~ Vierundsechzig ~

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„Ali! Warte!", rief Ornella, als sie schon losgelaufen war, um möglichst schnell dieser Szenerie zu entkommen.

Ornella versuchte noch sie an ihrem Ellenbogen zu fassen zu bekommen, aber Ali war schneller.
Geschickt vermied sie es mit der großen Menschenmenge zu laufen und entschied sich etwas weiter außen zu laufen.
Die vielen menschenüberfüllten Konzerte waren ihr eine Lehre gewesen.
Sie wusste nicht, ob sie immer noch unter der Beobachtung der Jungs stand, aber zumindest Niall hatte die Bühne kurz nach seinem Auftritt verlassen.
Einer weniger, dachte Aleyna pessimistisch. Blieben noch fünf Andere, die sie irgendwie umlaufen musste.
Wie konnte es nur soweit kommen, war die Frage die Ali immer wieder zum Verzweifeln brachte.
Noch vor ein paar Wochen war jedes neue Konzert, das sie besuchen durfte ein spannendes Ereignis gewesen, weil es so einmalig war.
Und nun?

Nun besuchte sie mehr Konzert als je zuvor, doch die Musik war nebensächlich geworden.
Den Kopf gesenkt schlängelte sie sich weiter durch das Menschenmeer, auf der Hut niemanden allzu lange anzusehen. Leider erwies sich diese Strategie als nicht besonders wirkungsvoll, denn keine fünf Sekunden später stieß sie mit jemanden zusammen.
Entschuldigend hob sie den Blick, um auf Nialls verärgerte blaue Augen zu treffen, die sie wohl noch nicht erkannt haben. Als sie ihn schließlich vollkommen verdutzt ansah, schien er sich langsam zu sammeln und hielt sie an der Schulter fest, damit sie nicht umfiel.

„Ali", sagte er beinahe gedankenverloren. Dann wich seine Verwirrung einer felsenfesten Eindringlichkeit und er erstach sie beinahe wieder mit seinen Blicken.
„Bitte, Ali, lass uns reden."

„Der Song war wirklich toll", versuchte sie sich nicht besonders erfolgreich herauszureden. „Ihr solltet mehr Hoobastank Songs covern, sie stehen euch wirklich gut."

„Jetzt hör doch mal auf so ein Mist zu reden", blaffte er sie beinahe an.

„Was passt dir das Gesprächsthema nicht?", schoss sie zurück. „Dann schlag ein Besseres vor."

„Können wir uns nicht einmal unterhalten, ohne uns gleich an die Gurgel springen zu wollen", murmelte Niall müde und rieb sich die Stirn.
Bevor sie ihm etwas erwidern konnte, fuhr er fort:
„Wie wäre es mit dem Thema: Komm zurück in die Band?"

Ali stöhnte genervt, nicht schon wieder dieses Thema.

„Genau, darüber willst du nicht reden", sprach Niall ihren unausgesprochenen Gedanken aus. „Also, was machen wir jetzt schweigen?"

Ironie schwank in seiner Stimme mit, doch die Eindringlichkeit in seinen Worten war immer noch spürbar.

„Ich kann das einfach nicht", versuchte Aleyna sich zu erklären. Sie war einfach nur müde von all diesen Streitereien, sie waren einfach sinnlos.
„Es tut mir leid, wie das gelaufen ist und du hattest mit allem recht, was du gesagt hast, in Ordnung?"

„Nein, nicht in Ordnung", erwiderte Niall unisono mit Ornella, die plötzlich neben ihnen stand.
Nicht auch das noch, dachte Aleyna wütend.

„Du bist mir eine Erklärung schuldig", sagte Ornella an Aleyna gewandt. Dann drehte sie sich zu Niall um. „Und du auch."

„Wieso Niall?", schoss es aus Aleyna heraus, bevor sie sich auf die Zunge beißen konnte. „Können wir das nicht wann anders klären?", versuchte sie noch einmal die Situation zu retten. "Meine Mutter ist bald zu Hause..."

„Deine Mutter kommt wieder?", wandte Niall sich verdutzt an sie.

„Ja", entgegnete sie ihm so resolut wie möglich, während sie bereits sein verbittertes Gesicht vor sich sah. Aber das einzige Gefühl, dass sich in Nialls Gesicht wiederspiegelte war Trauer.

Sheet Music Where stories live. Discover now