Kapitel 39

11.5K 390 18
                                    

Wolf's Sicht

Erschöpft aber dennoch glücklich sperre ich die Tür auf, hoffend, dass mein Vater nicht Zuhause ist, aber leider werden meine Gebete nicht erhört.

Sein Geschrei hallt in meinem Kopf wieder und in innerhalb von wenigen Sekunden ist meine Laune wieder am Tiefpunkt angelangt.

Als ich in der Küche ankomme, sehe ich wie meine Mutter am Tisch weint und sofort zieht sich meine Brust zusammen.

"Mum, was ist passiert?", frage ich aufgebracht und setze mich neben sie.

"Nichts, mein Sohn, es ist alles in Ordnung.", schluchzt sie und verdeckt ihr Gesicht mit den Händen.

Mir wird ganz schlecht und irgendwas tief in mir sagt, dass nichts in Ordnung ist.

Ich greife nach den zierlichen Händen meiner Mutter und ziehe sie in meine Richtung, sodass ich ihr in die Augen blicken kann.

Mein Kopf braucht viel länger als sonst, um zu realisieren, was mit ihrem Gesicht passiert ist.

Ihr wunderschönes Auge wird von einem beinahe schon lilafarbenen Bluterguss verziert und es ist, als würde ein schwarzer Vorhang vor meinen Augen runterfallen.

"Hat er dir das angetan, Mum?", fauche ich streng und streiche sanft über die verletzte Stelle.

"Wolf, ich bin gestolpert und gegen einen Türknauf gefallen, er hat nichts getan.", erwidert sie schluckend und guckt mich nicht an.
Kein kleines Stück in mir glaub ihr diese falsche Geschichte und Mordgedanken tauchen in meinem Kopf auf.

"Wo ist er?", zische ich angespannt und stehe auf, um ihr einen Kühlbeutel zu holen.

"Aureli-", "Ich werde ihm nichts tun, ich will nur wissen, wo er ist, Mum.", unterbreche ich meine Mutter harsch, versuche irgendwie noch ruhe zu bewahren.

Wenn ich meinen Erzeuger erstmal gefunden habe, dann werde ich ihm die Kehle aufschlitzen.

"Im Büro.", antwortet sie schließlich und ich finde mich viel zu schnell auf der Treppe wieder.

Ohne zu klopfen, reiße ich die Tür auf und starre seinen Rücken an, würde ihm am liebsten von hinten um den Hals fallen, um ihn zu ersticken, doch ich entscheide mich gegen Mord.

Letztendlich möchte ich noch ein wenig Zeit mit meiner Elfe und meiner Mutter verbringen, weswegen ich das Gefängnis nicht nochmal gebrauchen kann.

Ich atme tief durch und versuche an den grünen Augen meines Engels festzuhalten, aber die Tränen meiner Mutter wiegen viel mehr, weswegen ich mich einfach nicht länger zusammenreißen kann.

"Hast du ihr das angetan?", frage ich streng, nicht zu laut aber auch nicht wirklich ruhig.

Wenn mein Vater ein normaler Mann wäre, dann hätte ich keines meiner Probleme.

Er ist der einzige Grund, warum ich dieser abgefuckte Wichser bin.

"Ich habe sie nicht geschlagen, Wolf, das würde ich niemals tun.", erwidert mein Erzeuger seelenruhig.

Das Schlürfen aus seiner Richtung lässt das Blut in meinem Körper kochen.

"Du hast sie geschubst, habe ich recht?", fahre ich fort, gehe einen Schritt näher auf ihn zu.

Allein schon die Tatsache, dass er mir nicht in die Augen guckt, beweist meine Vermutung.

"Leicht weggedrückt, mehr nicht.", antwortet er und das reicht mir schon.

Ehe einer von uns den nächsten Atemzug machen kann, packe ich seine Schulter und knalle seinen verdammten Kopf gegen die Wand.

"Komm, drück mich auch leicht weg, wenn du dich das traust, du schwanzloses Stück Scheiße! Wie wäre es, wenn du deine ach so tolle Macht gegen jemanden verwendest, der dir die Stirn bieten kann!", schreie ich ihn an und lasse immer wieder meine Fäuste gegen sein Gesicht knallen.

Die Nähte vom Streit mit Rowan platzen und Blut strömt aus jenen Rissen, doch im Moment ist das so egal.

Die Vorstellung, wie er meiner Mutter weh tut und sie ihn auch noch unter Tränen verteidigt, treibt mir Röte vor die Augen und die Wut in meinem Körper wird von Sekunde zu Sekunde größer.

"Du bist ein eierloser Bastard, der sich nichts traut und nichts in seinem Leben erreicht hat. Du bist ein katastrophaler Vater und wenn du einfach nur ein besserer Mensch gewesen wärst, dann wären wir heute glücklich und Sofia wäre noch da. Du bist der Grund für ihren Tod, weil wir wegen dir nie Zeit für sie hatten. Ich hasse dich mit jeder Zelle meines Körper und ich werde dir all das, niemals verzeihen.", schreie ich und ersticke beinahe an meinen Tränen, aber auch an dem Geruch von Blut, das mir die Sicht nimmt.

In einem Moment von Schwäche packt er mich am Kragen und schlägt auch meinen Körper gegen die Betonwand, sodass ich das Gefühl habe, dass mein Kiefer gleich zerbricht.

"Rede nicht so über sie, sonst schlage ich dir deinen kleinen Schädel ein, du undankbares, wertloses Kind! Deine Schwester war ein Engel und wegen dir konnten wir ihr nicht die nötige Aufmerksamkeit schenken! Entweder ich musste dich aus dem Knast freikaufen oder irgendwelche Psychologen rufen, weil du so verdammt schwer bist! Deine Drogen und dein verdammter Alkohol haben mich tausende von Dollar gekostet und du warst auch noch stolz auf dich selbst, du Stück Dreck. Ich wünschte du wärst an ihrer Stelle gestorben, dann hätte ich heute noch einen Grund, glücklich zu sein.", brüllt er mir ins Gesicht und tief in meiner Brust stirb etwas.

Ich spucke das Blut aus meinem Mund in sein Gesicht und schubse ihn weg.

"Jag dir halt eine fucking Kugel durch deinen scheiß Schädel, dann haben wir alle unsere Ruhe!", schreie ich und werfe die volle Flasche gegen die Wand.

Ich will es nicht zugeben, aber irgendwas in mir hat gehofft, dass er doch etwas für mich empfindet, wobei ich mich anscheinend mehr als nur getäuscht habe.

Er ist eine Enttäuschung für mich und ich eine für ihn und ich weiß nicht, was mich trauriger macht.

"Mein Sohn...", ertönt die sanfte Stimme meiner Mutter und als ich sie anblicke, rollen zwei Tränen meine Wange herunter.

"Kümmere dich um deinen Ehemann, er hat es nötiger als ich.", fauche ich nur und wische mir das Blut aus dem Gesicht, bevor ich an ihr vorbei laufe und das Haus verlasse.

Ich muss Aaliyah sehen, sie umarmen und ihren Geruch inhalieren, sonst werde ich mich wirklich umbringen.

Die Art wie die Augen meines Vaters vor Reue aber auch Hass und Zorn getrotzt haben, jagt Schauer über meine Wirbelsäule und doch kann ich nichts dagegen tun.

Er ist mein Vater und jeder Junge erhofft sich doch irgendwo einen Held in seinem Vorbild, aber mit dem Ausspruch seiner Worte, ist auch die letzte Hoffnung in mir gestorben.

MY BADBOYWhere stories live. Discover now