, Mr Horan", erklärte er. „Ich werde Sie morgen zurück rufen. Ich hoffe, das geht in Ordnung."

„Aber sicher."

Dr. Steadman war schließlich nicht irgendein dahergelaufener Arzt. Er stand in dem Ruf, der beste Kniespezialist der Welt zu sein, und diesem wurde er auf jeden Fall gerecht. Zahlreiche Spitzensportler, darunter einige Profi-Fußballer, ließen sich von ihm operieren. Dies sagte schon genügend über seine Kompetenz, die ich im Übrigen niemals in Frage gestellt hatte, aus. Als Jess mich erwartungsvoll anschaute, nachdem ich das Telefongespräch beendet hatte, setzte ich mich zu ihr auf das große Sofa.

„Er schaut sich alles an und ruft morgen zurück", sagte ich aufmunternd, während meine Hand nach ihrer tastete.

Ihr schweigsames Nicken verriet die Anspannung in ihr, welche sie jedoch versuchte mit einem Lächeln zu überspielen. „Danke, Niall, dass du dich so sehr um alles kümmerst", brachte sie hervor.

Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie sie versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten.
„Hey, ich liebe dich, Prinzessin, da ist es normal, dass man so etwas tut", wisperte ich leise in ihr Ohr.

Sofort sank Jess' Kopf auf meine Schulter, gleichzeitig lehnte sie ihren Körper an meinen.

„Ich bin so dumm", vernahm ich ihr Flüstern. „Wenn ich nicht weggelaufen wäre, hättest du mich nicht in Chippenham aufgabeln und zurückbringen müssen. Ich wäre vermutlich an dem Tag nicht aus dem Haus gegangen und somit nicht hingefallen. Warum nur, habe ich nur für eine Sekunde gedacht, dass du mich betrogen hättest?"

Tränen liefen über ihre Wange und benetzen meine Arme, welche ich nun sanft um sie schlang.

„Jess, hör mir zu. Es ist nicht deine Schuld, was passiert ist. Einzig alleine dieser Unfall von damals ist die Ursache dafür. Vielleicht muss dein Knie ja gar nicht operiert werden, aber wenn es so ist, bist du bei Dr. Steadman in den besten Händen. Dein Knie hätte so oder so nochmal von einem Spezialisten durchgecheckt werden müssen, also mach dir bitte keine Vorwürfe. Wenn, dann sollte ich das tun, weil ich dir nicht genügend über meine Vergangenheit erzählt habe."

Ich spürte, wie sie sich an mich klammerte. „Ich wusste doch von deinen Fuckbuddies", schniefte sie leise.

Es traf mich schwer, dass sie sich nachträglich solche Vorwürfe machte, und ich wollte alles tun, ihre Gedanken in eine ganz andere Richtung fließen zu lassen. Jess brauchte gerade jetzt ein wenig Ablenkung und jemand, der ihr die schönen Seiten des Lebens zeigte.

„Weißt du was?", sagte ich deshalb, „wir schauen uns jetzt mal im Internet an, was man in Colorado so alles unternehmen kann."

Gesagt, getan, Jess ließ sich tatsächlich breitschlagen, mit mir eine virtuelle Reise in die USA anzutreten. Umgeben von den Rocky Mountains, würde es zu dieser Jahreszeit nicht unbedingt warm dort sein, womit wir uns jedoch durchaus arrangieren konnten.

Promise me!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt