Kapitel 3: Er ist selbst dran schuld.

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Tokyo, Oberschule, September 28

Light war wirklich kein abergläubischer Mensch.

Er war auch kein empathischer Mensch - jedenfalls nicht besonders.

Natürlich verstand er anhand von Mimik und Gestik seines Gegenübers, wie dieser sich fühlte und genau so konnte er seine eigenen ausdrücken. Er verstand, wann bestimmte Bemerkungen angebracht oder fehl am Platz waren und wann ein bestimmtes Thema vermieden oder in letzter Minute geschickt umschifft werden musste.

Doch manchmal Fehlte es ihm an Mitgefühl, oben genannte Maßnahmen zu ergreifen. Oder einfach an Lust.

Ja, manchmal war er selbstgefällig, gar egoistisch.

Light war nicht außerordentlich geduldig und verlor manchmal schnell die Beherrschung, und wenn er das tat, dann mit unglaublichem Temperament.

Es gab so viele Dinge die er war und nicht war, dass wenn man sie versuchte aufzuzählen, man bestimmt die hälfte vergessen würde.

Doch manchmal ist es wichtig seine Eigenschaften zu kennen, um seine Handlung zu verstehen.

Man nehme als Beispiel den Morgen des 28. Septembers.

Wie am vorherigen Tag stürmte es stark und jeder fluchte über das Wetter.

Light jedoch nicht, denn er hatte erkannt, dass egal ob er sich ärgerte oder nicht, dass Wetter nicht auf wundersame weise umschlagen würde – das war nun einmal nicht wie das alles ablief – In der Totale änderte es nämlich nichts, aber rein gar nichts.

So ging er wie jeden Tag seines Weges und konnte weder den Leuten Verständnis gegenüber bringen, welche sich über das Wetter lauthals beklagten, noch konnten ihm die Mädchen leidtun, dessen Röcke durch den Wind nach oben gedrückt wurden.

Und der Tag wurde für Light nicht besser.

Er hatte auf einen normalen, fahlen Tag gehofft, an welchem jeder seinen eigenen Gedanken hinterhergegangen wäre. Einen Tag an dem er ganz einfach in der Menge untergegangen wäre.

Doch dieses Glück war nicht sein. Die Lehrer schienen sich untereinander abgesprochen zu haben, ihn in jedem Fach mindestens drei Mal aufzurufen um ihn nach der Antwort zu fragen, wenn keiner der anderen Schüler die Lösung wusste – oder sich nun einmal nicht traute sich zu äußern.

Natürlich, es war kein Problem auf die Fragen zu antworten, doch unterbrachen sie Light in seinen Denkvorgängen, eines der Dinge, die man nicht tun sollte, außer man legte es darauf an, es sich mit ihm zu verscherzen.

Wie auch immer, nervte der Unterricht schon nach den ersten beiden Stunden gehörig an. Und das was in der Pause geschah schüttete nur Öl ins Feuer.

In der Pause setzte sich Light wie sonst auch in einen der Aufenthaltsräume nahe der Schulbibliothek; streng genommen war der Raum ein Teil der Bibliothek, mit dem Unterschied dass dort geredet werden durfte - Optimal für Gruppenarbeit, doch für Light war es einfach ein Ort an welchem er ungestört war und die Pause verbringen konnte.

Er wollte keinen Fuß nach draußen setzen, aufgrund des Wetters, und in eine Cafeteria voll mit schnatternden Schülern wollte er sich auch nicht quetschen.

Im Nachhinein hätte Light wahrscheinlich die Lautstärke, und die darauffolgenden Kopfschmerzen, in kauf nehmen sollen.

Kurz nachdem er sich gesetzt und in den Schulstoff der gleich anstehenden Stunde vertieft hatte, merkte er wie einer der Stühle neben ihm am Tisch zurück gezogen wurde und kurz darauf jemand platz nahm. Es damit abtuend, dass es wahrscheinlich Misa war, oder irgendjemand anderes dachte er sich nichts dabei und las weiter; sah nicht auf.

