Reue und Geschenke

13.1K 1K 72
                                    

Dean lag falsch. Er lag so falsch. Ich spürte keine brennende Erlösung, die mich besser fühlen ließ als zuvor. Gut, für einen Moment hatte ich sie gespürt, ich hatte Eve alles gesagt, was ich sagen wollte, doch jetzt, nach zwei Wochen totaler Funkstille, war mir nur noch nach heulen zu Mute. Ich wollte jedes einzelne Wort, welches ich ihr so eiskalt vorgeworfen hatte, zurück nehmen. Ich wollte sie umarmen und mit ihr Kaffee trinken gehen, auch wenn sie jedes Mal felsenfest behauptete, was auch immer ich tränke, es sei kein Kaffee.

Mandy lag ausgestreckt auf meinem Sofa und las ein Buch, dessen Titel mir nichts sagte. Ich war noch nie ein Fan von Büchern gewesen, wobei es mich erstaunte, dass Evelyn jemals ein Buch in der Hand gehalten hatte. Und das freiwillig.

»Du solltest sie einfach wieder anrufen.«, bemerkte Mandy ohne von ihrem Buch aufzusehen. Sie hatte schon immer ein unheimlich gutes Gespür dafür gehabt, was Menschen beschäftigte. Ich jedenfalls war froh, dass sie nicht mit mir zusammen Jura studierte, das wäre vermutlich in einem Wettkampf ausgeartet, in der jede von uns versuchte besser als die andere zu sein.

»Und du solltest dich nicht mehr in meine Angelegenheiten einmischen.«, erwiderte ich und kaute an dem Bleistift herum. Vermutlich war es ziemlich offensichtlich, dass mich etwas beschäftigte und jeder der halbwegs logisch denken könnte, kam darauf, dass es an Eve liegen musste. Ich zählte die Wochen wie versessen mit, als wäre es auch mein Kind, auf dessen Geburt ich wartete. Fünfundzwanzig.

Vor zwei Tagen hatte Fynn mir gestanden, dass er noch nie in seinem Leben irgendetwas mit Kindern zu tun hatte, die jünger waren als seine Schwester. Als die geboren wurde war er grade mal fünf, er konnte sich unmöglich daran erinnern, wie es war, ein Kind großzuziehen. Zwar trennten Mandy und mich nur zwei Jahre, doch Ray und Corinna hatten mehr Kinder adoptiert, die waren regelrecht versessen darauf ihren Schützlingen ein perfektes Leben zu schenken. Der jüngste ist Bryan und der ist vor einiger Zeit zehn geworden, ich wusste wie es war mit Kleinkinder zu Leben. Wobei ich niemals die Mutter spielen musste und ich hoffte, dass mir diese Rolle noch erspart bleiben würde.

Eve und Fynn allerdings erwarteten ein Kind. Ich hatte keinen Schimmer, wann sie hier wieder her zu ziehen bedachte, doch sie plante es. Und wenn sie hier her kam, mussten die beiden es zusammen regeln. Fynn sagte selbst, dass seine Mutter nicht täglich nach Bronx fahren könnte um sich um den Jungen zu kümmern. Louis.

»Vielleicht rufe ich Eve ja wirklich an.«, murmelte ich. Mandy sagte nichts darauf. Wir hatten uns Jahrelang ein Zimmer geteilt, sie wusste wann sie den Mund zu halten hatte, genauso war es auch umgekehrt. Hätte sie nicht zuerst mit dem Sprechen begonnen, hätte ich nie etwas gesagt, sie hasste es, wenn man sie beim Lesen störte.

Über Facebook öffnete ich den Chat mit Evelyn, zwar war es kein Anruf, – sie schlief vermutlich sowieso noch – doch ich hoffte endlich auf eine Versöhnung. Ich konnte Streit nicht ausstehen und wünschte mir abermals, ich hätte niemals auf Dean gehört. Wenn ich dem Typen beim nächsten Mal über den Weg ließ, würde ich es ihm ausrichten. Er hatte sich geirrt,

Wie geht es dir? Und Louis? Ich habe mit Benny telefoniert, er hat mir erzählt du bist bei deinen Eltern eingezogen. Es tut mir so leid, Eve, ich will, dass es dir gut geht und nicht, dass du dem Feind die Stirn bietest.

