Kapitel 19- Thea

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Am nächsten Morgen wachte ich vor Harry in seinem großen Bett auf. Der Lockenkopf lag noch schlummernd neben mir und sein bestes Stück war nur mit einem weißen Lacken bedeckt. Seine Tattoos auf dem trainierten Oberkörper stachen mir ins Auge, doch ich traute mich nicht diese anzufassen, nicht in diesem Moment, schließlich wollte ich ihn nicht wecken.
Also schnappte ich mir ein grünes Hemd, mit Flamingomuster, welches auf einem großen Kleiderstapel lag, und zog dieses an.
In der Küche angekommen durchwühlte ich den Kühlschrank, um ein paar Lebensmittel zu finden, damit ich uns ein Omelette für das Frühstück zaubern konnte. Es war sogar alles vorhanden was ich brauchte und eine Pfanne ließ sich auch schnell finden. Ich summte leise vor mich her während dem Kochen und erschrak, als mich zwei Arme von hinten umschlangen.
„Guten Morgen", brummte er verschlafen.
„Guten Morgen, Sweetcheeks. Gut geschlafen?", neckte ich ihn grinsend.
„Lass diesen beschissenen Spitznamen weg, ich kann ihn nicht mehr hören. Und ja, ich habe sehr gut geschlafen, denn ich hatte 'ne heiße Blondine im Bett. War ganz nett."
„So 'ne Blondine die ganz nett war, Sweetcheeks? Erzähle mir bitte mehr."
„Ja, sie war ziemlich nett. Was machst du da?", wechselte er das Thema. Ich antwortete ihm, dass ich Omeletts gemacht habe und wir diese schon essen könnten.
Wir aßen in Stille und ließen unsere Gedanken treiben. Ständig musste ich darüber nachdenken, was das zwischen Harry und mir war. Wir verstanden uns gut, auch außerhalb des Bettes - oder den anderen Örtlichkeiten - und trotzdem waren wir in keiner Beziehung, noch war das ein Freundschafts-Plus-Ding.
„Eine Ortschaft weiter ist heute der letzte Tag des Sommerjahrmarktes, hast du Lust mich zu begleiten?", durchbrach er meine Gedanken.
Im ersten Moment schaute ich Harry völlig perplex an, denn ich hatte nicht damit gerechnet, jedoch bejahte ich diese, denn warum sollten wir uns nicht ein bisschen auf dem Jahrmarkt vergnügen?
„Könnte ich dann noch schnell bei dir unter die Dusche hüpfen? Aber wag es dich bloß nicht unter die Dusche zu kommen!", zwinkerte ich dem grünäugigen Mann vor mir zu.
„Wir könnten aber Zeit sparen."
„Ach, ist mir Wurscht", winkte ich lachend ab und lief zum Bad.

