I miss you

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Amanda P.o.V

"Zum Glück ist er in einer Woche wieder da", sagte Harry's Mum seufzend und warf mir einen tröstenden Blick zu. "Ohne ihn würde ich den ganzen Haushalt gar nicht schaffen. Gemma ist ständig weg und mein Mann lässt sich auch nur selten blicken." "Du kannst mich ruhig anrufen wenn du die Woche mal Hilfe im Haushalt brauchst. Dann könnte ich dein Harry-ersatz sein" Wir lachten. "Das ist süß von dir" Anne schloss das Auto auf und wir fuhren bis zu meiner Haustür. "Danke fürs Fahren", sagte ich während ich austieg und lächelte Anne zu. "Kein Problem, bis dann"

Auf dem schmalen Weg der sich durch unseren Garten schlängelte kramte ich meinen Schlüssel aus der Tasche und schloss die Tür auf. Mum kam aus der Küche und legte den Finger auf die Lippen. Sie telefonierte. Leise schlich ich mich in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir. Gerade wollte ich mir eine Zigarette anzünden als mir einfiel, dass Mum sie ja bereits in den Müll geschmissen hatte. Genervt entsperrte ich mein Handy um zu sehen ob es irgendetwas neues auf Twitter oder Tumblr gab. Nichts natürlich. Mir fiel ein, dass Justin noch gar nichts von sich hatte hören lassen. Entweder er bastelte gerade an einem ziemlich fiesen Racheplan oder er hatte das ganze ein wenig verdrängt. Das zweite wäre mir ehrlich gesagt lieber.

Harry P.o.V

Der Tag verging so langsam, dass ich alle zwei Minuten auf die tickende Küchenuhr über der Spüle sah. Oma holte gerade ein Kartenspiel aus ihrem Schlafzimmer während ich die beiden dampfenden Teerassen auf den Holztisch stellte. Ich liebte meine Oma ja, doch manchmal war es auch ziemlich anstrengend. Andauernd vergaß sie wo sie ihre Brille liegen gelassen hatte oder was sie in dem Zimmer, das sie gerade betreten hatte überhaupt wollte. Vorhin war sie ganz verwirrt gewesen weil sie felsenfest davon überzeugt war in ihrem sei ein Geist gewesen. Oma glaubte nämlich auch an so altes Voodozeug und rätselhafte Kraft von außen. Während ich sie dann zarghaft an den Schultern fasste, sie in die Küche brachte und immer wieder mit beruhigender Stimme beteuerte, dass dieser Geist nur Einbildung gewesen war, warf sie ständig einen panischen Blick über die Schulter und rief völlig aufgebracht :"Da war ein Geist, mein Junge. Ich hab ihn gesehen so wahr ich hier stehe"

Ja anstrengend war es, keine Frage, aber trotzdem war sie meine Oma und ich mochte ihre außergewöhnliche Art. Nach ein paar Minuten kam sie mit kleinen Schritten und leicht gebückt in die Küche und knallte die Karten mit einem triumphierenden Lächeln vor mir auf den Tisch. "Hab doch gewusst, dass sie in der alten Schublade von deinem Großvater waren. Er hat mit seinen Freunden manchmal ganze Nächte lang zu einem ordentlichen Glas Rotwein und Baguette gespielt", verkündete sie und griff mit zittrigen Fingern nach der Teetasse. "Kann ich mir gut vorstellen", grinste ich und mischte die Karten. Was machte Amanda wohl gerade? Nach dem Kartenspiel würde ich sie mal anrufen. "Doppelass", sagte Oma stolz und sah mich, die Karten wie ein Fächer übereinander gelegt, herausfordernd an. Seuftzend zog ich eine Karte vom Stapel. "Heute hab ich wohl kein Glück"

Nach wenigen Minuten hatte Oma gewonnen und wir spielten noch ein Spiel. Nachdem Oma auch dieses gewonnen hatte und die nächsten 6 ebenfalls, gab ich auf. "Wo hast du so Karten spielen gelernt?", fragte ich erstaunt und stapelte die Karten sorgfältig in den kleinen Pappkarton. "Früher als ich etwa in deinem Alter war, mein Junge, sind wir Kinder nachmittags manchmal zu einer kleinen verlassenen Waldhütte gegangen. Sie stand direkt neben einem Bächlein, ganz verdeckt von Zweigen,  Bäumen und Blättern. Hach...ich erinnere mich so gerne an diese Zeit. Die Hütte stand schon seit Ewigkeiten leer und von dem Besitzer hatte niemand etwas gehört. Eigentlich durften wir nicht zu der alten Hütte gehen doch wir haben es trotzdem getan. Und dann haben wir Karten gespielt und auf Georgia's kleinem Kassettenrecorder, den ihre Eltern ihr zur Konfirmation geschenkt hatten, Musik gehört. Das waren vielleicht schöne Zeiten", lächelte Oma verträumt und sah auf die dunkle Straße. Wie einsam musste sie wohl sein, seit Opa tot war. "Ich will aber morgen eine Revanche", lächelte ich frech und ging einmal um den Tisch herum um die leeren Teetassen in die Spülmaschine zu stellen. "Die bekommst du Harry"

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