Outtake - Socken und Schuhe

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Grinsend sehe ich aus dem Fenster und beobachte Ana und Ted, wie sie im herbstlichen Garten Fangen spielen.

Ted geht seit zwei Monaten auf die Schule und Ana arbeitet seit einem Vierteljahr wieder Vollzeit, als leitende Cheflektorin bei SIP. Meine Familie ist gesund, munter und meine Verlobte wird mich nächstes Jahr endlich erlösen und einen ehrbaren Mann aus mir machen.

Nur widerwillig gehe ich an meinen Schreibtisch, um noch ein wenig Arbeit zu erledigen. Ana und ich werden später einen entspannten Abend ohne Kind verbringen. Grace holt Teddy um drei Uhr zu einem einen Einkaufsbummel ab, bei dem sie ihn mit Sicherheit wieder versucht, mit Süßigkeiten zu mästen. Meine Mutter ist – trotz ihres Berufes – eine der schlimmsten Omas der Welt. Nicht schlimm für Ted, aber sie musste ja auch nicht das letzte Mal den kleinen Mann trösten, der meinte, wegen heftigen Bauchschmerzen am Sterben zu sein. Wenn einem ein siebenjähriger Junge erklärt, man würde sein Schlagzeug erben, könnte man Großeltern am liebsten in die Luft sprengen. Unabhängig vom verwandtschaftlichen Verhältnis, das man selbst mit diesen Altersteilzeit-Saboteuren hat.

Als ich ihn gebeten hatte, mir aufzuzählen, was er alles gegessen hat, wunderte es mich nur, dass er lediglich Bauchschmerzen hatte. Jedes normale Kind wäre bei der Hälfte der Füllmenge geplatzt. Ich wundere mich nicht mehr über so was, sondern nehme es hin. Kinder leben außerhalb sämtlicher Naturgesetze.

Ana hatte ein längeres Gespräch mit Grace und Ted, wir haben ihr einen strikten Süßigkeiten-Fahrplan aufdiktiert. Allerdings habe ich meine Mutter und meinen Sohn in Verdacht, diesen nicht zu befolgen, und leider hält Sawyer hinterher immer dicht. Er wird mit Eis bestochen, da bin ich mir sicher. Anders war der Schokofleck auf seinem Jackett nach dem letzten Einkaufsbummel der beiden nicht zu erklären.

Als es einige Zeit später klingelt, höre ich Ted begeistert meine Mutter begrüßen. Kurz darauf klopft es, eine komplizierte und absolut willkürliche Aneinanderreihung von Geräuschen, die typisch für Ted ist.

„Komm rein, Teddy", sage ich grinsend und er tritt ein, kommt um den Schreibtisch und sieht mich an.

„Ich fahr jetzt mit Oma in die Stadt. Wir wollen einkaufen."

Ich lächle ihn an, während er auf meinen Laptop schielt, das vierte Gerät, welches dieses Jahr hier Einzug gehalten hat.

„Nein, Ted. Du hast schon drei Stück gekillt, eins im Escala, zwei hier. Den nächsten Laptop ziehe ich dir vom Taschengeld ab. Du hast einen eigenen."

Einen Kinderlaptop, mit allen Sicherheitseinstellungen und Stoß- und Spritzwassergeschützt. Ich weiß mittlerweile, dass elektrische Geräte mit wenigen Dingen klar kommen. Salamischeiben in CD-Laufwerk zum Beispiel sind deutlich suboptimal. Ted konnte mir nie erklären, was er damit bezweckt hatte. Die Cola über der Tastatur hat sich dafür von selbst erklärt, nicht jedoch Teds unerlaubte Anwesenheit im meinen Büro. Ich habe langsam einen Hochsicherheitstrakt aus diesem Raum gemacht. Nur mein Junge kommt auf die Idee, das Mauskabel durchzuschneiden, weil ich einmal gesagt habe, dass ich eine kabellose Maus besorgen möchte. Na ja, die hatte ich dann auch gebraucht.

„Wenn ich mir was von meinem Geld kaufen möchte, darf ich das?", fragt mich Ted und sieht mich unschuldig an.

„Was denn?", frage ich nach.

Immer nachfragen, wenn mein Junior etwas will. Er ist ein knallharter Verhandlungspartner und könnte einen Spitzenpolitiker unter den Tisch argumentieren.

„Socken und Schuhe", sagt er.

„Ted, das kaufen wir dir doch, das musst du nicht vom Taschengeld bezahlen."

50 Shades of HopeWhere stories live. Discover now