Chancen

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Kapitel 25

Diesmal hatte ich mir ausnahmsweise nicht die Mühe gemacht, mir meine Haare zu machen oder ein überteuertes Kleid zu kaufen. Nein, stattdessen wollte ich heute Abend einen anderen Weg wählen. Ich wollte wieder mehr ich selbst sein, aber die etwas heißere Art meiner selbst.

Ich war nie eine Person, die so voller Selbstbewusstsein strotzte, aber ich war egoistisch genug, um zu wissen, dass ich nicht die hässlichste Person war. Und ich wusste, dass ich eine akzeptable Figur hatte, die zwar keineswegs mit der von Emma oder irgendwelchen Models mithalten konnte, aber ich war weder fett, noch besonders dürr und Brüste hatte ich auch. Ich trug immerhin stolze Körbchengröße D.

Also hatte ich heute Abend zu einer kürzeren Variante eines Kleides gegriffen, genauer gesagt einem blau-weißen mit Blümchen gemusterten Kleid, dass mir knapp bis zu den Knien reichte und dessen Reißverschluss sich vorne befand. Dazu trug ich eine schwarze Lederjacke und schwarze glänzende Pumps.

Insgesamt war ich recht zufrieden mit meinem Aussehen, vor allem, weil ich dieses Kleid liebte und ich hoffte, dass es den anderen auch gefallen würde.

Kurz nachdem ich mein Apartment verlassen hatte, traf ich auf Jasmine. Sie sah wundervoll aus. Ihre braunen Haare hatte sie zu einem eleganten Zopf hochgesteckt und sie trug ein sehr kurzes enges Cocktail-Kleid, welches komplett schwarz war, allerdings stark glitzerte. Es passte perfekt zu ihr, aber ich vermutete, dass ich das zu jedem Kleidungsstück sagen würde, was sie trug. Selbst in einem verdammten Müllsack sah sie umwerfend aus.

Strahlend lächelte sie mich an und umarmte mich zur Begrüßung. "Du siehst toll aus, Sky!", sagte sie begeistert, hakte sich bei mir unter und wir gingen zusammen zum Fahrstuhl. Ich lächelte verlegen. "Danke und du siehst umwerfend aus." Sie sah mich begeistert an. "Danke! Du bist so lieb!" Und sie ging mir auf die Nerven. Falls ich behauptet hatte, dass sie mir zu Beginn sympathisch war, dann nahm ich diese Behauptung jetzt offiziell zurück, denn das war sie ganz und gar nicht. Wie konnte Louis es bloß mit ihr aushalten?

Im Foyer des Hotels trafen wir auf die anderen, nur Liam war nicht dabei, was mich enttäuschte. "Liam hat heute keine Zeit, er trifft sich schon mit jemandem.", klärte Paul mich auf und ich nickte, während wir uns auf den Weg nach draußen machten. Harry erschien an meiner Seite und grinste zu mir hinab. "Das Kleid ist süß, es passt viel besser zu dir, als der schwarze Schwan." Überrascht sah ich ihn an. Schwarzer Schwan? War es das, wie er mich gestern wahrgenommen hatte? Sollte ich das nun als Kompliment oder Beleidigung auffassen? Gott, der Kerl verwirrte mich!

"Ähm, du siehst auch gut aus.", brachte ich hervor und lief knallrot an. Das tat er wirklich. Vielleicht auch mehr als nur gut, denn sein schwarzes Hemd saß so edel an seinem Oberkörper und die dunkle Hose wirkte beinahe, als sei sie Teil von ihm. Das einzige, was ich mal wieder bemängelte waren seine Schuhe. Was sollte diese braune Leder-Kacke? Seine Schuhe sahen einfach aus, als wären sie 100 Jahre alt und ich hasste sie. Ich würde sie ihm so gerne vom Leib reißen, noch lieber, als ich ihm die restlichen Klamotten vom Leib reißen wollte.

Stopp. Konzentriert sah ich auf Jasmines Rücken und versuchte meine Gedanken zu ordnen, während wir das Hotel verließen und durch das Blitzlicht zum Auto liefen. Zu meiner Überraschung legte Harry den Arm um meine Schultern. "Mach mit.", flüsterte er mir zu und ich spürte, wie seine Lippen dabei fast meine Wange berührten. Ich riss die Augen auf und drehte meinen Kopf zu ihm, während die Menge um uns herum anfing zu kreischen. "Was tust du da?", wisperte ich aus zusammengebissenen Zähnen und versuchte zu unterdrücken, wie sehr mein Herz grade Loopings schlug. Er grinste mich nur an und ich heftete meinen Blick auf seine Grübchen. "Ich gebe der Menge das, was sie sehen wollen. Mach einfach mit, bitte." Wie konnte ich nein sagen?

