Kapitel 4: Nachbarschaft und Rassismus

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"So Caru. Der Plan für heute sieht folgendermaßen aus: Wir machen einen Ausflug in die direkte Nachbarschaft!" Caru flatterte aufgeregt auf ihrem Stuhl herum, während ihre Gastgeberin versuchte, ihr die Karte zu erklären. Als Ayumi begriff, dass dieses Unterfangen unmöglich war, beschloss sie einfach draufloszulaufen.

Es war Hochsommer und sie trug lediglich ein kurzes T-Shirt und Hotpans, während Caru wieder in ihr typisches indianisches Outfit geschlüpft war. Noch einmal tief durchatmen, dann traten die beiden selbstbewusst auf die Straße. Sofort zog Caru alle Blicke auf sich. Einige gingen ängstlich ein paar Schritte zurück, andere zeigten mit dem Finger auf Caru und machten Anstalten, ihre Handys und Kameras rauszukramen. Die Mädchen ließen sich davon allerdings nicht einschüchtern, spazierten selbstbewusst durch die Straßen und posierten für ein paar Fotos.

Ayumi nahm mit Freuden zur Kenntnis, das die meisten Menschen Caru nicht feindlich gesinnt waren, manche waren schlichtweg noch etwas mit der Situation überfordert. Fröhlich zeigte Ayumi ihrem Gast ein paar Geschäfte und öffentliche Gebäude und stellte der Harpye ein paar Leute vor, wie den netten Eisverkäufer oder die Oma, die sich noch gar nicht alt fühlte und gerne im Skatepark abhing.

Der ganze Ausflug schien ein voller Erfolg zu werden, bis sie den Supermarkt erreichten. Ayumi wollte für ihren Gast ein paar exotische Früchte kaufen, da es diese in den kleinen Läden nicht gab. Viele Menschen brachten schnell Abstand zwischen sich und die Harpye und Ayumi fühlte sich zunehmend unwohl. Schnell packte sie die letzten Früchte ein, als hinter ihr plötzlich ein lautes Scheppern ertönte. Erschrocken drehte sie sich um und sah ihre Mutter einige Meter von ihr entfernt stehen. Diese blickte sprachlos zu ihnen hinüber und hatte vor Schreck die Dose fallengelassen, die sie bis eben noch in der Hand hielt. "D...Du...Du hast so ein ein...ein Monster bei dir aufgenommen?! Eine von diesen widerlichen Kreaturen?!" Auch Caru schieb den ernst der Lage bemerkt zu haben und ging vorsichtig ein paar Schritte zurück. "Mom. Ich wohne nicht mehr bei euch. Ihr habt mich rausgeworfen. Du hast mir rein gar nichts mehr vorzuschreiben. Und ich lasse nicht zu, dass du Caru beleidigst." "Hast du überhaupt eine Ahnung, was das für unsere Familie bedeutet?!", antwortete ihre Mutter zunehmend hysterisch: "Nicht nur, dass du eine...eine Lesbe bist, jetzt hast du auch noch so ein ekliges Tier im Haus! Du zerstört unseren guten Ruf!"

Ayumi wurde dieses Gespräch langsam zu blöd. "Wenn es deinem Ruf schadet, dass ich tolerant bin, dann solltest du mal darüber nachdenken, ob du so einen Ruf überhaupt willst!" Mit diesen Worten packte sie Caru am Arm, drehte sich um und Schritt zur Kasse. Nur wegen ihrer dämlichen Mutter, wollte sie nicht auf ihr Obst verzichten. Obwohl sie versuchte, es zu verbergen, war Ayumi unglaublich wütend.

Während des Ausflugs war es spät geworden und vor der Kulisse eines wunderschönen Sonnenuntergangs bereitete sie das Abendbrot zu, während Caru etwas hilflos am Tisch saß. Energisch und stinksauer schnitt sie das Obst klein, obwohl die arme Drachenfrucht überhaupt nichts dafür konnte. Beim Essen herrschte eine angespannte Stimmung und keiner der beiden verspürte das Bedürfnis, über das Erlebte zu reden.

Schließlich wurde Caru diese Stille zu unangenehm und Sie stellte die erstbeste Frage, die ihr in den Sinn kam: "Warst du schon mal verliebt?" Ayumi errötete und vergaß für einen Moment ihre Eltern. "Naja, da war schon mal ein Mädchen...eine Klassenkameradin namens Tsuki. Sie war ein unglaublich süßes, zierliches Mädchen mit niedlichen großen Rehaugen und rotbraunen Haaren", schwärmte sie "In der neunten Klasse habe ich ihr meine Liebe gestanden, aber sie hat mich damals abgewiesen. Meine Eltern waren entsetzt, sie denken immer noch, Homosexualität sei eine Krankheit. Mein Leben ist zur Hölle geworden. Aber nachdem ich die Schule beendet hatte, konnte ich mit dem Geld meiner Eltern ausziehen und jetzt wohne ich seit knapp 3 Monaten hier. Inzwischen bin ich über Tsuki hinweg.", beendete Ayumi ihren Bericht. Caru sah gequält zur Seite. Ihre Gastgeberin beschloss, dass sie Caru wohl zu einem späteren Zeitpunkt zu ihrem Liebesleben befragen sollte und rief stattdessen fröhlich: "Wollen wir uns einen Film anschauen? Im Fernsehen läuft Gozilla!"

Caru war einverstanden und so wurde es doch noch ein schöner Abend. Ayumi machte Popcorn und beide kuschelten sich auf das Sofa. "Zum Glück bist du nicht so ein Monster.", sagte sie scherzhaft zu Caru "Stimmt", antwortete diese, "dann käme ich nicht in den Genuss deiner wundervollen Kochkünste!" Beide lachten, aber Caru dachte sorgenvoll an die Fabelwesen, die sich den Menschen noch nicht gezeigt hatten.
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Ich will euch immer so viel sagen, aber nicht mehr als ein Thema pro Kapitel ansprechen. Vielleicht sollte ich doch zwei Uploads pro Woche bringen. Tsuki ist übrigens von einer realen Person inspiriert.

Fall In Love With A Monster Girl [GirlxGirl, Girlslove, Yuri]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt