Feuer der Leidenschaft

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Selbe Zeit, einige Kilometer entfernt:

"Ich glaube, dass ist eine ganz schlechte Idee, Cathy. Wenn die uns dabei erwischen, kommen wir nie wieder auf freien Fuß", flüsterte der magere, blonde Junge und sah die junge Frau neben ihm beinahe bittend an. Doch diese schnaubte nur abfällig. "Hast du etwa Schiss?", fragte sie ihn mit spöttisch hoch gezogener Augenbraue und band sich die langen, roten Locken zu einem Zopf zusammen. Die Miene des Jungen verfinsterte sich und er schob trotzig das schmale Kinn nach vorn. "Haha, sehr witzig... ich hab nur ein schlechtes Gefühl bei der Sache, das ist alles..." Vorsichtig spähte er um die Ecke und drehte sich dann wieder mit einem zweifelnden Blick zu dem Mädchen. "Und ich hab keine Lust der Rest meines Lebens im Knast zu verbringen, Cathy!", fügte er noch hinzu, doch Cathy grinste nur hämisch. "Du bist ein Feigling geworden, das ist es. Wir haben das doch schon tausendmal gemacht. Wo ist da jetzt das Problem?" Sie neigte fragend den Köpf zu Seite und funkelte den Jungen aus ihren giftgrünen Augen heraus an. Dessen Blick hatte sich noch mehr verfinstert. "Aber das hier ist doch ganz was anderes! Du kannst doch unsere kleinen Einbrüche nicht damit vergleichen, dass wir die Queen beklauen wollen! Wenn es noch erlaubt wäre, würde man uns dafür mit Sicherheit hängen.", versuchte er ihr vergeblich klar zu machen, doch ihr Grinsen wurde nur noch breiter. Dann richtete sie sich gerade auf und machte einen Schritt in Richtung Ecke. "Dann dürfen wir uns eben nicht erwischen lassen.", antwortete sie und sah ihn noch einmal herausfordernd an. "Also ich hol mir jetzt die Kronjuwelen. Und was ist mit dir, Ed? Bist du ein Mann oder eine Maus?"

Missmutig betrachtete Cathy die mit haufenweise Edelsteinen besetzte Krone, drehte sie einige Male nach links und nach rechts und ließ sie im dumpfen Licht funkeln, bevor sie sie seufzend auf das Bett warf. "Ich hab mir die irgendwie hübscher vorgestellt... ", flüsterte sie enttäuscht und watete mit hängenden Schultern durch den schlicht eingerichteten Raum zum Waschbecken hinüber. Sie öffnete den Hahn und hielt die noch immer vom Blut verschmierten Hände unter das kalte Wasser. Auf dem Rand des Waschbeckens lagen weder Seife noch eine Bürste, was es um einiges schwerer machte den Dreck und vor allem das angetrocknete Blut von ihren Händen zu schrubben. Nach etwa drei Minuten war sie mit dem Ergebnis einigermaßen zufrieden und setzte die Aufgabe in ihrem Gesicht fort. Mit einem Blick in den Spiegel erhaschte sie eine ungefähre Ahnung von den Ausmaßen, die die Beschaffung der Kronjuwelen dort hinterlassen hatte. Sie sah aus wie ein Monster. Die sonst großen und leuchtenden Augen wirkten müde, matt und eher grau als grün. Unter ihnen zogen sich tiefe Augenringe und sowohl ihre Haut, als auch ihre Lippen waren leichenblass. Der einzige Kontrast dazu bildeten die vielen roten Spritzer auf der linken Gesichtshälfte. Energisch schrubbte sie mit den schon schrumpeligen Händen darüber, bis ihre Haut anfing zu brennen. Schwer atmend stützte sie sich auf das Waschbecken und starte erneut die Person im Siegel an. Das Blut war verschwunden und die Wangen hatten durch das Gerubbel etwas Farbe bekommen, aber ansonsten wirkte sie noch genau wie zuvor. Cathy schüttelte verständnislos den Kopf. "Sie sind nicht mal hübsch...", murmelte sie wieder, rannte wütend zum Bett hinüber und krallte sich die Krone. "WARUM BIST DU NICHT HÜBSCH?!", schrie sie verzweifelt, während ihr bereits einige kleine Tränen über die Wange kullerten. Wütend presste sie die bleichen Lippen aufeinander und holte aus, um das Schmuckstück einmal durch den gesamten Raum zu pfeffern, ließ ihn aber beinahe sofort wieder sinken und brach stattdessen schluchzend in Tränen aus.

Berichten zufolge handelte es sich bei dem Täter um den sechszehn Jährigen Edward Davis und seine siebzehn Jährige Schwester Cathlyn, welche vor etwa acht Jahren ihre Eltern bei einem Autounfall verloren. Darauf hin befanden sie sich wohl für einige Zeit in einem Kinderheim, wurden bis sie dann vor drei Jahren spurlos verschwanden und sich mithilfe mehrerer Einbrüche und Diebstähle offenbar selbst versorgten. Ihr letzter Diebstahl ging zumindest für den jüngeren Bruder tragisch aus, als dieser von einem der Wachleute im Tower of London in die Brust geschossen wurde. Seine Schwester entkam mit den Kronjuwelen, doch der  Sechzehnjährige starb noch am Unfallsort. Die Beamten berichten von ...

"Könnten sie vielleicht einen anderen Sender einschalten?", fragte Cathy den Barmann höflich und setzte ein seit Jahren perfekt einstudiertes Engelslächeln auf. Der kahlköpfige Mann blickte mürrisch zu ihr herüber, knurrte dann etwas Unverständliches und schaltete auf einen Sportkanal. Sie bedankte sich mit dem selben herzzerreißenden Lächeln und wandte sich dann wieder ihrem Bier zu. 

Silver of MoonWhere stories live. Discover now