Kapitel 5

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Kapitel 5

Liam

"Das kannst du doch nicht ernsthaft in Erwägung ziehen. Nein, Will! Du musst die Polizei einschalten.", versuchte Liam seinen Freund wieder zur Besinnung zu bringen. Dieser war mittlerweile aufgesprungen und tigerte vor der Bank, auf der sie eben noch gesessen hatten, hin und her. 

"Das kann ich nicht machen. Ich hab doch nichts, was mich entlasten könnte. Alles aus der Zeit  ist weg, irgendwo. Keine Ahnung, wo. Ich zahle ihn aus und dann geht er." Will baute sich mit verschränkten Armen vor ihm auf. 

"Aber du hast doch deine Schulden bei ihm schon beglichen, oder nicht?! Du hast ihm nichts mehr zu zahlen. Was will er denn tun?" So langsam platzte dem Australier wirklich der Kragen. Wie konnte man nur so beratungsressistent sein?
Alles hatte damit angefangen, dass Will ihn nach einem Rat hatte fragen wollen. Dieser hatte mit einer Geschichte begonnen. Und zwar hatte er wohl in seiner Jugend viel Zeit auf der Rennbahn verbracht. Er hatte auf Pferde gesetzt. Manchmal viel gewonnen, aber noch mehr verloren. Irgendwann hatte er sich Geld geliehen, immer mehr und mehr. Als er schließlich vom Wetten los kam, hatte er sich bei seinen Eltern das nötige Geld geliehen, um seine Schulden auszugleichen, doch irgendwie hatte er es wohl versäumt alle Schuldscheine nachzuzählen. Jedenfalls war wohl innerhalb der letzten Woche ein Brief bei ihm mit einer Kopie eben diesen Schuldscheines eingegangen - ein Schuldschein über 5.000 Pfund. 


Liam schob ihm nun eine dampfende Tasse hin und ließ sich vor seiner auf der anderen Seite des Tisches nieder. Earl Grey half jedem Inselbewohner wieder klar zu denken, hoffte er wenigstens. 

"Wir werden einen Weg finden, Will. Nur zahl ihm kein Geld mehr. Du hast alles abbezahlt. Da kann nichts mehr sein. Und wo willst du überhaupt 5.000 Pfund her bekommen?" Aufmunternd lächelte er den Briten an. 

"Ich müsste irgendetwas verkaufen. Ich kann meine Eltern nicht schon wieder bitten. Ich müsste... ich müsste Chernobog verkaufen.", murmelte er vor sich hin, während er die warme Tasse mit beiden Händen umklammerte.

"Nein, das wirst du nicht tun. Das lasse ich nicht zu, niemals.", erklärte Liam eindringlich, aber so ruhig wie die Welt vor einem aufziehenden Sommergewitter. Und jeder seiner Reitschüler wusste, dass er zu einem wahren Gewitter mit Blitz und Donner werden konnte, wenn man seine Anweisungen nicht befolgte. 


Isabel

Die schokoladenfarbene Stute ließ entspannt den Kopf baumeln. Sie genoss das Putzen sichtlich, die regelmäßigen Bewegungen, mit der ihre Besitzerin ihr Fell bürstete. Langsam aber sicher hatte Elli mehr Vertrauen in sich und ihr Pferd. Sie hatte beinahe Angst gehabt, irgendetwas falsch zu machen - und das schon beim Putzen. Daran merkte man allerdings auch wie wichtig ihr das Verhältnis zu der Stute war. Sie wollte unbedingt alles richtig machen. Dass sie das noch nicht konnte, war allerdings sowohl mir als auch ihr mehr als klar.

Es war schon spät, als wir die Halle betraten. Das Licht brannte noch, doch es war niemand mehr zu sehen. Doch das kam mir sehr gelegen, denn heute wollte ich mit meinen Schützlingen das Longieren üben. Dawn wusste natürlich ganz genau, was sie zu tun hatte, doch an der Kommunikation zwischen der Stute und ihrer Besitzerin musste noch viel gearbeitet werden.

"So, die Longe hältst du wie Zügel zwischen den Fingern. Pass auf, dass du sie dir nicht um die Hand wickelst. Falls dein Pferd mal durchgeht, kann sich die Longe fest ziehen und das führt zu ganz unschönen Verletzungen.", erklärte ich Elli, während ich ihr dabei half, die Longe richtig in die Hand zu nehmen. Dann hob ich die Peitsche auf und stellte mich neben sie. "So, du hältst die Longe, ich nehme erst einmal die Peitsche. Jetzt sag ihr, was du von ihr willst."

Spanisches Temperament und andere ProblemeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt