117. Ruhe nach dem Sturm

1.3K 53 0
                                    


Einige Zeit später hatten sich die Drachenreiter in Nasuadas Gemach eingefunden. Elva hatte man inzwischen in ihrer eigenen Unterkünfte bringen lassen und Angela hatte angeboten sich um das ehemalige Hexenkind zu kümmern.
Die Kräuterhexe und Verbündete der Reiter war überzeugt, dass sich die junge Frau vollständig erholen würde und nicht dauerhaft von einem Geist besessen wäre. Eragon hatte diese Einschätzung Angelas akzeptiert. Er wusste, dass in dieser Frau mehr steckte als ihr Äußeres verriet und man sich auf ihrer Einschätzung verlassen konnte wenn sie sie mit solcher Bestimmtheit zum besten gab.
Nachdem Nasuada mit den Reitern allein war hatte sie von Eragon und seinen Mitstreitern einen Bericht erbeten über das, was sich am Fuß des Berges zugetragen hatte.
"Ihr habt also diese Gule vernichtet." murmelte die Königin und starrte gedankenverloren aus dem Fenster ihres Quartiers. "Seid Ihr sicher das die magische Kraft aus denen sie geschaffen wurden keine Gefahr mehr für Ilirea darstellt? Ihr habt die Körper verbrannt aber die Energie die sie belebt hat existiert doch noch."
"Da hast du Nasuada aber von dieser Energie geht zumindest vorerst keine Gefahr mehr aus." erläuterte Arya. "Bei dieser Energie handelte es sich um Geister denen unser neuer Feind einen Auftrag erteilt hat. Nämlich das Leben dieser Pflanzen zu verzerren und zu entstellen und Ablenkung zu sorgen damit dieser Neugeborenes Schatten fliehen kann. Nachdem dieser Auftrag erfüllt ist haben sich die Geister zurückgezogen."
"Von der schwarzen Zitadelle sollte auch keine weitere Gefahr ausgehen." Fügte Eragon hinzu. "Mit der Unterstützung von Umaroth und Glaedr haben wir aus dem Stein des Berges eine neue Mauer konstruiert die das unsichtbare Gift im Inneren der Ruine einsperren wird. Selbst mit der Unterstützung der beiden Seelenhorten war es eine große Herausforderung aber wir haben sie bewältigt."
"Dann hätte ich allerdings noch ein paar Fragen wenn du gestattest Eragon."
Nasuadas Tonfall war ernst und sachlich. Der Anführer der Reiter kannte seine ehemalige Lensherrin gut genug um zu wissen, dass diese Art von Ernst war ihr Anzeichen von großer Sorge war.
"Natürlich. Wir werden deine Fragen so gut wie möglich beantworten Nasuada."
Die Königin der Menschen nickte kurz, sammelte sich und wollte dann wissen: "Wie war es möglich, dass du den Geheimgang übersehen hast durch den Tjurin und sein inzwischen toter Verbündeter die schwarze Zitadelle betreten haben. Doch mit dem Wort der Wörter nach versteckten Fallen und Geheimgängen gesucht nachdem die Schlacht gegen Galbatorix geschlagen war."
Eragon nickte. Er konnte nicht verhindern dass ein gewisses Gefühl von Schuld in ihm aufstieg. Tatsächlich war es nach dem Krieg seine Aufgabe gewesen einzuschätzen ob noch eine Gefahr von der schwarzen Zitadelle ausging. Bereits zweimal, den heutigen Vorfall mitgerechnet, hatte Galbatorix ehemalige Machtzentrale neues Unglück über Alagaesia gebracht. Zuerst durch Shruikan und nun durch diesen neuen Schatten.
"Wort der Wörter?"
Ismiras neugierige Frage hielt Eragon davon ab sich weiter in seinen Selbstzweifeln zu verlieren.
Eragon hatte seiner Nichte sowie Cale gestattet an dieser Besprechung teilzunehmen. Natürlich waren die jüngsten Reiter des Ordens noch nicht damit vertraut, was es mit dem wahren Namen der alten Sprache auf sich hatte. Nach kurzem überlegen kam er zu dem Schluss, dass es am besten war seinen Schülern einige grundlegende Informationen über den wahren Namen der alten Sprache zu geben. Eragon erhob sich von dem Stuhl an Nasuadas Schreibtisch auf dem er gesessen hatte und Schritt zu Ismira und Cale hinüber.