Ich packte ein strahlendes Lächeln auf meine Lippen und drückte Harry prompt einen Kuss auf die Wange, wobei ich seine leise Lache hörte. Ich blieb mit meinem Mund an seinem Ohr und flüsterte: "Du bist mir was schuldig." Und schon waren wir im Auto und ignorierten uns den Rest der Fahrt.

Der Saal, in dem die heutige Party stattfand war um einiges kleiner, als der Saal von gestern und ich war mir sicher, dass hier auch nur die ein viertel, vielleicht noch weniger der Anzahl an Menschen waren. Ich begrüßte das, denn so war die Chance geringer, dass sich peinliche Dinge weit verbreiteten. Und so ein Tollpatsch wie ich... mir würde ohnehin irgendetwas peinliches passieren, vor allem, da ich gestern davon verschont geblieben war.

Kaum hatten wir den Saal betreten, hing sich Harry wieder an mich. Was sollte das jetzt schon wieder werden? Als hätte er meine Gedanken gelesen, begann er zu sprechen: "Diese Party ist von einigen Kollegen von Emma organisiert worden, genauer gesagt von Tom Felton und Bonnie Wright. Ich denke mal du kennst die irgendwie alle aus Harry Potter, oder?" Ich nickte und betrachtete sein Profil, während er sprach und starr nach vorne sah. "Ja, ich liebe Harry Potter."

Nun sah er mich an und grinste. "Na, dann wirst du heute ziemlich zufrieden gestellt werden." Auf einmal wurde sein Blick ernst und verdunkelte sich ein wenig. "Wenn du es gestern nicht schon wurdest." Bitte was? Was sollte das denn bedeuten, gestern war überhaupt nichts passiert.

Nachdem ich mit Sam von der Feier verschwunden bin, sind wir ohne Umwege nach Hause und er hatte sich ganz souverän von mir verabschiedet. Ich wollte ihm eigentlich meine Handynummer geben, um weiter mit ihm im Kontakt zu bleiben, aber ich Dussel hatte es vergessen. Naja, so was geschah nun mal.

Von Harry hingegen war ich nicht so überzeugt, dass er sich auch weiterhin souverän benommen hatte. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er sich irgendwann mit Emma zurückgezogen hatte und kurzzeitig etwas... intimer geworden war. Natürlich könnte ich mich auch irren, aber ich hatte irgendwo mal gehört, dass rumging, er sei ein Playboy. Woher hörte ich solche Dinge eigentlich ständig?

"Gestern war ein wundervoller Abend, aber mehr auch nicht.", versuchte ich Harry somit meine Antwort zu geben und ihm klarzumachen, dass ich durchschaut hatte, worauf er anspielte. Er sah mich einen Augenblick nachdenklich an, dann nickte er und lächelte wieder. Zunächst sah es noch etwas gezwungen aus, aber, als wir die anderen eingeholt hatten, hatte Harry sich wieder entspannt.

Ich sah zu Tom und Bonnie und musste augenblicklich lächeln. Auch, wenn sie nicht auf Emmas Party waren oder ich sie zumindest nicht gesehen hatte, so war ich dennoch nicht aufgeregt, als ich ihnen gegenüberstand und sie begrüßte. Offensichtlich hatte Harrys Leben Einfluss auf mich und ich sah langsam ein, dass er mir so gut wie jeden Zugang bot.

In dem Moment, als ich Tom Felton die Hand schüttelte und in seine blauen Augen sah, wusste ich, dass ich Pauls Angebot annehmen würde. Eineinhalb Monate an der Seite von One Direction und deren Team zu arbeiten war eine einmalige Chance und etwas, dass sich in meinen Bewerbungen als durchaus attraktiv zeigen würde. Es wäre einfach schwachsinnig, wenn ich ablehnen würde.

Ich musste lediglich mit meiner Familie sprechen und ihnen klar machen, dass ich sie in der Zeit nicht sehen würde. Und ich musste Emi und meinen Freunden die Sache irgendwie beibringen. Wie würden sie reagieren? Würden sie ausflippen? Sich für mich Freuen? Oder vielleicht auch wütend vor Eifersucht sein?

Ich hatte keine Ahnung, aber manchmal musste man nun mal an sich selbst und seine eigene Zukunft denken. Und ich wusste, dass ich ein Idiot wäre, wenn ich diese Möglichkeit nicht ergriff.

Thoughtless || H. S. Where stories live. Discover now