Klare Worte

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Flynn kehrt zurück, aber er hat keine guten Nachrichten für mich. Zwei Wochen war er jetzt weg, und hat sich nur kurz bei mir gemeldet, um mir zu sagen, dass er Zeit mit Ana braucht.

Und als er endlich wieder da ist, hat er nicht mal eine Nachricht für mich, mit der ich leben kann.

Ana wird nicht wiederkommen. Und er verrät mir auch nicht, warum und was sie ihm erzählt hat. Er darf nicht, sie hat es verboten. Ich bin kurz davor, selbst hin zu fliegen, aber davon rät er mir ab. Flynn meint, sie braucht Ruhe, aber ich solle die Hoffnung nicht aufgeben, ihr Zeit lassen und sie nicht drängen. Er hat ihr einen Therapeuten besorgt, dem sie vertraut und ist zuversichtlich, dass es ihr bald besser geht - solange ich sie in Ruhe lasse. Sie kann keinen Stress gebrauchen, und er macht mir klar, dass ich im Moment Stress für sie bedeuten würde. Ich würde ihr schaden. Alleine diese Information schmerzt mich zutiefst.

Das ist jetzt schon sechs Monate her. Sechs Monate meiner persönlichen Hölle. Jeder Tag ist eine unendliche Qual, seit ich weiß, dass sie wieder am anderen Ende der Welt ist und mich nicht will. Uns nicht mehr will. Ein Teil von mir versteht es, aber ich kann nicht damit umgehen. Warum sie gegangen ist, verstehe ich auch nicht. Ich habe nicht mal eine Ahnung, was ich falsch gemacht habe. Und Grace hat auch nichts herausbekommen, es kam aus heiterem Himmel und hat uns alle geschockt.

Kate, Ray und Carla stehen mit ihr in Kontakt, den sie wohl von sich aus aufgenommen hat und Ray versucht mich, soweit er kann, aufzumuntern. Carla war sogar für zwei Wochen in Australien und hat sie besucht. Sie erzählte mir, dass Ana sehr stark wäre und die Claytons sich gut um sie kümmerten. Sie hat einen Therapeuten, der mit ihr alles aufarbeitet. Bei mir meldet sie sich jedoch nicht. Die Funkstille macht mich wahnsinnig, weil ich nicht weiß, wie lange sie noch dauern wird. Den Rest meines Lebens, wie ich fürchte, werde ich bei jedem Anruf zusammenzucken und schneller atmen.

Ihre Abwesenheit hat die Leere, welche ich in den letzten vier Jahren in meinem Leben gefühlt habe, verstärkt. Jetzt ist es ein Vakuum, das mich zu verschlingen droht. Eine Gravitation der Verzweiflung und jeder Tag ist lichtleer und grau für mich. Flynn hat unsere Sitzungen auf zweimal die Woche erhöht, aber was soll das bringen? Als ich sie noch gesucht hatte, hat mich die Aufgabe, Ana zu finden, angetrieben. Jetzt ist dieser Antrieb weg und ich kann nur noch versuchen, nicht völlig in der Dunkelheit und in meinen Qualen zu versinken. Die Arbeit hilft, aber auch nur, um die Tage zu überstehen. Die Nächte stehen auf einem ganz anderen Blatt. Ich habe Albträume, in denen ich hilflos mit ansehe, wie Ana niedergestochen wird. Oder in denen sie unser Kind verliert. Und noch schlimmer ist es, wenn ich von Rose träume und den Dingen, die ich mit ihr getan habe. In dem Wissen, dass sie das Safewort gesagt hätte, wenn Ana es sich selbst erlaubt hätte. Ich habe sie geprügelt, gequält und erniedrigt.

Und ich erwache nach diesen Träumen und fühle mich erregt und schuldig zur gleichen Zeit. Ich hasse dieses Gefühl. Wenn ich nur gewusst hätte, warum sie so kalt war. Ich hätte sie mit Vorsicht und Zärtlichkeit behandelt, versucht, ihr Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln. Wie hätte ich ahnen können, was alles passiert war? Die Frau, die ich in Australien kennengelernt habe, hatte keineswegs wie ein verletzliches Wesen gewirkt. Und alles, was darauf hin gedeutet hat, alle Warnungen von Clayton, hatte ich ignoriert.

Heute ist wieder ein Tag, der mit einer furchtbaren Nacht begonnen hat. Andrea kennt meine Launen inzwischen, aber sogar sie geht heute in Deckung. Ich lasse meinen Frust an meiner Umgebung aus, wenn jemand meine Ansprüche nicht erfüllt. Und das diese hoch sind, war allen klar, bevor ich sie eingestellt habe. Wenn eines im Moment gut läuft, dann die Geschäfte. Ich habe ja auch sonst nichts mehr. Arbeiten, schlafen, nachdenken und Sitzungen bei Flynn. Mehr ist mir nicht geblieben, mit Ana ist die Sonne aus meinem Leben verschwunden, und als sie das zweite Mal fort ist, hat sie auch noch die Sterne mitgenommen und mein Leben zu dunkelster Nacht gemacht. Bastille trainiert mich fast täglich, aber nicht mal körperliches Workout kann mir die Albträume nehmen. Egal wie müde ich bin, die Nächte gehören Ana. Und ohne sie sind sie ein Hardlimit für mich. Ich brauche Ana wieder!

50 Shades of IceWhere stories live. Discover now