"Was ich euch jetzt sage das diesen Raum nicht verlassen. Weder als Andeutung noch nicht einmal als geflüstertes Gerücht."
Eragon machte eine Pause um seine Worte wirken zu lassen. Zu seiner Erleichterung erkannte er sowohl bei Ismira als auch bei Cale den Ernst, den er in dieser Situation von Drachenreitern erwartete.
"Das Wort der Wörter beschreibt nicht mehr und nicht weniger als den wahren Namen der alten Sprache. Galbatorix hat fast sein ganzes Leben nach diesem Wort gesucht und fast hätte es ihn die Macht gegeben gleich einem Gott über die Welt zu herrschen. Es ist dem Orden der Reiter bekannt und nur im größten Notfall die der Rat der Drachenreiter ist frei um es gegen unsere Feinde einzusetzen. Es ist ein Wort von außergewöhnlicher Macht. Es gibt einem Kontrolle über die alte Sprache und  diejenigen, die sie einsetzen. Die Macht des Wortes ist jedoch nicht unbegrenzt. Es gibt Möglichkeiten sich dagegen zu verteidigen sonst wäre es mir sicherlich nicht gelungen Galbatorix zu besiegen. Trotzdem muss dieses Wort geheim bleiben. Kennen ist so viele oder wird seine Existenz allgemein bekannt könnte das Ergebnis verheerend sein."
Die beiden jüngsten Drachenreiter sahen sich unsicher an und nickten dann ihrem Lehrmeister verstehend zu. Als Eragon sich sicher war, dass seine Nichte und ihr Gefährte die Tragweite seiner Worte begriffen hatten wandte er sich wieder an Nasuadas:
"Unglücklicherweise war ich damals noch nicht sicher im Umgang mit dem Wort der Wörter. "Erklärte der Anführer der Reiter. "Es mag zunächst allmächtig wirken aber es hat durchaus seine Beschränkungen. Die Erklärung warum wir diesen Geheimgang nicht entdeckt haben ist relativ einfach. Lediglich der Eingang unter deiner derzeitigen Residenz Nasuada war durch einen Zauber gesichert. Das Ende des Ganges welche in die schwarze Zitadelle führte war lediglich durch eine versteckte Tür verborgen. Es gab keine magischen Schutzwälle. Galbatorix war offenbar der Meinung dass solche Sicherungsmaßnahmen nicht nötig sein. Er fühlte sich durch seine große Kraft so weit überlegen, dass er mit jedem Eindringling würde fertigwerden können."
Nasuada nickte verstehend.
"Du hast nur versucht magische Schutzwälle und Fallen aufzuspüren und deine Suche mit dem Wort der Wörter vorangetrieben. Dadurch nicht hinzugefügt hast, dass du auch nach versteckten Türen oder Mechanismen suchst die nicht magischer Natur sind der Zauber diese übersehen."
"Verdammte Magie." bestätigte Eragon.
Ein kurzes Lächeln huscht über Nasuadas Gesicht als sie ihre eigenen Worte von ihrem ehemaligen Vasallen hörte.
"Was ist mit unserem neuen Feind?" Erkundigte sich Nasuada anschließend und wurde damit wieder ernst. "Kann uns der wahre Name der alten Sprache gegen diesen Schatten nützen?"
Eragon überlegte einen Moment bevor er antwortete:
"Nur begrenzt. Wir können mithilfe des Wortes die Auswirkungen der Magie dieses Schattens Grenzen setzen aber wir können in damit nicht vollständig kontrollieren."
Mit einem etwas resignierten Gesichtsausdruck setzte sich Nasuada hinter ihren Schreibtisch. Die Königin hatte sich offenbar mehr vom Wort der Wörter erhofft.
"Warum könnt ihr den Schatten damit nicht bändigen?"
