|16|- Angst entsteht Instintiv

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Ich könnte rennen, einfach weg von diesem komischen Ort. Von diesem komischen Haus. Ich wollte laufen, aber meine Beine blieben an Ort und Stelle.

Noch ein lauter Ruf ertönte direkt von der Tür, hörte sich nicht wie die des unbekannten Mannes an. Dann öffnete sie sich und jemand blickte mich zuerst uninteressiert, dann geschockt an.

„Summer?"

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|Freitag nach der Schule|

»·Summer

Ich erschrak, als ich ihn erkannte. Tausende Gedanken, hauptsächlich Fragen schwirrten in meinem Kopf umher. Er wohnte tatsächlich hier, in diesem schon fast schäbigen Haus, mit der vermutlichen Stimme des Anrufs, welche ihn grundlos zusammen geschrien hatte. Und so wirklich sicher, wusste ich das alles auch nicht. Vielleicht wohnte er gar nicht hier, sondern besuchte nur jemanden. Vielleicht war es gar nicht die Person von dem Anruf, sondern jemand ganz anderes. Irgendwie passte teilweise etwas zusammen und doch blieben tausende Fragen.

Das gelegentliche Fehlen in den letzten Stunden wäre so erklärt, dass er öfter Anrufe, wie diese bekommt und deshalb die Schule verlässt.
Wer ihn anruft und warum dieser so wütend ist, bleibt dennoch offen.

Warum er nicht mehr angegeben hat, wo er wohnt, kann ich nur spekulieren. Vielleicht hatte er sich hierfür geschämt?

Aber die Angst vor Kontakt und das Bild, blieben ein Rätsel.

David öffntete die Tür etwas mehr, stellte sich gerade hin und sah mich erwartend, gleichzeitig total verwirrt an. Er schloss seinen bis eben, vor Schreck geöffneten Mund, schluckte daraufhin stark. Ich beobachtete aus meinem Augenwinkel nur schwach, wie er seine linke Hand samt Unterarm hinter seinen Rücken schob, seinen Blick kurz auf den Boden sank und meinem somit für einen Moment auswich. Er sah immer noch so aus, wie in der Schule vorhin. Die selben Verletzungen, die selben, leicht zerzausten Haare ohne Mütze und die selben Klamotten. Ein Hauch Erleichterung machte sich in mit breit, weil er keine neuen Wunden oder Blutergüsse trug und Enttäuschung, dass er überhaupt welche hatte, dass überhaupt so schlimme Male sein Gesicht zeichneten.

„Was machst du hier?“
Wollte er leise wissen, war nicht viel lauter, als ein Flüstern und baute daraufhin wieder Augenkontakt auf, sah mich etwas von unten an. Als unsere Blicke sich kreuzten, wurde mir augenblicklich wieder komisch. Heute war ein Tag, an dem ich am laufenden Bande nur noch verwirrt war, mich fühlte, als sei ich im falschen Film. Nur durch das leise rauschen und plätschern vernahm ich leicht, dass es anfing zu nieseln.

Wieso... Ich meine... Ich verstand einfach nichts mehr, was mit ihm zutun hat. Ich könnte mir tausende Fragen stellen und würde keine, keine einzige Antwort bekommen, weil wahrscheinlich nicht einmal David diese kannte. Irgendetwas passiert in mir, wenn ich in seine Augen sah. Aber es war auf gar keinen Fall Liebe oder etwas, was mit diesem Thema zutun hatte. Es war nicht so, dass ich weiche Knie bekam, mein Herz einen Satz machte und danach total schnell weiter schlug oder, dass ich den Drang verspürte, weg zu sehen. Gar nicht, eher das Gegenteil. Ich fühlte mich nicht verliebt, aber heimisch. Wenn ich eben noch total aufgeregt war, Angst davor hatte wer aus diesem Haus kommen wird, beruhigten seine Augen mich wie es sonst die meiner Eltern taten, als ich damals Nachts Angst hatte. Ich fühlte mich besser, nicht mehr so unter Druck gesetzt  und unbehaglich, sondern einfach beruhigt. Sein Blick gab mir ein Gefühl, als würde er mich beschützen, aber warum mein Kopf, vielleicht auch mein Herz so dachte, wusste ich einfach nicht. Angst entsteht -ebenso wie Ruhe- nicht bewusst, sondern aus dem Instinkt, dem Kopf, dem Herzen und teilweise aus der Panik heraus. Du kannst nicht bestimmen wann du dich Unbehaglich fühlst, einfach totale Angst hast, vielleicht los schreist, dein Herzschlag sich verschnellert oder du anfängst zu zittern. Ebenso wenig kannst du beinflussen wann -und bei wem- du dich wohl und beschützt fühlst. Du handelst nicht bewusst, sondern aus der Situation und deinem Instinkt heraus. Aber ich weiß ganz genau, warum ich mich bei meinen Eltern, Verwandten und Freunden wohl und sicher fühle.

What are you afraid of?Where stories live. Discover now