Kapitel 8

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memories

„Von wo aus Korea kommst du?", fragt Ben mich, während er seinen Wagen beim Supermarkt parkt. Ich sehe zu ihm herüber und lache.

„Hast du keine Angst, dass ich vielleicht aus Japan kommen könnte?", frage ich und gluckse.

„Ich hab deinen Namen gegoogelt und da stand, dass das ein koreanischer Name ist",erwidert Ben und nickt grinsend.

„Alles klar, du Internetkönig. Ich komme tatsächlich aus Korea. Als ich etwas 9 Jahre alt war sind wir von Daegu aus nach Deutschland gezogen. Ist knapp 250 Kilometer von der Hauptstadt Seoul entfernt. Wieso wir umgezogen sind, weiß ich nicht. Es war halt einfach so." Ich zucke mit den Schultern und schnalle mich ab. Ben bewegt sich nicht und ich sehe fragend zu ihm herüber. Er sieht so aus als würde er nachdenken.

„Weißt du, ich frage mich manchmal, wie man so wenig über die Welt wissen kann",sagt Ben dann auf einmal und erwidert meinen nun etwas amüsierten Blick.

„Korea ist soweit weg, genauso wie Amerika, Australien oder Afrika. Und dort gibt es Städte, die man in seinem Leben wahrscheinlich niemals sehen wird. Ich finde es auf einer Seite spannend, weil es den Menschen,die eben in Korea oder Amerika wohnen, genauso geht wie mir und auf der anderen Seite ist es traurig, weil ich nicht die Chance habe mit dir nach Daegu zu fliegen. Es ist unfair." Ben beendet seinen Monolog und legt seine Hand an meine Wange. Ich schließe kurz die Augen und lehne mich in seine Berührung.

„Wie gerne würde ich dir Daegu zeigen", murmele ich und lächele traurig.

„Hör auf so traurig zu lächeln. Du siehst dabei zu schön aus."

„Schön?" Mein Lächeln wird zu einem kurzen Lachen. „Sollte ich dann nicht öfter traurig lächeln?"

„Nein. Ich mag es lieber, wenn du lachst, weil du fröhlich bist. Du bist dann zwar genauso schön, aber dann bist du ehrlich schön."

„Hast du heute morgen einen Philosophen gefrühstückt?", frage ich Ben amüsiert,lege meine Hand an seine Wange und fahre mit meinem Daumen unter seinem Auge entlang.

„Nicht das ich wüsste. Na komm, lass uns endlich einkaufen."

Ben steigt aus dem Wagen, doch als ich meine Tür öffnen möchte, wird mir schwindelig.Ich keuche auf und krumme mich zusammen. Mir ist schlecht und ich presse eine Hand auf meinen Mund. Nur wenige Augenblicke später steht Ben neben mir und streicht mir über den Rücken.

„Tae..."

Ich muss mich übergeben. Nicht auf Bens Schuhe, aber knapp daneben. Doch Ben sieht nicht so aus, als hätte es ihn gestört, wenn ich auf seine Schuhe gebrochen hätte. Er reicht mir Wasser und ein Taschentuch, danach zwei von meinen Schmerztabletten. Er setzt sich wieder neben mich ins Auto, schaltet leise Musik ein und hält meine Hand, bis die Tabletten wirken.

„Ich will mit dir einkaufen, ich will mit dir einschlafen und aufwachen, ich will mit dir Fahrrad fahren", flüstere ich leise und versuche nicht zuweinen, ehe ich fortfahre. „Und ich will mit dir Schlittschuh fahren, ein Auto kaufen, ein Kind adoptieren-"

„Taehyung, tu das nicht", unterbricht mich Ben, doch ich rede einfach weiter.

„Vielleicht sogar zwei Kinder, ich will mit dir und unseren Kindern Kekse backen, dann will ich einen Hund haben und eine Katze, gegen die ich übrigens allergisch bin. Und weißt du was Ben?" Ich weine; dicke Tränen laufen mir über meine Wangen und ich kann kaum reden, weil ich schluchze. Ben sieht verzweifelt zu mir herüber, während er sich auf die Lippe beißt, um nicht auch weinen zu müssen. Ich zittere und habe Probleme, die nächsten Worte zu sagen.

„Ich will mit dir nach Daegu fliegen", bringe ich heraus. Ben läuft eine einzelne Träne über die Wange. Er lächelt.

„Ich will, ich will, ich will", flüstert Ben und zieht meinen Kopf an seine Brust.

„Hör auf, so traurig zu lächeln", erwidere ich nur und lasse mich von Ben festhalten.

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ocean eyes | taehyung [ completed ]Where stories live. Discover now