~ Sechs ~

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„Na, seid ihr auf dem Weg zu mir?“, fragte Niall belustigt, während er die Kleine vor sich musterte und ihr eine Hand zur Begrüßung auf die Schulter legte. Er spürte, wie sie sich unter dem Gewicht seiner Hand versteifte. 
Ihr schien irgendein neunmalkluger Spruch auf den Lippen gelegen zu haben, doch sein Anblick hatte ihn vertrieben, und stattdessen trat ein unsicherer Ausdruck auf ihr Gesicht.
Niall ließ sich von ihrer kleinen Krise nicht beeindrucken, und zog es vor, sie weiter zu beobachten. Amüsiert bemerkte er, wie sie zu der Hand auf ihrem Arm schielte und ihn neugierig und eine Spur misstrauisch betrachtete. 

Schnell zog Niall seine Hand weg, um ihr keine illusionären Hoffnungen zu machen. Er hatte fast vergessen, wie einfältig junge Mädchen waren. Eine einzige Berührung und sie planten bereits die Hochzeit. Sie war definitiv der Typ Mädchen, den man meiden sollte. 

Ihre Freundin war zwar nicht weniger schlimm, aber sie gab wenigstens ehrlich zu, dass sie sich für ihn interessierte. Und wie hieß es so schön? Ehrlichkeit währt am längsten.

Die Freundin der Kleinen legte ihre Hand auf seine Schulter, den eifersüchtigen Blick ihres Freundes ignorierend, und brachte ihn dazu sich zu ihr umzudrehen, damit Niall in ihre grauen Augen blicken konnte, die ihn nicht im Geringsten beeindruckten. Ebenso wie ihr langes, glattes, hellbraunes Haar, dass sie mit eine übersteigerten Geste nach hinten warf oder ihr langer Körper, der sich ihm zu wandte. War es tatsächlich schon so lange her, dass er ein Teenager war? Es sah ganz danach aus. Aber er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es einen Mann gab, der sich von so etwas beeindrucken lassen würde. 

Vielleicht, wenn der Mann 14 Jahre alt war, und auf glitzernde Polyester – Tops und schlecht sitzende Jeans stand, aber dann war er auch noch kein Mann. 

Niall lächelte ihr lässig zu und ignorierte ihre Annäherungsversuche schlichtweg. Das würde ein Spaß werden. „Hey ich bin Ornella und das“, sie zeigte auf die Kleine „ist Aleyna. Wir fanden euer Konzert echt klasse.“ 

Niall nickte scheinbar ernst, verkniff sich aber nur sehr schwer ein schallendes Lachen. Klasse? Klasse war in die gleiche Kategorie einzuordnen wie 'gut gemeint', irgendwie nett, aber mehr auch nicht. Und dieses Konzert war nicht nur 'irgendwie nett' gewesen. Es war grandios. 

„Niall“, informierte er sie nur knapp, ohne auf ihr oberflächliches Kompliment einzugehen. Heucheleien waren ihn schon immer zuwider gewesen. Vor allem, wenn sie von einem Menschen kamen, der sicher noch nicht einmal die Hälfte der Songs kannte, die sie gespielt hatten. Schade, dass man sich als Musiker nicht das Publikum aussuchen durfte. In manchen Fällen wäre das sicher nicht schlecht gewesen. Vielleicht würde sich so auch das Problem mit dem Groupies lösen, mutmaßte Niall schmunzelnd, weil nur einigermaßen bei Verstand gebliebene Menschen Konzerte besuchen durften. 

„Und du bist?“, fuhr er fort und wies mit dem Kopf auf den Kerl neben Ornella, damit er sich nicht übergangen fühlte. Man sollte schließlich immer höflich bleiben, auch als Musiker. 

„David“, antwortete dieser lakonisch und trat einen Schritt vor, während er seine halblangen braunen Haaren mit einer eindeutigen Geste nach hinten warf, und seine Hände in seinen ausgebeulten Jeanstaschen vergrab. Die Jungs waren auch nicht mehr das, was sie früher einmal waren. 

„Also Niall“, sagte Ornella, um die Aufmerksamkeit nicht besonders geschickt wieder auf sich zu lenken, und blinzelte dabei ein bisschen zu oft mit ihren Wimpern. Wie gern hätte Niall sie jetzt imitiert, um ihr, ihr affiges Verhalten vor Augen zu führen. Aber ein bisschen Anstand war auch ihm nicht abhanden gegangen, leider.  

„Ist noch ein Platz für mich und Aleyna bei eurem Casting frei?“

Bei dem Wort 'Casting' schnellte ihre Stimme in die Höhe und grenzenloser Enthusiasmus zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. 
Niall zwang sich zu lächeln, und ihr zuzunicken, während er sich zu der Kleinen umdrehte. 

Sheet Music Where stories live. Discover now