Frisch geduscht und mit neuer Kraft fanden wir uns am sehr vollen Jahrmarkt wieder. Wir hatten zwar erst zwölf Uhr mittags, trotzdem war es überfüllt und relativ warm. Harry und ich hatten einen sehr warmen Tag für unseren kleinen Ausflug ausgesucht. Doch ich freute mich wie ein kleines Kind auf die Zuckerwatte und das Karussell, dass sich hoffentlich mit ein paar Einhörnern im Kreis drehte.
„Was willst du zuerst tun?", fragte er mich lächelnd. Wenn Harry lachte, dann kamen immer seine Grübchen raus, welche ich total liebte.
„Hm, wir können ja einfach mal schauen was uns zuerst anspricht." Zustimmend nickte er und wir landeten kurz darauf beim Autoscooter. Aus den Boxen lief laute Chartmusik und wir bezahlten für eine Fahrt. Besser gesagt Harry bezahlte, ganz der Gentleman.
Ist das unser erstes Date?, fragte ich mich, es klang sehr stark danach.
Das Autoscooterfahren machte richtig viel Spaß und Harry und ich bewiesen, dass wir ein ziemlich gutes Team waren. Wir zankten uns nicht, weil er zu schnell fuhr, oder zu hart ein anderes Fahrzeug gerammt hatte, schließlich gab es dabei kein zu fest oder zu hart. Ein anderes Pärchen hatte da ganz andere Probleme. Das Mädchen schrie wie bei einer Achterbahnfahrt, wenn die Fahrt steil bergab ging, während er wie ein kleines Kind grinste und sich nicht von seiner Freundin aus der Ruhe bringen ließ. Sie sah am Ende der Runde so aus, als würde sie ihren Freund umbringen wollen. Naja, sie hätte ja auch nein sagen können.
„Das hat echt Spaß gemacht", sagte ich zu Harry, als wir weiter den Jahrmarkt erkundeten und küsste ihn sanft auf die Wange.
„Fand ich auch. Lust auf Zuckerwatte?"
„Natürlich, was für eine Frage!", stieß ich vor Freude aus. Beim Bezahlen zückte ich meinen Geldbeutel und wollte wenigstens meine Zuckerwatte bezahlen, doch er bemerkte dies, schüttelte den Kopf und sagte, dass ich kein schlechtes Gewissen haben brauchte, nur weil er heute für alles aufkommen möchte. Ich willigte murrend ein. Plötzlich zog er meinen Kopf zu sich und küsste mich kurz auf meine vollen Lippen. Breit grinsend schauten wir uns an und wurden von der Zuckerwattefrau unterbrochen, die uns unsere rosa Süßigkeit gab. Genüsslich aßen wir die Wölckchen und spazierten weiter.
Und wie sollte es anders sein, fanden wir uns an einem Schießstand wieder. Er musste mir seine Männlichkeit beweisen, indem er etwas für mich gewinnen wollte. Diese Geste fand ich irgendwie süß und überhaupt nicht lächerlich.
„Halt mal bitte", bat Harry mich und drückte mir seine Zuckerwatte in die Hand. Gespannt schaute ich ihm zu, wie er die Dartpfeile in die Hand nahm und die bunten Ballons anvisierte. Ein Ballon nach dem anderen zerplatze und er gewann für mich einen kleinen süßen Kuscheltier-Eisbären. Er war total flauschig und ich freute mich, dass ich somit eine schöne Erinnerung an den Tag hatte.
„Danke Harry", bedankte ich mich aufrichtig bei ihm und küsste ihn. Er schmeckte nach Zuckerwatte, lecker.
„War mir ein vergnügen, Mylady", grinste er und versuchte einen britischen Akzent nachzumachen. Der Lockenkopf scheiterte kläglich an dem Versuch, er klang mehr, als hätte er eine heiße Kartoffel im Mund. Ich musste dabei ziemlich laut lachen, denn er hörte einfach nicht mehr auf, so bescheuert zu sprechen.
„Harry....bitte...ich kann nicht mehr", versuchte ich ihn zu stoppen, schließlich hatte ich schon Bauchschmerzen vom vielen Lachen bekommen.
„Abör, wi-o den, Hea?", fragte er gespielt den Unwissenden.
„Da!", rief ich begeistert. „Ein Karussell! Lass uns dahin!"
Ein großes Karussell stand vor uns, es war in rot und weiß gehalten und die Figuren bestanden nur aus Pferden. Zwar nicht so wie gewollt mit Einhörnern, aber mit Pferden konnte ich auch leben. Auch dafür bezahlte Harry wieder und er setzte sich auf ein weißes und ich auf ein schwarzes Pferd. Die schöne Karussell-Musik passte zum Auf und Ab der Pferde und ich fühlte mich wie ein kleines Kind. Karussellfahrten waren schon immer etwas schönes für mich gewesen, denn die Bewegung ließ mich nostalgisch werden und für einen kurzen Augenblick all meine Sorgen vergessen. Sogar Harry schien seinen Spaß dabei zu haben und strahlte mit den goldenen Stangen um die Wette.
Nachdem unsere, für mich, viel zu kurze Fahrt vorbei war, liefen wir zurück zu Harrys Auto. Es war schon fast Abend, so schnell ist die Zeit umgegangen, ohne das Harry und ich das bemerkten.

An meinem Studentenwohnheim angekommen, begleitete mich Harry noch bis auf mein Zimmer. Mit dem kleinen Eisbär im Arm liefen wir Hand in Hand zu meinem Zimmer, welches ich mit Anna teilte.
„Der Tag mit dir war wirklich sehr schön und ich fand es toll, auch mal deine andere Seite kennenzulernen", teilte ich ihm mit.
„Meine andere Seite also?", zwinkerte er mir zu.
„Ja, deine angezogene und nicht so versaute Seite", neckte ich ihn.
„Ich bin doch nicht versaut", rief er gespielt empört aus.
„Mhm, kann sein. Ich mag beide Seiten", gab ich zu und küsste ihn. Der unschuldig beginnende Kuss wurde immer leidenschaftlicher und Harry drückte mich gegen meine Zimmertür.
„Kann ich noch mit reinkomme?", fragte er mich atemlos.
„NEIN!", kam es von der anderen Seite der Tür.
„Schade, ich wollte Thea gerade in Grund und Boden vögeln", rief Harry zurück.
„ZU VIEL INFO!", entgegnete Anna und somit war klar, dass er mich doch nicht in Grund und Boden vögeln konnte. Schade eigentlich. Zu diesem Spruch bekam er jedoch zusätzlich einen leichten Faustschlag in den Bauch - gratis versteht sich.
Er begann mich wieder zu küssen, doch Anna unterbrach uns dann, indem sie laut fragte, ob ich nicht reinkommen wollte.
„Ich sollte wohl rein", lachte ich, die Augen verdrehend und zeigte zur Tür hinter mir.
„Hm, okay. Wie sehen uns. Bye, Thea", verabschiedete er sich, aber nicht ohne einen kleinen Kuss auf meiner rosa Wange zu hinterlassen.

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