Kapitel 19

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" Wieso fragst du? Sollte ich etwa nicht nett sein?" Er sah mich etwas verwirrt an.

Ich schüttelte meinen Kopf. " Nein, so meinte ich das nicht. Aber ich verstehe nicht, warum du so nett zu mir bist, ich meine, immerhin bin ich deine zukünftige...Ehefrau und bin abgehauen. Stört dich das nicht? Würdest du nicht eigentlich ausrasten und mich schlagen, so wie alle anderen Leute unserer Liga es tun würden? " fragte ich leise.

Ehrlich, ich hatte Angst vor seiner Antwort.

Eine Weile kam nichts von ihm. Dann drehte er sich so, dass ich ihn ansehen musste. " Jetzt hör mir mal zu, okay? Wieso sollte ich dich schlagen? Weil dein Vater es tut? Nein. Ich schlage keine Frauen, denn ich habe Respekt vor ihnen. Mehr oder weniger bin ich durch eine Frau entstanden und ich habe kein Recht, eine Frau zu schlagen. Egal, ob es meine zukünftige Ehefrau ist, die reißaus genommen hat oder meine Tochter, die ich vielleicht einmal haben werde. Ein Mann mit Abstand und Respekt, der seine Frau und Familie liebt, tut etwas wie das nicht. Und wenn ich du wäre Tessa, dann hätte ich dasselbe gemacht. Wahrscheinlich hätte ich nur noch mehr Probleme gemacht. "

Bei seinem letzten Satz musste ich unwillkürlich grinsen. Zum Scheiße bauen war er ja perfekt für mich.

Ich ließ mir seine Worten nochmals durch den Kopf gehen. Ich musste zugeben, er war wirklich ein toller Mann. Eigentlich hatte ich erwartet, dass ich ein paar blaue Flecken und Prellungen haben würde, doch ich hatte genau das Gegenteil bekommen. Vielleicht war er ja doch nicht ganz so übel, wie ich anfangs gedacht hatte.
Dann lehnte ich mich zu ihm und schloss meine Arme um seinen Oberkörper.

" Danke." nuschelte ich in seine Brust. Er lachte leise auf, dann schloss er ebenfalls seine Arme um mich. " Kein Problem."  Und so langen wir da, Arm in Arm und ich lauschte seinem Herzschlag. Es pochte gleichmäßig und ruhig, fast wäre ich sogar eingeschlafen.

" Du hättest mich nicht einmal angebrüllt?" fragte ich leise. Sofort schoss die Antwort aus seinem Mund. " Nein. Das hast du nicht verdient. "

Für diese Antwort hätte ich ihm die Füße küssen können. Doch ich beließ es dabei, ihn noch einmal ein bisschen fester zu umarmen.

" Hey Tess? Willst du überhaupt zurück zu deinem Vater?"  " Nie im Leben. Ich hasse ihn, er ist ätzend." Darauf kam nur ein zustimmendes Brummen von ihm.

" Sag mal, hast du gerade zugestimmt, dass mein Vater ätzend ist?" fragte ich und sah ihn mit großen Augen an. Er lachte auf und stubste meine Nase leicht mit seinem Finger an.

" Dein Vater ist mehr als ätzend. Wundert mich nicht, dass du abgehauen bist." Oh man, er war echt toll.

" Wenn wir geheiratet haben, ziehe ich dann bei dir ein?" fragte ich. " Wenn du willst."  " Unbedingt. Dann kann ich meinem Vater bei meinem Auszug endlich alles sagen, was ich ihm schon immer mal sagen wollte!"

" Ich helfe dir." war seine Antwort und brachte mich dazu, laut aufzulachen. " Du bist echt toll, ich mag dich."

" Ich mag dich auch Tess."   0hne das ich es wirklich wollte, musste ich lächeln. Er war wirklich total anders als ich erwartet hatte und es gewohnt war. Es war wieder ruhig, ich versuchte, so gut es eben ging, meinen Knöchel und den Gips zu ignorieren und mich auf Thomas zu konzentrieren. Und es funktionierte sogar.

So langen wir nebeneinander, doch ich konnte nicht einschlafen. Ich hatte noch eine dringende Frage an ihn, die mir schon etwas länger im Kopf herum schwebte, doch ich hatte mich nie getraut, ihn zu fragen. Und ich wusste auch nicht, ob es klug wäre, ihn das zu fragen. Doch irgendwann tat ich es.


" Thomas? Bringst du mich zurück zu meinen Eltern oder bleiben wir noch ein bisschen?" fragte ich leise, doch ich war mir nicht sicher, ob er mich verstanden hatte. Doch lange musste ich nicht auf meine Antwort warten.  " Wenn du willst, können wir noch bleiben. Ein bisschen weg von unseren Eltern würde uns allen nicht schaden und vielleicht können wir uns ja hier noch ein bisschen besser kennen lernen. Ich muss meine zukünftige Frau ja auch irgendwann kennen lernen."  Ich wusste nicht warum, aber ich musste grinsen.


"Ja, vielleicht sollten wir das. Aber jetzt haben wir ja genug Zeit."

Under the Mistletoe Where stories live. Discover now