Epilog

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Es ist dunkel. Von irgendwoher ist ein Tropfen zu hören, unregelmäßig aber stetig.
Die Luft ist stickig und feucht.
Einzige Lichtquelle ist ein in die Decke eingelassenes Fenster, das so schmutzig ist, dass es schon einen ausnehmend sonnigen Tag benötigt, um einen wirklichen Lichteinfall zu ermöglichen.

Die Haftbedigungen dieser Etage haben sich in den letzten Monaten verändert. Die Gefangenen dürfen Post erhalten.
Aber nur einer von ihnen bekommt tatsächlich welche.

Barnabas Stillton hat heute Dienst in Trakt 44, der Abteilung für Kriegsverbrecher. Nur noch wenige haben Familien, und diejenigen, die tatsächlich Angehörige haben, hören nichts von ihnen.

Aber heute ist ein Brief gekommen. Und er ist für Lucius Malfoy, genau wie beim letzten Mal.

Einmal im Monat ist eine Zustellung gestattet.
Die Briefe werden geöffnet und auf Zauber und Flüche untersucht, bevor sie den Gefangenen ausgehändigt werden.
Narcissa Malfoy scheint keinerlei Absichten dieser Art zu verfolgen.

"Malfoy,"ruft Barnabas bereits von der Eisentür auf dem Gang aus.
Er hasst den Dienst in diesem Teil von Askaban. Hier sind die verrücktesten Insassen untergebracht. Einige schreien nächtelang nach Voldemort, nach dem toten Zauberer, von dem sie sich alle noch immer Erlösung versprechen, sie wollen nicht wahrhaben, dass der Dunkle Lord tatsächlich vernichtet wurde.

Was Lucius Malfoy angeht, ist Barnabas unsicher. Malfoy wirkt immer so gefasst, so als würde sein Geist noch tadellos funktionieren, so als hätten diese Mauern nicht die geringste Wirkung auf ihn. Diese Tatsache ist es, die allen Wärtern dieser Abteilung, eine Furcht vor diesem Mann einflößt, die kaum zu verbergen ist.
Als Barnabas die Zellentür des eiskalten Zauberers erreicht, der Empfänger des Briefes ist, den er in den Händen hält, hört er bereits dessen ruhige Stimme.
"Stillton mein Freund. Hast du etwas für mich?"
"Ich bin nicht Ihr Freund Malfoy,"erwiedert der Wärter und schiebt den Brief durch einen Schlitz in der Tür.
Ein arrogantes Lachen ertönt von drinnen, das Barnabas einen Schauer über den Rücken treibt.

"Übrigens dürfen Sie sich über eine Sache Gedanken machen Malfoy. Es gibt eine weitere neue Regelung für die Gefangenen dieses Trakts."

Keine Reaktion von drinnen.

"Malfoy?"

Nichts.

In der völligen Stille, kann Barnabas das Tropfen im hinteren Teil des Ganges hören, und das Stöhnen aus der Nachbarzelle. Und wenn er länger abwartet, wird er auch noch andere Geräusche wahrnehmen, Geräusche die ihn in seine Träume verfolgen werden.
Er beschließt, dass er Malfoy auch an einem anderen Tag von der neuesten Idee des Ministeriums berichten kann.

Bevor man die erste Schicht in diesem Trakt übernimmt, wird einem gesagt, dass man sich nie länger als 10 Minuten am Stück auf den Gängen aufhalten soll, weil man verrückt werden kann, genauso verrückt, wie die Insassen.

Gerade als er sich zum Gehen wenden will, ertönt ein tiefer, knurrender Laut aus Malfoys Zelle.

"Alles in Ordnung mit Ihnen Malfoy?"

Kein weiteres Geräusch.

Barnabas ist inzwischen so unwohl, dass er doch die Information aus dem Ministerium preisgibt, aus der Mitte seiner Nervosität heraus.
"Ab dem kommenden Monat dürfen Sie Besuch empfangen Malfoy. Ich kann Ihnen nicht genau sagen wie oft, die Papiere mit den Informationen sind noch nicht eingetroffen, aber..."

Weiter kommt er nicht, denn hinter der Zellentür gibt Lucius Malfoy bereits die Antwort auf die unausgesprochene Frage.

"Mein Anwalt. Moonwort...Jackson Moonwort! Ich erwarte seinen Besuch."

"Ganz wie Sie wünschen."

Kopfschüttelnd nimmt Barnabas seinen Weg zurück durch den dunklen Gang, raus aus Trakt 44, weg von diesem Mann, der nach einem Jahr Einzelhaft ohne die Möglichkeit je seine Zelle zu verlassen, lieber seinen Anwalt sehen will als seine Frau oder seinen Sohn.

Und während die Tür hinter dem Wärter ins Schloss fällt, zerreißt Lucius Malfoy den Brief seiner Frau, den Brief in dem steht, dass sein Sohn sich von der Familie abgewendet hat, den Brief in dem steht, dass er vorhat mit einem Schlammblut zusammen zu leben.

"Das werden wir sehen Draco,"flüstert er in die Dunkelheit,"das werden wir sehen!"

ENDE

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⏰ Last updated: Dec 30, 2015 ⏰

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