Kapitel 31

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*Ben's POV*

"Gehören sie zur direkten Familie?", fragt der Arzt mich. "Nein, aber sie hat keine direkte Familie. Ich bin sozusagen gerade der einzige.", sage ich in der Hoffnung er sagt mir trotzdem etwas. Und tatsächlich tut er das.

"Gut. Die Patientin liegt im Koma und hat schwere Schäden, mental und physisch. Nach diesem Selbstmordversuch, würde ich vorschlagen, sie in eine Klinik einzuweisen, aber da sie 18 ist, kann sie das selbst entscheiden, wenn sie wach wird."   "w-wann wacht sie denn wieder auf?", frage ich besorgt.  "Das wissen wir nicht genau. Sie ist stabil und vielleicht bekommt sie auch mit, wenn jemand mit ihr redet, aber wir rechnen mit ein paar Wochen. Sie können sie nun besuchen." Ich bedanke mich und laufe dann zu ihrem Zimmer. 

Vor Ihrer Tür zögere ich und bevor ich rein gehe, sage ich Blake bescheid. Er hat das Recht davon zu erfahren. 

Als ich sie im Bett liegen sehe, sieht sie erstaunlich gut aus. Natürlich nicht, wie wenn sie gesund und wach wäre, aber ich hatte ein Mädchen voller Verletzungen und Blut erwartet. 

Natürlich waschen Sie sie, du Trottel.

Ich setze mich neben ihr Bett und halte ihre Hand. Es ist seltsam, weil ich nicht weiß, ob sie eigentlich irgendetwas spürt und es macht mir Angst, zu wissen, dass sie nicht  bald aufwachen wird und das vielleicht, ich der Grund dafür bin.

Ich hätte sie nicht verlassen sollen. Ich meine, wenn ich sie weiter glücklich gemacht hätte, dann wäre das alles nicht passiert. Ja, aber dann wärst du verletzt worden. Sie hat jemand anderes geküsst, und dieser jemand ist zufällig einer ihrer besten Freunde! 

Es ist alles einfach so verwirrend im Moment. Ich weiß, dass ich sie noch liebe, aber...vielleicht ist das einfach nicht genug, damit unsere Beziehung erhalten bleiben kann.  Ich spüre, wie sich Tränen bilden, aber ich halte sie zurück. Sie so zu sehen...so verletzlich und...Tod. Es macht mich fertig sie so zu sehen. 

"Ayana..es tut mir so leid. Ich wollte nie, dass dir irgendwas passiert." Ich schließe die Augen und atme tief ein und aus, um mich zu beruhigen, bevor ich vor Frustration noch irgendwas schlage. "Ich liebe dich.", flüstere ich und kurz danach stürmt Blake ins Zimmer rein.

"Was zur Hölle ist passiert?!", fragt er und zu sagen, dass er geschockt aussieht, wäre eine Untertreibung. Er geht näher an sie heran und fährt über die kleinen Narben an ihrem Unterarm. Hat sie es ihm nie erzählt?  Ich hatte es irgendwie erwartet, weil sie sich so nah standen.

"Was ist das..."; flüstert er, obwohl ich sicher bin, dass er weiß was das ist.

"Hör zu Blake, ich glaube es gibt ein paar Dinge die du nicht über sie weißt."

Er setzt sich auf einen Stuhl und vergräbt den Kopf in seinen Händen. "Wie konnte ich nie sehen, wie unglücklich sie war?! Das...nein das kann sie nicht sein. Ayana ist nicht so! Ayana ist immer fröhlich drauf!" Inzwischen läuft er hin-und her im raum. "Das ist nicht das Mädchen, dass sich mit mir im Park betrinkt und in Schulen einbricht! Das ist nicht das Mädchen, dass sich mit mir Tattoos sticht! Nein, nein das kann nicht passieren!" Er schüttelt die ganze Zeit den Kopf und ich versuche ihm zu erzählen, was eigentlich los ist. 

"VERDAMMT BLAKE! Setz dich hin!" Als ob er aus einer Trance erwacht ist, setzt er sich ganz still und starrt sie an. 