Erst als sich die Person über seine Schulter beugte - vermutlich um dass geschriebene besser lesen zu können - und mit dieser Aktion eine eindeutige Verletzung seines persönlichen Raumes bestand, erst dann drehte sich Light ruckartig zur Seite, nur um dann in zwei dunkle Augen zu blicken.

Schlagartig verschlechterte sich seine Laune und mit einer schneidenden Stimme fragte er das Schwarzhaarige Scheusal, wie er ihn mittlerweile getauft hatte: „Was sollte Das?"

Das Scheusal aber blickte ihn nur unbeirrt an und antwortete: „Ich konnte deine Mitschriften nicht sonderlich gut lesen - Muss wohl am Licht liegen."

Wüsste Light nicht so gut seine Gefühle zu kaschieren, wäre ihm wohl alles aus dem Gesicht gefallen.

Das war nicht die Antwort, die er haben wollte – obgleich es die auf seine Frage war.

Er wollte bereits etwas erwidern, da fiel ihm etwas ein: „Wenn das mal nicht Hideki Ryuga ist – der Popstar."

Während Light dies sagte beobachtete er seinen Gegenüber genau. Es bestand immerhin immer noch die Chance, dass es ein Zufall war und die beiden wirklich nur den gleichen Namen hatten; egal wie unwahrscheinlich das war.

Der Schwarzhaarige zuckte kurz mit den Augen, wenn auch kaum merkbar. Light grinste – vielleicht ein wenig überheblich – als er erkannte, dass er richtig gelegen hatte.

„Wer bist du wirklich?", verlangte er zu wissen.

Sie starrten sich beide bewegungslos in die Augen; die Frage hang wie ein Damoklesschwert über ihren Köpfen.

Gerade als Light zu einer erneuten Bemerkung ansetzen wollte sah er etwas:

Es war nur für den Bruchteil einer Sekunde da, so dass man denken könnte, er hätte es sich nur eingebildet.

Ein trauriger, gar frustrierter Ausdruck schimmerte durch die dunklen Augen „Hidekis", welcher aber schnell durch einen der Härte ersetz wurde.

„Ich weiß nicht wovon du redest."

Daraufhin starrten sie sich eine gute Zeit an, bis sie von der Klingel erlöst wurden.

Light brach aus seinem Trance-artigen Zustand und packte seine Sachen zusammen; Bereit zum gehen.

Doch kurz bevor er die Bibliothek verließ, um zum nächsten Raum zu eilen, hielt er inne und blickte zurück.

Dort, wo er bis vor kurzem noch gesessen hatte:

Der Schwarzhaarige saß dort noch immer - um ihn herum ein treiben von Schülern, die die Bibliothek als „Abkürzung" benutzen.

In all diesem Trouble sah er verloren aus, wie er leicht melancholisch zu Boden blickte, mit leeren Augen und einem Stirnrunzeln, welches den Denkvorgang unter dem schwarzen Haar zum Ausdruck brachte.

Und in Light regte sich sein Mitgefühl; Gerade bei diesem Scheusal.

Dem Scheusal, welchem Light am liebsten eine Hand auf die Schulter gelegt und ein paar wenigstens halbwegs ermutigende Worte mitgegeben hätte.

Aber so etwas tat Light nicht. Hatte er nie, würde er nie – da war er sich sicher.

So machte drehte er sich mit einem festen Ausdruck wieder um und bewegte sich Richtung Klassenzimmer; Weg von dem Jungen, der sich zu einem der größten Rätsel entwickelte, und, wie Light bald wissen sollte, zu einem „Problem".

Ja, wäre Light abergläubisch und ein klein wenig feinfühliger gewesen, dann wäre er Zuhause geblieben,und hätte die vorherigen, aber auch folgenden Tage nicht erleben müssen; und sich somit auch nicht den Kopf zerbrechen und zur Weißglut treiben lassen müssen.

Jedoch war Light nun einmal  wie er war.

Faktisch: Er war selbst dran Schuld.

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