"Weil Geister Wesen aus reiner magischer Energie sind. Sie sind eins mit der Magie. Um sie mithilfe des Wortes der Wörter zu unterwerfen müsste ich den wahren Namen des betreffenden Geistes kennen. Da wir aber nicht wissen welchen Geist Tjurin beschworen hat und welcher nun von ihm Besitz ergriffen hat ist der Wirkung des wahren Namens der alten Sprache Grenzen gesetzt. "
"Es geht sogar noch weiter als bisher vermutest junger Eragon."
Die Spannung im Raum erhöhte sich merklich als sich Umaroths Stimme vernehmen ließ. Aufgrund der räumlichen Begrenzung von Nasuadas Quartier verzichtete der ehemalige Wegbegleiter Vraels darauf sich einen Körper aus Licht zu erschaffen. Er nutzte jedoch den Zauber von Eragon der es ihm ermöglichte seine Gedanken in gesprochene Worte umzusetzen.
"Durch die Augen deiner jungen Verwandten habe ich diesen Schatten in Augenschein nehmen können. Ich denke nicht, dass wir es einfach nur mit einem neuen Dämon zu tun haben. Schon seit längerem vermuten wir, dass es eine Verbindung zwischen den Geistern, den Elfen und den Waffen gibt die sie während des Krieges zwischen meinem Volk und ihren geschaffen haben."
Cale und Ismira hatten die beiden Seelenhorte der alten Drachen mit zu dem Treffen gebracht da Nasuada von der Existenz der Eldunari wusste. Sie hatten die beiden Herzen der Herzen auf dem Schreibtisch der Königin platziert so dass die beiden Seelen an der Unterhaltung und den zu treffenden Entscheidungen mitreden konnten.
"Ihr sprecht von dem Dauthdaert ehrenwerter Drache." vermutete Nasuada.
"Sehr richtig." bestätigte der weiße Seelenhort. "Es schien mir fast so als würde diese Waffe ihren neuen Besitzer macht über alle Geister einer bestimmten Art geben."
"Es stimmt." warf Murtagh ein. "Dutzende von Geistern schwirrten um die Lanze herum. Sie schien davon angezogen zu werden wie beispielsweise Motten von Licht."
"Wenn das wahr ist, und ich zweifle nicht an deiner Einschätzung Murtagh-Vor, dann haben wir es mit einer wirklich ernsten Situation zu tun." fügte Arya hinzu. "Die Macht eines Schattens wird im wesentlichen davon bestimmt wie viele Geister an seiner Erschaffung beteiligt waren. Erinnert euch wie mächtig Durza gewesen ist und er ist nur aus drei Geistern geboren worden. Ein Schatten der sich Hunderte dieser Energie Wesen Untertan machen kann könnte sogar noch mächtiger sein als Galbatorix es war."
"Und der jeder einzelne Geist einen ganz eigenen wahren Namen hat verschafft uns das Wort der Wörter hier wirklich keinen Vorteil."
Eragons Worte und das düstere Bild ab, welches sich nun für alle sichtbar abzeichnete. Es war Nasuada die einmal mehr die drückende Stille durchbrach:
"Was haben wir von diesen Schatten zu erwarten? Wie schnell wird er angreifen? Was will er und wie wollt Ihr ihm begegnen?"
Nun mischte sich Glaedr in die Unterhaltung mit ein: "Ich denke, dass wir einer kurzen Phase der Ruhe entgegensehen bevor unser neuer Feind seinen Angriff starten wird."
"Warum glaubt ihr das Meister?" erkundigte sich Arya. "Ich bin besonders besorgt um mein Volk. Wir haben schon bei verschiedenen Gelegenheiten entdeckt, das Schatten scheinbar einen besonderen Groll gegen die Elfen hegen. Ich bin nicht sicher ob mein Volk dem Ansturm eines so mächtigen Dämonen gewachsen wäre."
