Vier: Talente

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Wie schon erwähnt war das Gebäude, in dem ich wohnte ein Mehrfamlienhaus, was gleichzeitig etwas in die Jahre gekommen war, da das Haus eigentlich unseren Untermietern gehörte. Es war ein älteres Ehepaar, deren Kinder früher oben in unserer Wohnung gewohnt hatten. Wenn man in das Treppenhaus gelangte, stellte man recht zügig fest, dass es etwas beengt war. Als wir hier vor gut einem Jahr eingezogen waren, hatte unserer Mieter gesagt: ,,Wer zu viel Platz im Treppenhaus hat, hat Platz verschwendet.'' Da hatte der alte Herr irgendwo recht.

Also ging ich die steile Holztreppe hinauf, um dann erstmal vor einer schnörkeligen Haustür zu stehen. Hier zog ich zuerst meine Schuhe aus, holte anschließend aus einer Seitentasche meine Schlüssel heraus, mit denen ich dann die Tür aufmachen konnte.

Wenn man in unsere Wohnung hineinkam, stand man erstmal mitten im Wohnzimmer, was gleichzeitig das Esszimmer und die Küche war. Meine Mutter liebte offene Wohnräume, was auch unter anderem auch der Grund war, wieso sie die Wohnung mieten wollte. Unsere Einrichtung war relativ schlicht, da meine Mutter und auch ich keine Zeit dafür hatten, das Haus zu dekorieren. Gleichzeitig fand ich, dass die langen Fenster das Ensemble relativ gemütlich gestalteten. Wenn man weiter nach links durchging, kam man an einem weiteren Flur an, wo sich drei Türen befanden. Sie führen in das Zimmer meiner Mutter, ins Bad und schließlich in mein Zimmer.

Kurz nachdem die Tür ins Schloss fiel, kam mir ein riesiger Hund mit hellen, fast goldenen Fell entgegen. Geoffrey. Er wedelte aufgeregt mit seinem Schwanz und leckte meine kalte Hand ab, als ich sie ihm hinhielt. Doch kurz darauf schlenderte er wieder ganz desinteressiert weg, legte sich auf die graue Couch, wo er mit seinem Knoten spielte und schenkte mir keine weitere Beachtung. Ich war manchmal dankbar dafür, dass mein Hund so einfach gestrickt war. Nach einem langen, stressigen Tag hatte ich keine Lust mehr, sich mit meinem Hund zu beschäftigen.

Ich lief also anschließend in die Richtung meines Zimmers, wobei ich auf dem Weg meine Schlüssel, auf die Kommode im Seitenflur legte.

Kurz nachdem ich meine Sachen auf den Boden warf hatte und mich freudvoll auf mein Bett schmiss, hörte ich Schlüssel-Geklingel und anschließend das Öffnen einer Tür. ,,Josy? Bin zu Hause!'', rief die hohe Stimme meiner Mutter aus dem Wohnzimmer heraus. Da ich unmotiviert war aufzustehen und wusste, dass sie sowieso zu mir ins Zimmer kommen würde, blieb ich gelassen liegen und lauschte ihren Schritten bis zu meinem Zimmer. Auf dem Weg zu mir , konnte ich hören wie sie einen Umweg zu Geoffrey machte, um ihn zu streicheln.

Sie öffnete meine Tür um einen kleinen Spalt, um sich zu vergewissern, dass sie reinkommen durfte und ging anschließend einen ganzen Schritt hinein. Ich blickte sie müde von der Seite an.

,,Was gibt's?'', fragte sie mich ein wenig außer Puste. Diese Frage stellte sie mir jeden Tag, wenn sie von der Arbeit nach Hause kam. Ich richtete mich auf, wobei meine Haare nun ziemlich aufgekräuselt aussehen mussten und antwortete: ,,Nichts, wie immer.''

Sie nickte und schaute sich in meinem Zimmer um. ,,Bist du erst eben gekommen?'', fragte sie und zog dabei ihren bunt geblümten Schal aus. ,,Ja, eine Freundin hat mich heimgefahren.''

Sie runzelte die Stirn und verkreuzte ihre Arme. ,,Eine Freundin? Kenne ich sie?'' Ich seufzte und konnte ihr nicht verübeln, dass sie etwas verwirrt war.

Seitdem wir hier eingezogen sind, hatte ich nur einmal eine Freundin eingeladen, da wir ein Referat zusammen machen mussten und das weil wir die Partner gelost hatten.

,,Nein. Glaube nicht'', antwortete ich etwas kalt und daraufhin nickte sie einsichtig. ,,In Ordnung, ich koche heute später, habe noch viel Arbeit nach Hause gebracht. Michael wollte heute Abend kommen, ist das okay?''

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⏰ Last updated: May 24, 2017 ⏰

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