"Ayana ist nicht das fröhliche Mädchen das du kennst. Sie..sie hat Depressionen okay? S-sie schneidet sich und..u-und sie übergibt sich-h." Ich stottere selbst beim erzählen, denn wenn man es laut ausspricht kommt es einem so viel realer vor. Als hätte ich gedacht, das wäre alles ein schlechter Traum. Aber wenn man es dann ausgesprochen hat, weiß man, dass es wahr ist. Und das ist das erste mal das ich irgendwem von Ayanas Problemen  erzähle.

Bevor ich weiterreden kann, unterbricht er mich. "Wieso?" Er steht kurz vor den Tränen und ich senke den Kopf. Das ist alles zu viel für mich. Meine Hände reiben mehrmals über mein Gesicht, aber ich entspanne mich nicht eine Sekunde. 

"Ihr Vater schlägt sie und ihre Mutter ist Drogenabhängig.  Irgendwer ist damals gestorben, ich weiß aber nicht wer und sie...sie wurde vergewaltigt. Sie hat so ziemlich alles erlebt, was einem nur schlimmes passieren kann.", Ich sage alles in einem Atemzug und bin froh, dass es raus ist. Ich vergrabe mein Gesicht wieder in meinen Händen. 

"Ihr Bruder.", sagt er mit kalter stimme, die sich überhaupt nicht wie Blake anhört. "Was?", frage ich verwirrt. "Wir waren damals im Tattoo-studio.", fängt er an. "Sie hat mir von ihrem Bruder erzählt. Erik. Er war 17 als er starb. Er wollte Ayana abholen und hatte einen Unfall. Deshalb hat sie dieses Tatto mit dem Datum." Ich erinnere mich, wie Ayana plötzlich kalt wurde damals, als ich sie auf ihr neues Tattoo ansprach. 

27.09.2011 here forever ~E~ Ich erinnere mich noch genau an ihre worte. 

"Alle Menschen reden immer davon, wie schwer es ist sich zu erinnern, wo sie ihre Schlüssel liegen gelassen haben, die Telefonummer eines Freundes oder an den Namen eines damaligen Mitschülers, aber niemand erwähnt wie sehr wir uns bemühen etwas zu vergessen. Es ist so verdammt schwer und ermüdend. Aber es gibt Dinge, die muss man einfach so weit vergessen, dass man nicht jedesmal weint, wenn man sich erinnert.. Liebe ist kurz und Vergessen lang. Es tut weh zu vergessen und loszulassen. Und es wird immer schwerer je mehr man versucht etwas oder jemanden festzuhalten, wenn man merkt, dass derjenige immer mehr in der Erinnerung verschwindet. Ich fühle mich auf irgendeine Weise wie eine schlechte, sehr schlechte Person weil er von Tag zu Tag mehr zu einer Erinnerung wird, auch wenn er immer bei mir bleiben wird. Es ist verwirrend, weil man denkt die eigenen Gefühle waren falsch und man fängt an sich so klein zu fühlen, weil es so hart ist zu merken, dass das was verloren ist, nicht wieder zurück kommt. Das macht mir schrecklich angst."

 "Ich fasse es nicht, dass ich diese Narben nie bemerkt habe.", flüstert Blake mit einem so blassen Gesicht, dass Edward Cullen neidsich werden könnte. Doch plötzlich sehe ich so viel Wut in seinem Gesicht. Was ist los? 

"WIE KANN SIE MIR DAS ANTUN! SIE WEIß DOCH, WIE ES IST JEMANDEN ZU VERLIEREN! WIESO GLAUBT SIE, SIE WÄRE ALLEIN?! DENKT SIE, WIR WÜRDEN GLÜCKLICHER SEIN OHNE SIE?! SIE IST SO VERDAMMT EGOISTISCH! Ich wünschte ich könnte sie dafür hassen, dass sie mir solche Schmerzen zufügt...", letzteres flüstert er leise und ich bin geschockt über den plötzlichen Ausbruch von Wut. Aber wir sagen nichts weiter.

"Soll ich Leon und Jan bescheid sagen? und Alice?", fragt er nach 10 Minuten. Ich nicke. "Ja, sie sollten wissen, wenn sie im Krankenhaus ist oder? Aber erzähl ihnen nichts von dem, was ich dir erzählt habe. Sag einfach es ist ein Unfall gewesen." Er nickt und verabschiedet sich. 

Irgendwann schlafe ich auf dem Stuhl ein, bis mich am nächsten Morgen eine Schwester weckt. 

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