"Deine Sorge ist durchaus berechtigt Arya-Sturmklinge." Eragon musste schmunzeln als er hörte wie sein ehemaliger Lehrmeister Aryas Kampfnamen ihrem eigentlichen hinzufügte. Offenbar wollte der alte, goldene Drache den Kampfgeist der Elfe stärken. "Auch ich denke, dass dieser Schatten das Volk der Elfen ins Visier nehmen wird aber, wie gesagt, uns bleibt noch etwas Zeit für Vorbereitungen. Mein verstorbener Reiter Oromis hat sich mit Geisterbeschwörung befasst als vier Berichte erhielten, das Schatten zu Galbatorix Dienern zählten. Dieser Schatten ist neu geboren worden. Wir haben bereits festgestellt, dass er sich noch in der Phase der Verwirrung befindet. In dieser Zeit kann ein Dämon seine Kräfte, die nun körperlichen Beschränkungen unterliegen, noch nicht richtig einschätzen. Was nun folgt ist eine Phase in der der Geist den von ihm besetzten Körper verändert. Er erschöpft sich den optimalen fleischlichen Leiter für seine Kraft. Blick zurück Eragon! Als Du deine Schwert in Durzas Brust gerammt hast, waren dort keine Organe und kein Fleisch."
"Das ist wahr." kommentierte der Anführer der Reiter. "Als Durzas Körper zerfiel war in seinem Inneren nur Dunkelheit. Am ehesten könnte man es mit schwarzem Rauch vergleichen."
"Ein Schatten benötigt im Grunde keine Organe. Er entledigt sich allem, was ermüden und ihm damit behindern kann. Lediglich das Herz bleibt verschont. Dort nistet sich der Geist ein und herrscht von dort über den Körper den er unterworfen hat. Daher ist ein Schatten auch nur dort verwundbar." 
"Warum gerade das Herz?" erkundigte sich Ismira und warf einige unsichere Blicke in die Runde um sich zu vergewissern, dass man ihren Einwurf nicht als vorlaut empfand.
" Ich meine nur, im Unterricht haben wir gelernt, dass das Herz im Grunde ein Organ ist wie jedes andere. Der Körper ist im Grunde ein kompliziertes Kreislaufsystem in dem jedes Element wichtig ist um das Funktionieren des Ganzen sicherzustellen. Warum wählt sich ein Schatten gerade das Herz?"
"Die Frage ist durchaus berechtigt Küken." Ein väterlicher Unterton schlich sich in Glaedrs Stimme. "Wie du richtig gesagt hast ist der Körper ein komplexes Kreislaufsystem. Das Herz jedoch hat insofern eine besondere Funktion da ist die zentrale Stelle ist durch die das Blut in jeden Teil des Körpers gepummt wird. Das Herz ist das einzige Organ was mit ausnahmslos jedem anderen Teil des Körpers direkt verbunden ist. Nicht einmal das Gehirn hat eine so direkte Verbindung zu jedem einzelnen Muskel, jedem Organ und jedem Teil des Körpers. Das macht sich ein Schatten zu Nutze um die optimale Kontrolle über seinen gestohlenen Körper zu erlangen. Wie gesagt benötigt der Geist jedoch einige Zeit um seine äußere Fülle seinen Bedürfnissen ideal anzupassen. Diese Zeit müssen wir nutzen!"
"Ich stimme dir zu alter Freund." bekräftigte Umaroth. "Um dieser neuen Bedrohung entgegentreten zu können müssen wir ihre Natur vollständig verstehen. Dadurch wird uns vielleicht ein Schwachpunkt enthüllt den wir ausnutzen können!"
"Wir brauchen also weitere Informationen." folgerte Eragon.
"Aber wo wollt Ihr die erlangen?" erkundigte sich Nasuada. "Solch ein Wesen soweit wir wissen doch noch nie existiert."
"Das stimmt zwar Nasuada aber wenn wir nichts über das Wesen direkt erfahren können müssen wir seine Ursprünge ergründen."
"Oromis hat dir wohl wirklich Verstand eingebläut Eragon-Schattentöter." lobte Glaedr seinen ehemaligen Schüler. "Deine Gedanken bewegen sich in die richtige Richtung.
"Wir müssen zu meinem Volk." legte Arya fest. "Wir müssen die Verbindung zwischen meinem Volk und den Geistern verstehen. Dort ist vermutlich die Antwort zu finden wie wir mit dieser neuen Bedrohung fertig werden können."

Eragon Band 6 - Die Wege der ReiterWhere stories live. Discover now