Ich atmete tief ein und wieder aus. Erledigt, schwach, aber erledigt. Ich tippte mit den Fingern gegen den Tisch und wippte nervös mit meinem Bein. Mir war klar, dass sie nicht sofort antworten würde, sie ging meistens erst abends an den Computer. Ich könnte natürlich ihre Eltern anrufen, Fynn war so gütig gewesen um mir ihre Hausnummer zu geben, als Eve beschlossen hatte ihr Handy zu zerstören und sich kein neues zu besorgen. So war sie nun mal. Aufbrausend und chaotisch. Die beiden konnten die Sache mit dem Kind regeln, ich glaubte daran, dass die beiden es sogar richtig gut hinbekommen würden, sie müssten nur anfangen endlich mal an sich selbst zu glauben. Eve verzweifelte an ihrem eigenen Verhalten und der Tatsache, dass ihre Mutter eine schreckliche Hexe ist, während Fynn überhaupt gar nicht erst begreifen wollte, dass niemand perfekt sein kann und jeder an seinen eigenen Kindern lernt. Sie waren bei weitem nicht die jüngsten Eltern dieser Welt und wenn die sechszehn jährigen aus den schrecklichen Fernsehsendungen ihr Leben im Griff hatten, war es für die beiden wohl ein Klacks. Sie hatten genug Leute um sich, die ihnen helfen würde.

Ich würde ihnen helfen.

Die Prüfungszeit an der Universität war endlich vorbei und ich hatte keinen Schimmer, wie ich meine freie Zeit nutzen sollte. Fynn war seit einer Woche in Huntington seine Mutter besuchen, danach wollte er wieder zu Evelyn fliegen. Allerdings wollte er lieber bei der Geburt dabei sein, als zwei Mal hin und her zu fliegen, die beiden würden sich also nie im Leben vor Ende August sehen. Mein Laptop gab ein leises Piepen von sich.

Ich klickte mich sofort wieder zu Facebook. Eve hatte geantwortet. Es war eine Telefonnummer, die ihrer Eltern. Ich hatte sie zwar schon, doch das konnte sie nicht wissen, sie konnte nicht wissen, dass Benny insgeheim auf meiner Seite stand. Sie konnte nicht wissen, dass alle Angst um sie hatten. Mit einem Lächeln wählte ich die Nummer ihrer Eltern und noch bevor ich etwas sagen konnte, kam Evelyn mir zu vor: »Oh, Gott, Megan, du hast mir so verdammt gefehlt, es tut mir so leid.«

Mein Grinsen wurde breiter. »Du hast mir auch gefehlt, Eve. Ich schwöre dir, ich kann Streiten nicht ab, es ist das furchtbarste auf der Welt, wie machst du das nur?«

Sie lachte. »Das ist jahrelange Übung mit einer Kombination von schlechter Erziehung. Wie geht es dir?«

»Mir geht es Prima, die Prüfungszeit ist vorbei, alles ist gut und oh, man, ich werde mich wirklich nie wieder streiten, diese eine Erfahrung reicht mir, wie geht es dir? Und Louis?«, wiederholte ich meine geschriebene Frage und trommelte aufgeregt mit den Fingern gegen die Holzplatte.

»Uns geht es allen gut.« Sie seufzte. »Sag mal, was hältst du davon, wenn ich dir ein Geschenk schicke? Immerhin ist bald dein Geburtstag.« Ich sagte nichts, wartete darauf, dass sie noch irgendetwas hinzufügte. »Es ist auch ein ziemlich egoistisches Geschenk.«, versprach sie.

»Wieso bestandst du darauf, dass ich dir nichts schenke, du aber darfst mir etwas holen?«

»Weil es das Geld meiner Eltern ist, sie reich sind und wenn du es annimmst, wäre es auch ein Geschenk für mich.«

»Hau raus.« Ich spürte Mandys Blick auf mir, ignorierte meine Schwester allerdings.

»Gut, ich habe nämlich so eben Tickets gekauft. Ich hoffe du machst in drei Wochen nichts.«

»Ach du verdammte Scheiße.«


Hey Ho! Tut mir echt leid, mir kam ein Puzzle dazwischen (Mit dem ich noch immer zu kämpfen habe) und oh man, ich habe noch drei Tage um eine komplette Erarbeitung zu schreiben xD 


Couple in a roundabout wayOnde histórias criam vida. Descubra agora